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Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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die Frau des Vikars.
    Sie machte keine Anstalten hereinzukommen, sondern wartete vielmehr darauf, dass der Vikar zu ihr kam, was er auch prompt und eilig tat. Beim Warten wandte sie das Gesicht zum Licht, sodass ich sogar von meinem Stuhl aus ihre kalten blauen Augen erkennen konnte.
    Ihr Mund war gespitzt, als wären die Lippen fest mit einem Zugband verzurrt, ihre dünnen graublonden Haare waren geradezu schmerzhaft straff im Genick zu einem Dutt über dem ungewöhnlich langen Hals gebunden. In ihrer beigen Taftbluse, dem mahagonifarbenen Rock und den braunen Oxfords glich sie einer zu kräftig aufgezogenen Standuhr.
    Abgesehen von der Tracht Prügel, die sie mir einmal verpasst hatte, ließ sich schwer benennen, was mir an Cynthia Richardson eigentlich so missfiel. Nach allem, was man hörte, war sie eine Heilige, eine Kämpferin, ein Leuchtturm der Hoffnung für die Kranken und eine Trösterin der Hinterbliebenen. Ihre guten Taten waren in Bishop’s Lacey Legende.
    Dennoch …
    Irgendwie erfüllte mich die Haltung, mit der sie auftrat, mit Argwohn: eine Art schlaffer Niedergeschlagenheit, eine lebensmüde Trägheit, wie man sie in den Gesichtern und an der Haltung von Opfern des Bombenkriegs in den Kriegsausgaben der Bildpost sehen konnte. Aber bei der Frau eines Vikars?
    All das ging mir durch den Kopf, während sich Cynthia im Flüsterton mit ihrem Gatten unterhielt. Dann war sie, ohne mehr als einen flüchtigen Blick in den Saal zu werfen, schon wieder verschwunden.
    »Großartig!« Der Vikar setzte ein Lächeln auf, als er wieder
zu uns zurückkam. »Es sieht ganz so aus, als hätten die Inglebys auf meinen Anruf hin zurückgerufen.«
    Den Inglebys, Gordon und Grace, gehörte die Culverhouse Farm, ein Flickenteppich aus Feldern, Äckern und alten Waldgebieten, die sich nördlich und westlich von St. Tankred erstreckten.
    »Gordon bietet Ihnen freundlicherweise an, Ihr Zelt am unteren Ende des Ablassfeldes aufzuschlagen - ein reizendes Fleckchen Erde. Es liegt nicht weit von hier am Ufer des Flusses. Eigentlich in Laufweite. Sie hätten dort frische Eier in Hülle und Fülle und könnten sich im Schatten prächtiger Weiden der Gesellschaft von Eistauchern erfreuen.«
    »Hört sich prima an«, sagte Nialla. »Wie ein kleines Paradies.«
    »Mrs Archer hat auch angerufen, sagt Cynthia. Leider gibt es von dieser Seite keine so erfreulichen Nachrichten. Bert ist in Cowley, bei einer Schulung im Autowerk von Morris, und kommt vor morgen Abend nicht zurück. Ist Ihr Wagen denn wenigstens noch ein bisschen fahrtüchtig?«
    An der besorgten Miene des Vikars konnte ich ablesen, dass er sich bereits ausmalte, wie am kommenden Sonntagmorgen ein ramponierter Kombi mit der Aufschrift »Porsons Puppenbühne« vor der Kirchentür parkte.
    »Bergab mit Rückenwind wird er schon noch ein paar Meilen schaffen.« Rupert war plötzlich am Bühnenrand erschienen. »Zumal er jetzt ja nicht mehr so beladen ist.«
    »Prächtig«, freute sich der Vikar. »Sag mal, Flavia, meine Gute, würde es dir etwas ausmachen, mitzufahren und unseren Gästen den Weg zu zeigen?«

6
    N atürlich mussten wir einen Riesenumweg machen. Wären wir zu Fuß gegangen, hätten wir den schattigen Weg über die Trittsteine hinter der Kirche und dann auf der anderen Seite des Flusses den alten Treidelpfad entlang nehmen können, der die Südgrenze der Malplaquet Farm markierte, und wären dann über den Zaun zum Ablassfeld hinübergeklettert.
    Da es keine Brücke in der Nähe gab, war die Culverhouse Farm per Automobil nur zu erreichen, indem man in Richtung Hinley fuhr, etwa eine Meile westlich von Bishop’s Lacey abbog und sich die steile Westseite des Gibbet Hill hinaufschlängelte.
    Das Sträßchen war so sandig, dass der Staub in weißen Wolken hinter uns aufwirbelte. Wir waren schon ungefähr halb oben und fuhren auf dem schmalen Pfad so dicht am Rand des Gibbet Wood entlang, dass die Büsche zu beiden Seiten den dahinrumpelnden Kombi streiften.
    »Hoffentlich pieken dich meine Hüftknochen nicht«, sagte Nialla lachend.
    Wir saßen alle drei nebeneinander auf dem Vordersitz, zusammengequetscht wie Würmer in der Blechdose eines Anglers. Rupert fuhr, Nialla und ich saßen einander fast auf dem Schoß und hatten die Arme umeinandergelegt.
    Der Austin spuckte gewaltige Fehlzündungen, während Rupert, einem uralten, geheimen Ritual folgend, das nur ihm bekannt war, abwechselnd Choke und Gaspedal bediente.

    »Diese Inglebys«, übertönte er den Hagel

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