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Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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Oxford über die Landstraße. Wie fast alle Pfarrersfrauen neigte auch Cynthia zum übertriebenen Lenken und steuerte den Wagen in einer eigenartigen Pendelbewegung verbissen zwischen der Hecke am linken Straßenrand und der am rechten Straßenrand hin und her. Da ich neben ihr auf dem Beifahrersitz saß, nutzte ich die Gelegenheit, um ihren Überbiss aus nächster Nähe und im Profil zu studieren. Selbst bei geschlossenem Mund hatte sie eine bemerkenswerte Anzahl von Zähnen zu bieten, was mich veranlasste, meine Rebellion gegen die Zahnspange noch einmal zu überdenken.
    »Immer ist doch irgendwas«, sagte sie plötzlich, das Gesicht von der erlittenen Demütigung noch gerötet. »Andauernd wird man von irgendwem, der noch bedürftiger ist, aus dem eigenen Haus vertrieben - nicht, dass mir das etwas ausmachen würde, aber … Erst waren es die Zigeuner. Dann, während des Krieges, die Evakuierten. Dann letztes Jahr wieder die Zigeuner. Denwyn ist zu ihnen in den Gibbet Wood gegangen und hat sie persönlich eingeladen, die ganze Truppe, am heiligen Abendmahl teilzunehmen. Natürlich ist kein Einziger erschienen. Zigeuner sind im Grunde Wilde, vielleicht sind es auch Katholiken. Ich behaupte ja nicht, dass sie keine Seele hätten, natürlich haben sie eine Seele, aber man hat immer das Gefühl, dass ihre Seelen wesentlich zwielichtiger sind als unsere.«

    »Nialla freut sich bestimmt über das heiße Bad«, erwiderte ich strahlend, als wir in die Kastanienallee nach Buckshaw einbogen.
    Cynthia sah stur geradeaus und packte das Lenkrad noch fester.
     
    »Unsinn!«, verkündete Tante Felicity. »Wir gehen geschlossen als Familie dorthin.«
    Wir waren alle im Salon und hatten uns so weit voneinander entfernt im Raum verteilt, wie es menschenmöglich war.
    Vater brummelte etwas von Briefmarkenalben, und ich sah, dass Daffy schon die Luft anhielt, um einen Fieberanfall vorzutäuschen.
    »Du und die Mädels, ihr müsst öfter mal aus dem Haus gehen, Haviland. Ihr seid blass wie Quallen, einer wie der andere. Ich übernehme das. Ich lasse Clarence nach dem Essen mit dem Wagen vorfahren.«
    »Aber …«, brachte Vater noch zustande.
    »Das Wörtchen ›aber‹ dulde ich nicht, Haviland.«
    Draußen zupfte Dogger am Rand der Terrasse Unkraut. Tante Felicity trommelte an die Fensterscheibe.
    »Ja, Miss?« Er kam mit dem Strohhut in der Hand an die Terrassentür.
    »Rufen Sie Clarence an und sagen Sie ihm, dass wir um sechs Uhr ein Taxi für sieben Personen benötigen.«
    »Sieben, Miss?« Dogger krauste die Stirn.
    »Ja, sieben. Er wird eben zweimal fahren müssen. Sie und Mrs Mullet wären doch sicherlich gekränkt, wenn wir Sie nicht mitnehmen würden. Marionettenvorführungen sind nämlich nicht nur für Blaublütige gedacht.«
    »Vielen Dank, Miss«, sagte Dogger.
    Ich versuchte noch, seinen Blick aufzufangen, aber er war schon weg.

12
    C larence kam um zwanzig vor sieben vor dem Friedhofstor zum Stehen. Er ging um das Taxi herum und hielt Tante Felicity den Wagenschlag auf. Sie hatte darauf bestanden, neben ihm zu sitzen, um, wie sie sich ausgedrückt hatte, »ein Auge auf die Verkehrsrowdys zu haben«.
    Sie hatte ein operettenhaftes Cape über ein wallendes rotes Seidenkleid geworfen, das aussah, als hätte es jemand aus einem persischen Harem mitgehen lassen. Ihr Hut war ein zerknautschter schwarzer Beutel, aus dem hinten eine Pfauenfeder herausquoll wie die Rauchfahne aus dem Schornstein des Flying Scotsman. An den Füßen trug sie ein Paar senfgelber, mittelalterlicher Pantoffeln mit langen, hochgebogenen Spitzen, die an Spritzbeutel für Zuckerguss erinnerten. Vater und Feely stiegen auf der anderen Seite aus.
    »Jetzt aber rasch los und die anderen geholt, Clarence!«, kommandierte Tante Felicity, »und nicht getrödelt!«
    Clarence tippte an seine Schirmmütze und brauste unter übertriebenem Geschalte davon.
    Als wir den Gemeindesaal betraten, stellten wir fest, dass die ganze erste Sitzreihe für uns reserviert war. Tante Felicity hatte beim Erwerb der Eintrittskarten offensichtlich nicht geknausert. Sie und Vater saßen vorn in der Mitte, Feely und Daffy links von ihnen. Ich saß rechts neben Vater, und an den Flanken sollten, sobald sie eintrafen, Dogger und Mrs Mullet Platz nehmen.
    Alles war bereit. Das Saallicht war schon so weit gedämpft,
dass eine wundersame Erwartung in der Luft lag. Von der Bühne säuselte eine undefinierbare Musik in den Saal, und hin und wieder ruckte der rote Vorhang der

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