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Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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verfügt über erstaunliche Kräfte, und wir beide, Wolfgang und ich, sahen uns wohl als eine Art Ritter der Tafelrunde, die eines Tages aus unserer teutonischen Festung in die Welt hinausreiten und die Brontë-Schwestern retten würden: diese drei holden, bleichen Jungfrauen, deren Namen allein sie als Töchter des Donnergottes auswiesen und die von einem Ungeheuer in ihrem kalten Steinturm gefangen gehalten wurden.

    Abgesehen davon erwecken alle jungen hilflosen Mädchen in kalten Klimazonen in einem halbwüchsigen Jungen irgendwie den Wunsch, sie zu erretten und zu heiraten.«
    Er machte eine kleine Kunstpause und schaute gespannt in die Runde, und ich begriff mit jähem Erschrecken, dass Dieter sich vorstellte, in Feely, Daffy und mir seine Brontës gefunden zu haben - und in Buckshaw seinen kalten steinernen Turm. Wir waren seine Charlotte, seine Emily und seine Anne!
    Und da saßen wir drei, andächtig lauschend und mit offenen Mäulern wie junge Hunde.
    Meine Gedanken rasten wild durcheinander, während Dieter weitererzählte.
    »Viel zu früh wurden wir erwachsen.« Er seufzte. »Viel zu früh wurden wir mit den Freuden der Erwachsenenwelt vertraut, doch ebenso mit ihren Kümmernissen.
    In einem gewissen Alter entdecken alle Jungs ihre Leidenschaft fürs Fliegen, und bei mir kam das recht früh. Meine Eltern meldeten mich beim NSFK - dem Nationalsozialistischen Fliegerkorps - an, und als ich vierzehn war, saß ich mit einem Mal allein am Schaltknüppel eines Schulgleiters, der wie ein Habicht hoch über der Wasserkuppe, in den Hügeln der Rhön in Hessen, dahinschoss.
    Von oben betrachtet sehen diese Berge, auch wenn sie eine ganz andere geologische Geschichte haben, den Moorlandschaften von North Yorkshire verblüffend ähnlich.«
    »Woher wissen Sie das?«, unterbrach ihn Daffy.
    »Daphne!«, wies Vater sie zurecht. Sein strenger Blick setzte stumm hinzu: »Benimm dich!«
    »Weil Sie Sheffield bombardiert haben?«
    Daraufhin trat entsetztes Schweigen ein. Wie dreist von ihr! Nicht einmal ich hätte Dieter nach seinen Lufteinsätzen über England gefragt, obwohl ich gern zugebe, dass mir nur wenige Sekunden zuvor dieselbe Frage durch den Kopf gegangen war.

    »Denn wenn es stimmt«, ergänzte Daffy, »dann müssen Sie das auch sagen.«
    »Dazu komme ich noch«, erwiderte Dieter leise.
    »Als dann der Krieg kam«, erzählte er weiter, »wurde ich an die Luftwaffe überstellt. Immer und überall hatte ich meine kleinen Taschenbuchausgaben von Jane Eyre und Sturmhöhe dabei, sorgsam in einen weißen Fliegerschal eingeschlagen, ganz unten in meinem Rucksack, gleich neben Lord Byron und Shelley.
    Ich hatte vor, mich nach dem Krieg an einer Universität einzuschreiben - vielleicht sogar in Oxford, da ich die Sprache ja bereits beherrschte - und Englische Literatur zu studieren. Ich würde meinen Abschluss mit Auszeichnung machen, als Lehrer in einer der großen Public Schools arbeiten und meine Tage als ehrenwerter und geachteter Schulmeister beenden, so wie Ihr Mr Chips in dem Film Goodbye, Mr Chips.
    ›Goodbye, Herr Schrantz‹, sagte ich damals immer. Aber das Schicksal hatte anderes mit mir vor. Ich bekam den Befehl, mich sofort in Frankreich einzufinden.
    Allem Anschein nach war mein Vater in Berlin einem alten Bekannten begegnet, einem hohen Tier im Ministerium, der so ziemlich alles arrangieren konnte. Vater wünschte sich einen Sohn, der ein Kampfflugzeug flog, einen Sohn, dessen Name in allen Zeitungen stand, und nicht einen Sprössling, der den ganzen Tag die Nase in Bücher steckte - noch dazu in englische!
    Ehe ich mich’s versah, war ich für einen Aufklärungsverband eingeteilt, Luftflotte 3, stationiert in Frankreich in der Nähe von Lille.
    Unsere Flugzeuge waren Messerschmitt Bf 110, zweimotorige Maschinen mit dem Spitznamen ›Der Zerstörer ‹ . «
    »Der Zerstörer«, wiederholte Daffy säuerlich. Manchmal konnte sie richtig biestig sein.
    »Ganz recht«, erwiderte Dieter. »Der Zerstörer. Unsere Maschinen
waren jedoch speziell für Aufklärungszwecke umgebaut. Wir hatten keine Bomben an Bord.«
    »Spionage«, sagte Daffy. Ihre Wangen waren leicht gerötet, allerdings konnte ich nicht sagen, ob vor Zorn oder vor Aufregung, weil Dieters Geschichte sie fesselte.
    »Ja, zu Spionagezwecken, meinetwegen. Feindaufklärung gab es im Krieg übrigens auf beiden Seiten.«
    »Da hat er recht, Daphne«, warf Vater ein.
    »Unsere Messerschmitts waren, wie gesagt, zweimotorige Maschinen mit zwei Mann

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