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Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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beinahe in Schutt und Asche gelegt hätte - ganz zu schweigen von Bishop’s Lacey und darüber hinaus. Aber ich musste schwören, die Geschichte nicht weiterzutratschen. Ich weiß gar nicht, wieso ich es jetzt dir erzähle.«
    »Onkel Tar hat sich damals mit dem Zerfall erster Ordnung von Stickstoffpentoxid beschäftigt. Eine Arbeit, die letztendlich zur Entwicklung der Atombombe führte. In seinen Unterlagen finden sich Briefe von Professor Arrhenius aus Stockholm, aus denen hervorgeht, dass sie schon dicht dran waren.«
    »Und nun ist es gewissermaßen an dir, die Fackel weiterzutragen.«
    »Wie bitte?«
    »Den glorreichen Namen de Luce weiterzutragen. Wohin er dich auch führen mag.«
    Eine spannende Vorstellung! Mir war noch nie in den Sinn gekommen, den eigenen Namen als Kompass zu verwenden.
    »Und wohin könnte das sein?«, fragte ich beiläufig.
    »Du musst auf deine Eingebung hören. Lass dich von deiner inneren Vision wie von einem Polarstern leiten.«
    »Werde mir Mühe geben.« Tante Felicity musste den Eindruck bekommen, dass sie es mit einem Dorftrottel zu tun hatte.
    »Das weiß ich doch, meine Liebe. Mir ist einiges über dein Treiben zu Ohren gekommen. Beispielsweise die schreckliche Geschichte mit Bunpenny oder wie der Mensch hieß.«
    »Bonepenny«, sagte ich. »Horace Bonepenny. Er ist gleich da drüben ums Leben gekommen.«

    Ich zeigte über den See auf die Mauer des Küchengartens.
    Tante Felicity pinselte ungerührt weiter. »Du darfst dich niemals von irgendwelchen Widrigkeiten abschrecken lassen, das präge dir bitte ein. Auch wenn es anderen nicht ersichtlich ist - deine Pflicht wird sich eines Tages so klar und deutlich vor dir abzeichnen wie eine weiße Linie, die mitten auf die Straße gemalt ist. Dieser Linie musst du folgen, Flavia.«
    »Auch wenn sie mich zu einem Mord führt?«, fragte ich, auf einmal ganz mutig.
    Mit ausgestrecktem Arm malte Tante Felicity den Schatten eines Baumes aus.
    »Auch dann.«
    Eine kurze Stille trat ein, in der Tante Felicity ohne besonders spektakuläres Ergebnis weiterpinselte.
    Dann sagte sie: »Wenn du dir sonst nichts merkst, dann merke dir Folgendes: Von außen kommende Inspiration ist wie die Hitze in einem Herd. Man kann damit annehmbare Rosinenbrötchen backen. Innere Inspiration dagegen gleicht einem Vulkan - sie verändert das Angesicht der Welt.«
    Am liebsten hätte ich die schrullige alte Schachtel in ihrem George-Bernard-Shaw-Kostüm umarmt und so fest gedrückt, bis ihr die Luft weggeblieben wäre. Aber ich tat es nicht. Ich konnte nicht.
    Ich war eine de Luce.
    »Vielen Dank, Tante Felicity«, sagte ich und rappelte mich auf. »Du bist echt’ne Wucht.«

17
    W ir saßen beim Tee in der Bibliothek. Mrs Mullet war reingekommen und wieder rausgegangen und hatte ein gewaltiges Tablett mit Jenny-Lind-Kuchen und Rosinenwecken dagelassen. Auf meine geflüsterte Frage nach Nialla hatte sie mit einem Achselzucken geantwortet und die Stirn in Falten gelegt, um mich daran zu erinnern, dass sie sehr beschäftigt sei.
    Feely saß am Flügel. Es waren keine drei Minuten vergangen, bis sich Dieter höflich erkundigt hatte, welche von uns dreien das Instrument spielte, und Feely hatte sich, wie üblich errötend, dazu bekannt. Jetzt fing sie, entsprechend ermuntert und hofiert, gerade den zweiten Satz von Beethovens Sonate Pathétique an.
    Es war ein wunderbares Stück, und während die Musik wie eine Herzenssehnsucht verklang und wieder anstieg, fiel mir ein, dass Laurie Laurence genau dieses Stück in Vier Schwestern gespielt hatte, als Jo, die seinen Heiratsantrag abgelehnt hatte, draußen vor dem Fenster davonging. Ich fragte mich, ob Feely das Stück vielleicht unbewusst deswegen ausgewählt hatte.
    Vater klopfte versonnen mit dem Zeigefinger den Takt auf den Rand seiner Untertasse, die er auf der anderen Hand geschickt absolut waagerecht hielt. Manchmal wurde ich ohne ersichtlichen Grund von Zuneigung - oder zumindest von Respekt - für ihn überwältigt, und jetzt war gerade wieder so eine Gelegenheit.
    Daffy hatte sich, immer noch in den Klauen der Anatomie
der Melancholie, wie eine Katze in einem Lehnsessel in der Ecke zusammengerollt, und Tante Felicity saß stillvergnügt vor dem Fenster, wo sie irgendetwas Kompliziertes mit zwei Nadeln und einem Knäuel schwefelgelber Wolle anstellte.
    Da fiel mir auf, dass sich Dieter auf die Lippe biss und dass es in seinem Augenwinkel verdächtig glänzte. Ihm kamen tatsächlich die Tränen, aber er

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