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Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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Ruperts sterbliche Überreste - wie sich Mutt Wilmott ausgedrückt hatte - hätte werfen wollen. Nicht mal eine unglaubwürdige Begründung wollte mir einfallen.
    »Wie kommt Nialla damit zurecht?«, fragte ich aufs Geratewohl.
    Mutt schnitt eine Grimasse.
    »Nialla? Die hat sich verkrümelt. Wohin, weiß keiner.«
    »Vielleicht hat sie sich ja ein Zimmer im Dreizehn Erpel genommen. Vielleicht brauchte sie ein heißes Bad.«
    Ob Mutt den Köder schluckte? Er schluckte ihn.
    »Im Dreizehn Erpel ist sie nicht. Dort habe ich seit meiner Ankunft mein Hauptquartier aufgeschlagen.«
    Aha! Demnach hatte Mutt Wilmott tatsächlich in Fußnähe zu St. Tankred gewohnt - und zwar vor, während und nach dem Mord an Rupert.
    »Dann will ich Sie beide mal nicht länger stören«, sagte ich.
    Ich war noch nicht aus der Tür, da steckten die beiden schon wieder die Köpfe zusammen.
     
    Der Himmel hatte, wie es im Sommer oft vorkommt, rasch wieder aufgeklart. Die dunklen Wolken waren nach Osten weitergezogen, die Vögel sangen wie aufgezogen. Auch wenn es noch früh am Tag war, und trotz der frischen Luft und dem warmen Sonnenschein, musste ich, als ich über die Landstraße nach Buckshaw zurückradelte, mit einem Mal gähnen wie eine Katze. Vielleicht lag es daran, dass ich am Abend davor zu lange wach gewesen war.
    Jedenfalls war ich ziemlich erledigt. Daffy hatte einmal erwähnt, dass Samuel Pepys, der berühmte Tagebuchschreiber, andauernd ›zu Bett‹ geht, und auch Vater lobte oft die bemerkenswert stärkende Wirkung eines Nickerchens. Jetzt begriff ich, was sie meinten.
    Wie aber sollte ich ungesehen ins Haus gelangen? Mrs Mullet
bewachte die Küche wie ein Fu-Tempelhund das Grab eines chinesischen Kaisers, und wenn ich vorn herumging, lief ich womöglich Tante Felicity über den Weg und bekam irgendwelche Pflichten aufgebrummt, die mich den ganzen Tag auf Trab halten würden.
    Die Remise war der einzige Ort, den man betreten und wieder verlassen konnte, ohne gesehen oder gestört zu werden.
    Ich parkte Gladys hinter einer der großen Eichen an der Einfahrt und schlich mich ums Haus herum.
    Auf der Rückseite der Remise ging eine Tür auf eine ehemalige kleine Koppel. Ich kletterte über den Zaun, hob den schmiedeeisernen Riegel dieses Hintereingangs an und schlüpfte geräuschlos nach drinnen.
    Obwohl ich noch ein wenig vom hellen Licht draußen geblendet war, erkannte ich sogleich den dunklen, hoch aufragenden Umriss von Harriets altem Rolls-Royce, einem Phantom II. Der vernickelte Kühlergrill glänzte matt im Dämmerlicht. Durch die kleinen verschmutzten Dachluken fiel nur trübes Licht, und man musste aufpassen, wo man hintrat.
    Manchmal kam ich zum Nachdenken hierher. Dann kletterte ich an Bord dieses vierrädrigen Palastes, ließ mich in seinem gemütlichen Inneren auf den cremefarbenen Polstern nieder und tat so, als sei ich Harriet, die jederzeit den ersten Gang einlegen und in ein besseres Leben davonbrausen könnte.
    Ich legte die Hand auf den Türgriff und drehte ihn leise. Falls Dogger zufällig in der Nähe war, würde ihn das leiseste Geräusch aufschrecken, und er käme sofort angerannt, um nachzusehen, wer in die Remise eingebrochen war. Gott segne das brave Schiff Rolls-Royce und alle, die damit in See stechen, dachte ich, als die schwere Tür lautlos aufschwang und ich auf den Fahrersitz glitt.
    Ich sog den edlen Duft des Automobils ein, wie es Harriet einst getan haben musste, und machte Anstalten, mich zusammenzurollen.
Mit etwas Glück würde ich in diesem Halbdunkel in weniger als einer Minute eingeschlafen sein. Später würde noch Zeit genug sein, mir Gedanken über den Mord zu machen.
    Als ich mich noch einmal genüsslich streckte, streiften meine Finger etwas Weiches - so, wie es sich anfühlte, handelte es sich um ein nacktes Bein. Ich wollte aufschreien, aber jemand hielt mir den Mund zu.
    »Sei still!«, zischte mir eine Stimme ins Ohr.
    Ich verdrehte die aufgerissenen Augen wie ein Pferd im Schlachthaus. Trotz des fahlen Lichts erkannte ich, wer mich da gepackt hatte.
    Es war Nialla.
    Mein erster Impuls war, ihr einen Finger abzubeißen. Ich kann es nicht ausstehen, meiner Bewegungsfreiheit beraubt zu werden, und manchmal siegen meine Reflexe über meinen gesunden Menschenverstand.
    »Ganz ruhig!«, raunte sie und schüttelte mich ein bisschen. »Ich brauche deine Hilfe.«
    Mist! Sie hatte das weibliche Codewort ausgesprochen, die magische Losung, die seit Urzeiten gültig ist und schon in den

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