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Fleckenteufel (German Edition)

Fleckenteufel (German Edition)

Titel: Fleckenteufel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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oder ins Vogelschutzgebiet. Allein …
    «… dass Jesus das Buch unseres Lebens schreibt, dass jeder Anschlag sitzt und die Zeichensetzung stimmt. Amen.»

    Graubrot. Hagebuttentee. Schlimme Augenwurst. Margarine. Die drei Idioten haben ihre Karten mitgenommen und spielen während des Essens weiter. Das ist bestimmt verboten. Eigentlich müsste man den Pastor oder Diakon Steiß oder wenigstens Peter Edam Bescheid sagen. Ich weiß nicht, mit wem ich mich unterhalten soll, bei der Gruppe links von mir ist auch kein Reinkommen. Sich da anzubiedern wäre ebenso peinlich, wie um Doppelkopf zu betteln. Ich fühle mich noch einsamer, als Peter Behrmann wirklich ist.

    Nach dem Abendbrot fängt mich der dumme Peter ab und schlägt vor, ich solle mal nach Gundula schauen und mich richtig entschuldigen. Ich willige ein, was bleibt mir übrig. Er bringt mich zu ihrem Zelt und schaut mich aufmunternd an. Ich klopfe an die Plane.
    «Ja?»
    Gundula liegt allein auf ihrem Bett, isst Sprengelschokolade und hört Bay City Rollers. Es riecht ganz komisch, nach Dicken und ihren Ausdünstungen. Sie hat ein Veilchen, ihre linke Gesichtshälfte ist stark angeschwollen und immer noch puterrot.
    «Ich wollt nur nochmal sagen, wegen vorhin, das tut mir leid, das war echt keine Absicht.»
    Sie glotzt mich an und sagt kein Wort. Sehr unangenehm. Bay City Rollers sind das Allerletzte, noch schlimmer als David Cassidy oder Heino. Wenigstens aus Höflichkeit könnte sie die Schrottmusik leiser drehen. Tut sie aber nicht.
    «Irgendwie ist der Ball verzogen.»
    Keine Reaktion. Mein Gott, was soll ich denn noch machen? Fragen, dann muss sie antworten.
    «Und, tut das noch weh eigentlich?»
    «Herr Steiß meint, da ist nichts gebrochen, aber wenn es bis morgen nicht besser wird, geh ich ins Krankenhaus und lass das untersuchen.»
    Ins Krankenhaus! Ich hätte nicht schlecht Lust, ihr noch eine reinzuhauen.
    «Ja, wenn du meinst. Aber ich glaub nicht, das da was gebrochen ist.»
    «Woher willst du das denn wissen? Auf jeden Fall brauch ich noch deine Telefonnummer, damit wir die haben.»
    Damit wir die haben. Ach, eh alles egal.
    «Ja, ich schreib sie dir auf. Also, gute Besserung dann.»
    Sie schaut wieder weg, was ich als Aufforderung verstehe, das Zelt zu verlassen. So weit ist es gekommen, ich muss mich von einer wie Gundula demütigen lassen.

    Bestimmt ein Dutzend Leute, darunter Susanne Bohne, haben sich an der Tischtennisplatte vor dem Haus eingefunden. Mein Gefühl sagt mir, dass hier die Weichen gestellt werden, für alles. Die beiden Jungen, die gerade eine Partie austragen, spielen mindestens so gut wie asiatische Weltmeister. Zack! Zack! Sie stehen kilometerweit vom Brett entfernt und schmettern sich die Bälle um die Ohren. Zack! Zack! Zack! Ich kann nicht besonders gut Tischtennis und schmettern schon gar nicht. Wie machen die das bloß? Ganz lässig aus dem Handgelenk und beschleunigen die Bälle dennoch wie eine Nato-Mittelstreckenrakete. Zack! Zack! Zack!, der Ballwechsel ist brüllend laut, wie ein Schusswechsel.
    Der Sprit reicht gerade noch für hundert Kilometer. Ich stehe im oberen Heckstand, mit dem Finger am Abzug des MG verfolge ich gegnerische Maschinen über das Windfadenkreuz. Als wir in die Kurve fliegen, eröffne ich das Feuer: «Drücken, Linkskurve!» Die Garben reißen die Breitseite auf, ich sehe, wie der Pilot leblos in den Gurten hängt. Mein 31. Abschuss beim 39. Feindflug. Doch ich empfinde keinen Triumph, als die Maschine Feuer fängt und nach links abschmiert.
    Luftkampf, mal was anderes. Die Weltmeister sind fertig, die nächste Partie bestreiten Peter Behrmann und ein Dingsbums. Plopp. Plopp. Plopp. Zeitlupe. Plopp. Und aus. Peter Behrmann kämpft verzweifelt gegen die drohende Isolation. Vergebens. Plopp. Plopp. Plopp. Plopp. Wieder aus. Ich kann von Peter Behrmanns Niederlage nicht profitieren.

    Um halb acht beginnt das Abendprogramm: Gesellschaftsspiele, Brettspiele, Geschicklichkeitsspiele, Kartenspiele, Spiele eben. Mühle. Dame. Schach. Mau-Mau. Scrabble. Mensch ärgere dich nicht. Labyrinth. Monopoly. Spitz, pass auf. Die drei Idioten kloppen Skat, was sonst. Wieso kommen die so gut miteinander aus? Die passen doch eigentlich überhaupt nicht zusammen. Sie verstehen sich blendend im Nichtssagenden, fällt mir ein, und ich finde, dass das eine sehr kluge Formulierung ist. Jetzt nur nicht ins Hintertreffen geraten. Ich schaue mich um, Tiedemann sitzt auch alleine da, aber ihm macht das nichts aus,

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