Fledermaeuse und andere Leute
Mäxchen in den Märchenwald. »Geil!«, sagt er und weiß offenbar nicht, was er sich darunter vorstellen soll.
Es fängt damit an, dass uns ein kunstvoll geschnitztes Märchenschild den rechten Weg weist.
»Schau mal«, mache ich meinen Enkel darauf aufmerksam, »da sind Rotkäppchen und der Wolf.«
Mäxchen guckt kurz hoch: »Das ist Rotkäppchen und ein Pferd. Und wo ist der Wolf?«
Auweia, da hat sich der Holzschnitzer aber mächtig vertan; denn der Wolf reicht Rotkäppchen fast bis ans rote Mützchen. Doch bevor ich große Erklärungen abgeben kann, hat Max schon die Bahn mit den elektrischen Autoscootern entdeckt. Pro Fahrminute einen Euro! Diese Bahn gab es zu meiner Zeit und der Zeit meiner Kinder noch nicht! Wer sollte das denn auch bezahlen?!
Nun muss Felix ran. Als das Scootern ein großes Loch in seine Geldbörse gerissen hat, schleppen wir Mäxchen schließlich unter Protest zum Eingang des Märchenwaldes. Den um hundert Prozent erhöhten Eintritt muss dann ich bezahlen, weil Felix mittlerweile zahlungsunfähig ist.
Die Häuschen sehen sehr mitgenommen aus und ihre Märchengestalten ebenso, als hätten sie die Motten. Sie reißen weder uns noch Mäxchen vom Hocker.Die Hühnerautomaten sind uninteressant, im Zoo und im Vergnügungspark gibt es mittlerweile welche mit Eis, Popcorn, Limo und Co. Doch das erscheint hier fast wie ein Märchen.
Schließlich kommen wir an die Hütte von den sieben Geißlein.
»Oh«, sagt Mäxchen, »warum verstecken sich denn die kleinen Ziegen alle?«
Ich erzähle ihm das Märchen im Eilverfahren und verbessere obendrein: »Übrigens nannte man die kleinen Ziegen früher Geißlein.«
»Ach so«, sagt Mäxchen verstehend, »und die große Geiß da, das ist dann ’ne alte Ziege, so wie du.«
Werbung
U m die »alte Ziege« wieder wettzumachen, laden Pia und ich Mäxchen und seine Mutter ins Puppentheater bei uns im Nachbarort ein. Leider wird nicht »Der Wolf und die sieben Geißlein« gegeben, sondern die Geschichte von der Gold- und Pechmarie, eben von »Frau Holle« … mitten im Sommer. Aber was soll’s. Vielleicht tauchen auch wir Erwachsenen mal wieder ein ins zauberhafte Kinder-Märchenland.
Wir sind zu früh dran. Also trinken wir erst einmal bei uns daheim Kaffee. Den Marmorkuchen hat Pia extra für diesen Nachmittag gebacken. Mäxchen ist sehr zufrieden. Jetzt fehlt ihm nur noch das Fernsehen: Es ist die Stunde der »Power Ranger«.
»Du siehst doch gleich Frau Holle« , wage ich entgegenzusetzen. Da ist er aber mächtig sauer auf mich, die Power Ranger darf er nämlich jeden Samstag gucken.
»Na gut«, verhalten sich gleich drei weibliche Erwachsene völlig unpädagogisch und schalten den Kasten an. Ich kann gar nicht hinsehen, so scheußlich finde ich die Figuren, und dann ständig diese Werbung dazwischen! Nicht zum Aushalten. Doch Max sitzt glücklich im Sessel und ist rundum zufrieden. Erst als wir aufbrechen müssen und den Fernseher mitten in der Sendung abschalten, gibt es Gebrüll. Brüllend steigen wir ins Auto, brüllend fahrenwir in den Nachbarort, und brüllend steigen wir vor dem kleinen Kindertheater aus. Erst als er im Vorraum die vielen Handpuppen sieht, beruhigt er sich langsam. Und während der Vorstellung sitzt er mucksmäuschenstill auf seinem Stühlchen und schaut fasziniert zu, wie Frau Holle es im Sommer aus ihrem Bett schneien lässt … glauben wir jedenfalls. Doch weit gefehlt. Kaum bimmelt es zur ersten Pause, da sagt er empört, sodass man es bis vorne auf die Bühne hören kann: »So, und wann kommt nun endlich die Werbung!?«
Klamotte
E ine der wenigen Zugeständnisse, die ich an die neue deutsche Sprache mache, ist zum Beispiel das Wort Klamotten für Kleidung. Meine Töchter und ich besitzen alte Klamotten und kaufen neue Klamotten, schicke Klamotten, Winterklamotten, Sommerklamotten und Klamotten für zwischendurch. Nur die »geilen« Klamotten wollen mir einfach nicht über die Lippen, und das, obwohl Mäxchen hin und wieder sagt, ich sähe echt geil aus.
Also wirklich, ich kenne kein Kind, welches sich so über neue Klamotten freut wie mein Enkel. Bringe ich ihm schöne Sachen zum Anziehen mit, sagt er erfreut: »Oh, neue Klamotten!« Und schon fliegen die alten durch die Gegend, und man kleidet sich frisch ein.
Neulich brachte ich ihm aus Südtirol eine blaue, grün abgesetzte und mit Edelweiß verzierte Lederhose mit. Dazu ein weiß-blau-kariertes Hemd, Wadenstrümpfe – besonders geil – und Trachtenschuhe.
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