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Fledermaeuse und andere Leute

Fledermaeuse und andere Leute

Titel: Fledermaeuse und andere Leute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Helm
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will ich keinen kriegerischen Ton mehr aus diesem Zimmer hören. Sonst könnt ihr einpacken!«
    Als ich aus dem Dorf zurückkomme, ist es mucksmäuschenstill im Haus. Ich stelle meine Taschen in der Küche ab, schleiche leise nach oben und öffne vorsichtig die Zimmertür. Max und René hocken mit den Hunden auf dem Bett und rudern mit Schrubber und Besen, was das Zeug hält. Die Nord- und Südstaatler liegen verstreut auf dem Fußboden. Offensichtlich gab es große Verluste auf beiden Seiten.
    »Na«, sage ich versöhnlich, »was macht ihr denn Schönes?«
    »Wir rudern heim«, antwortet Mäxchen und stößt seinen Besen kräftig auf den Boden, »wir haben genug in Amerika gespielt.«
    »Na schön, dann werft aber wenigstens die Dackel aus dem Bett – äh – Boot.«
    »Rauswerfen?!« Max ist empört. »Willst du fürleicht, dass Frieda und Anton ertrinken?«
    Nein, das will ich natürlich nicht.
    »Aber was ist mit euren Soldaten?«, gebe ich zu bedenken und zeige auf das Schlachtfeld auf dem Fußboden, »können die denn wenigstens schwimmen?«
    »Mensch, Omi«, Max kann nur nachsichtig den Kopf schütteln, »siehst du das denn nicht? Die haben sich doch alle totgeschissen!«

Zwischendurch bemerkt
    E s ist schon ein Kreuz, wenn man eines Tages aufwacht und feststellt, dass man über Nacht ganz einfach aus der Mode gekommen ist.
    Das erste Mal hatte ich dieses scheußliche Gefühl vor knapp fünfundzwanzig Jahren, als meine Kinder sich dem allgemein fortschreitenden Bildungsstand auf allen Gebieten anpassten und ich ewig hinterherhinkte, obwohl sie sich redlich Mühe gaben, ihre Mutter auf dem Laufenden zu halten. Doch immer wieder gab es etwas Neues, das mich wie von Zauberhand meilenweit zurückwarf.
    Selbst mein Enkel macht mir mittlerweile nun schon in fast jeder Hinsicht etwas vor.
    Sogar bei meinen beiden Dackeln beschleicht mich manchmal das ungute Gefühl, meine Anerkennung zu verlieren, so nach dem Motto: Kommt ihr oder kommt ihr nicht? Und dann kommen sie oder sie kommen eben auch nicht.
    Na, wie dem auch sei: Erst gestern dachte ich, jetzt geht es endgültig mit mir bergab. Ich wollte meine Tochter anrufen und ihr zum Muttertag gratulieren.
    »Hallo, Omi«, Max ist am Apparat, »ich habe jetzt keine Zeit. Ich gucke gerade Herkules, das war dem Zeus sein Sohn und der Erfinder der olympischen Spiele.«
    Mir bleibt die Spucke weg: »Wie bitte?«
    »Ja«, sagt mein Enkel, »und alles in Zeichentrick, toll nicht?!«
    »Ganz toll«, ich kratze die letzten Reste meines angeschlagenen Selbstbewusstseins zusammen und sage: »Eigentlich wollte ich ja bloß deine Mami sprechen.«
    »Klar«, antwortet Max bereitwillig, »die liegt noch im Bett. Ich geh sie mal schnell holen.« Und dann: »Aber nicht auflegen, Omi, okay?! Nicht auflegen!!«
    »Okay«, sage ich gehorsam.
    »Gut«, sagt Mäxchen, legt den Hörer auf und geht die Mami holen.
    Felix und ich sehen uns an. Wir lächeln. Dem Himmel sei Dank! Es geht langsam wieder aufwärts!

Der Traum
    V on meinen Kindern war ich ja einiges gewöhnt. Nichts, was in unserer kleinen Familie geschah, blieb wirklich unter uns.
    Als ihr Vater und ich kurz vor der Scheidung standen und uns schweren Herzens dazu durchgerungen hatten, es ihnen zu gestehen, baten wir unseren Nachwuchs, vorläufig noch nichts davon in der Nachbarschaft zu erzählen: »Ihr wisst doch, wie gern hier über alles getratscht wird!«
    Dabei wäre das doch so eine tolle Nachricht. Aber sie versprachen es.
    Und dann wussten es doch plötzlich alle. Unglücklich sagte ich: »Ihr hattet doch versprochen, den Mund zu halten.«
    Sie schworen beim Leben unserer Dackel, nichts gesagt zu haben. Aber dann fiel der Zwölfjährigen doch etwas ein: »Weißte was, ich glaube, angefangen mit der ganzen Quatscherei hat die Birgit!«
    Birgit war Klassenkameradin und Busenfreundin unserer Jüngsten. Alle Augen richteten sich anklagend auf die Kleine.
    »Ich habe überhaupt nicht herumgequatscht«, verteidigte sie sich empört, »ich habe es der Birgit nur leise ins Ohr geflüstert!«
    Zwei Jahre nach der Scheidung hatte mein Sohndann die Weiberwirtschaft gründlich satt. Mutter, zwei Schwestern, eine Großmutter und als Krönung zwei Dackeldamen. Alles nörgelte an ihm herum, und keiner gehorchte aufs Wort. Also suchte er hinter meinem Rücken per Annonce »eine nette männliche Verstärkung« und erhielt zur allgemeinen Verblüffung ein dickes Bündel Zuschriften.
    Ich musste mir notgedrungen eine aussuchen und

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