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Fledermaeuse und andere Leute

Fledermaeuse und andere Leute

Titel: Fledermaeuse und andere Leute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Helm
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gewonnen!!«
    »Was?« Ich nehme hastig den Hörer ans Ohr. Die freundliche Dame lacht. »Na ja«, sagt sie, »nicht gerade das Smart-Auto, aber eine Smart-Box. Das ist doch auch etwas Schönes.«
    »Und was soll ich damit anfangen?«, frage ich enttäuscht.
    »Günstig telefonieren«, kommt die lakonische Antwort, »wir können Ihnen ab sofort die Leitung freischalten, damit Sie bei jedem Gespräch die Null ZehnDreizehn vorwählen, weil dann das Telefonat pro Minute nur neunundneunzig Cent kostet.«
    »Aha«, sage ich, weil ich immer aha sage, wenn ich nur Bahnhof verstehe, »und wozu dann die Box?«
    »Ja, wenn Sie die erhalten und installiert haben, wählt sich die Billignummer vor jedem Anruf von ganz alleine. Herzlichen Glückwunsch übrigens.«
    »Schade«, sage ich statt danke, »das Auto wäre uns nämlich lieber gewesen.« Und Max geht sehr enttäuscht nach oben.
    Als ich später endlich auch im Bett liege, kommt mein Enkel noch einmal zu mir rüber. Er ist ehrlich besorgt: erst eine Niere weg und nun kein Auto!
    »Guck mal«, sagt er mit unbeholfener Zärtlichkeit, »hier hast du mein Telefon.« Er legt mir die eine Büchse aufs Kopfkissen. »Die andere nehme ich mit in mein Bett. Die Schnur reicht nämlich bis ins Gästezimmer. Wenn es dir nicht gut geht, brauchst du nur in die Dose zu schreien. Dann werde ich wach und bin sofort bei dir.« Und er platziert liebevoll einen Kuss auf meine Nasenspitze.
    Was für ein Enkel!
    Pünktlich um sechs Uhr morgens kommen die Dackel wie gewöhnlich die Treppe hinaufgeschossen, um noch eine Mütze Schlaf am Fußende meines Bettes zu nehmen. Ahnungslos sausen sie in die Schnur hinein, die Telefonbüchsen scheppern mit Getöse an ihren Hinterteilen, und sie selbst springen halb irre vor Schreck mit einem Satz auf meine vor kurzem getackerte Mitte. Ich schreie auf und befreie die kläffenden Hunde von Mäxchens Telefon. Meine jüngste Tochter im Parterre wacht auf, dazu die gesamte Nachbarschaft … nur mein Enkel schläft tief und festweiter. Ich greife zum Telefon, dem mit der festen Grundgebühr, und will mich bei Felix in Hannover ausweinen. Kaum habe ich im Dunkeln begonnen, die Null Zehn Dreizehn vorzuwählen, meldet sich überraschend der Polizeinotruf. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ach«, sage ich geknickt, »ich wollte eigentlich bloß einen Freund anrufen, um ihm zu sagen, dass ich doch lieber einen netten Mann im Bett hätte als einen besorgten Enkel und zwei verrückte Dackel.«
    Der Polizeibeamte hat Humor: »Wenn ich es recht bedenke, sind wir auch für solche Notfälle zuständig, junge Frau«, sagt er, und ich höre ihn förmlich grinsen. »Soll ich Ihnen jemanden vorbeischicken?«
    »Nee, das lassen wir lieber«, wehre ich lachend ab, »so ein Notfall ist das nun auch wieder nicht! Aber danke für die ›junge Frau‹.«
    »Was denn für ’n Notfall?« Max steht verschlafen in meiner Tür, kommt näher, kriecht zu den Dackeln unter die Decke und knallt mir seinen Arm auf den schlimmen Bauch. Ich beiße die Zähne zusammen und knirsche mühsam: »Na das Telefonieren mit den Zehen, das klappt genauso wenig wie mit dem Auto!«
    »Ach«, tröstet mich da der Knabe herzlich, »mach dir nix draus, Omi. Sei bloß froh. Auch wenn du jetzt kein Auto hast und nur noch eine Niere. Hauptsache du hast noch alle deine zehn Zeh’n, nich?«
    Was für ein Enkel!

Elternabend
    M äxchens Mutter muss auf einen dreitägigen Fortbildungskursus. Ausgerechnet jetzt, wo der letzte Elternsprechtag vor dem ersten Zeugnis ihres Sohnes ins Haus steht.
    Max sagt ganz ruhig: »Das kriegt die Omi schon hin!«
    Als meine Jüngste vor ungefähr fünfzehn Jahren ihren Abschluss machte, dachte ich, dass ich diese Dinge endgültig hinter mir hätte. Aber was soll’s! Dann sehen wir uns eben wieder, die alte Schule und ich.
    Kaum habe ich sie an besagtem Abend betreten, überkommt mich wie immer in ihren Fluren und Räumen so etwas wie Sentimentalität gemischt mit dem typischen Schulmief aus Putzmitteln, Desinfektion und Kreide, aus Angstschweiß, Lerneifer, Pädagogennachsicht und -strenge.
    Der Elternabend findet in Max’ Klassenzimmer statt. Die Wände hängen voll mit den ungelenken Zeichnungen der Erstklässler. Ich erkenne sofort Mäxchens Kunstwerk: unverwechselbar Frieda und Anton, unsere beiden Dackel. Zwei Wiener Würstchen mit je vier Stöcken an der Unterseite und außergewöhnlich bunt!
    Die Lehrerin ist noch jung und ist schon seit längerem der Schwarm meines Enkels.

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