Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)
gewinnbringender, Euch mit Euren Fragen direkt an den Junker zu wenden, wenn er zurückkommt.“
„Wo ist er?“
„Das werde ich gleich zuerst seiner Frau berichten.“
Jetzt hatte sich das Blatt endgültig gewendet, Heinrich die Oberhand. Der ältere Ritter nickte nur noch knapp – und ließ sich zurückfallen. Vielleicht würde er sich mit seinem Kumpanen beraten und nach anderen Wegen sinnen, Heinrich beizukommen.
Für den Augenblick jedoch waren Mila und Heinrich wieder allein.
„Haben Johann und Helene dich gemeinsam geschickt, mich auf Ernberg einzusperren?“, zischte sie wütend. „Zum Teufel mit euch, ich will Johann nicht, ich will nicht auf der Burg leben, ich will ...“ Mattis! Sein Name war ihr im Hals steckengeblieben. Denn nun war es besiegelt, oder? Nun würde sie ihn wirklich nie wiedersehen. „Warum hast du mich betrogen?“, brach es verzweifelt aus ihr heraus. „Warum hast du gesagt, du würdest mir ...“
„Schschsch, nicht so laut! Man darf uns nicht hören.“
„Wieso denn nicht?“
„Sie hätten dich erwischt, verstehst du denn nicht? Wahrscheinlich sogar ...“ Er verstummte, weil einer der Reiter ihnen schon wieder ziemlich nahe kam. Beschleunigte wieder. Murmelte leiser. „Er hätte auf dich geschossen, verstehst du? Da musste ich handeln.“
Was? Durfte Mila erleichtert sein? Dass sie zwar gefangen – doch wenigstens nicht getötet worden war?
„Vertrau mir. Ich werde dich da rausholen. Aber bis dahin muss ich dich schlecht behandeln, damit niemand Verdacht schöpft. Und du tust weiterhin so, als wäre ich dein Feind.“
Mila schwindelte, nun ganz schwach vor Reue. Dass sie tatsächlich an ihrem neuen Freund gezweifelt hatte. Dass sie nun doch einen Helfer hatte, einen, der zumindest hoffte, ihr helfen zu können. Auch wenn in den Sternen stand, ob sie nicht ohnedies verloren war.
„Sie wollen mich hängen, aber ich habe nichts getan“, flüsterte sie hilflos. „Ich habe Senta geheilt. Als ich gegangen bin, war sie ganz lebendig. Und sie ist doch die Großmutter meines Sohnes, die würde ich doch niemals ... Glaubst du mir? Glaubst du mir das?“
„Aber natürlich glaube ich dir“, gab Heinrich fast unhörbar zurück. „Und dir wird nichts geschehen, sei unbesorgt.“
Das zu versprechen, stand kaum in seiner Macht, das war ihr klar. Dennoch war sie so erleichtert, dass er noch immer ihr Freund war und sie immerhin nicht ganz allein. Unwillkürlich lehnte sie sich wieder an ihn, wie sie es letzte Nacht getan hatte. Auch wenn er jetzt weitaus weniger entspannt war, so schrak er dennoch nicht vor ihr zurück.
„Und jetzt hören wir auf zu reden, die anderen warten nur auf eine Gelegenheit, mich auszuschalten. Egal was ich gleich tun werde, egal was die anderen tun – kein persönliches Wort mehr, in Ordnung?“
Mila nickte unmerklich.
Der Prinzessin Begehren
S entas eingehüllte Leiche auf dem Karren hüpfte auf eine gruselige und zugleich skurrile Weise in die Luft, als der Kutscher ohne abzubremsen auf das unebene Pflaster vor dem Haupttor Ernbergs traf. Dann, während die Leiche auch weiterhin im Takt der Holpersteine unnatürlich ruckte und zuckte, wurde für einen unwirklichen Moment das dazugehörige Poltern vom Echo in der Durchfahrt vollständig geschluckt.
Mila erschauderte. Hielt dann unwillkürlich den Atem an, als Heinrich und sie – flankiert von den beiden feindlichen Reitern – hinter dem Karren her unter dem Fallgitter hindurchritten.
Gefangen. So fühlte es sich an.
Und das war sie letztlich auch, oder? Denn ob Heinrich wirklich in der Lage war, ihr zu helfen? Selbst wenn er seine Helene darum bitten würde – war die ihm so ergeben, dass sie ihm einen solchen Gefallen erweisen würde? Und er selbst musste ja in absehbarer Zeit zurück zu Johann, dem er unterstellt war. Nein, wohl war ihr keineswegs zumute, absolut nicht.
„Ich soll Mila direkt zur Junkfrau Helene bringen.“ Während die beiden anderen Reiter bereits abstiegen und ihre Pferde an heraneilende Stallburschen weiterreichten, umrundete Heinrich noch hoch zu Ross den Leichenkarren, der soeben von mehreren Knechten an die gegenüberliegende Seite des Hofes gewunken wurde. Es war beeindruckend, wie gebieterisch ihr sanfter junger Knappe sich nun zu gebärden wusste. Selbst die unverändert misstrauischen Blicke der anderen schienen ihn nicht mehr zu verunsichern. Mit durchgedrücktem Rücken und erhobenem Kinn wirkte er stark und respekteinflößend.
Während
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