Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)
und Mila heran waren, wandte sich um und strebte in einen dunklen Flur, auf die einzige Tür ganz am Ende zu. Welche mit einem wuchtigen Schloss gesichert war und in ein schmales, düsteres Treppenhaus mündete.
Mila zögerte. Sie würden doch nicht auf der Stelle hier eingesperrt werden? Heinrich jedoch bedeutete ihr, dass alles in Ordnung war, und ließ ihr den Vortritt.
Die Tür auf dem oberen Treppenabsatz war wiederum versperrt – ins dritte Stockwerk gelangten offensichtlich nur ausgewählte Schlüsselträger.
Zu Milas Zeit hatte sich hier alles noch im Rohbau befunden, war offen gewesen, ohne Dach, Zwischenwände und Türen. Nun, inzwischen hatten Johanns Baumeister hier einiges verändert.
Gerade hatten sie einen kleinen fensterlosen Raum betreten, der jedoch durch offenstehende Türen in alle verbleibenden Richtungen erhellt wurde. Aus einem der angrenzenden Zimmer drang Gehämmer.
Anna schloss die entsprechende Tür und wies auf das geradeaus liegende Zimmer. „Junkfrau Helene kommt gleich zu Euch“, erklärte sie mit einem letzten schmachtenden Blick zu Heinrich – der ihn nicht erwiderte, sondern lediglich steif nickte – ehe sie sich mit sichtlichem Widerstreben von ihm wegdrehte.
Währenddessen war Mila in dem ihr zugewiesenen Raum angekommen. Helene empfängt uns in ihrem Schlafzimmer? , dachte sie im ersten Moment, denn in dessen Mitte stand ein riesiges Himmelbett. Dann erfasste sie, dass auch dieser Raum noch eine Baustelle war. Und entdeckte dort drüben, abgedeckt, ein weiteres Bett, ein kleines, für ein Kind. Für Ilya.
Ungewollt ehrfürchtig blickte sie herum. Heinrich hatte sie ja vorgewarnt, was Johann für sie bereithielt, aber diese herrschaftliche Pracht mit eigenen Augen zu sehen, war etwas ganz anderes.
Der große Raum mit einem wunderbar glatt geschliffenen Holzboden war bis auf die beiden Betten noch möbellos. Die Wandmalereien, von denen Heinrich gesprochen hatte, waren noch nicht fertig; an einer Wand war der Boden abgedeckt, es standen Kübel mit Farben herum, Pinsel, Tücher. Auch die so besonders hervorgehobenen marmornen Fensterbänke lehnten noch unter den Fenstern an der Wand.
Dass das Bett bereitstand, wirkte skurril. Es war breit, für zwei, mit einem Himmel aus edel fallendem Samt und gedrechselten Pfosten. Ganz in Gedanken war Mila nähergetreten und strich über den schweren, grünen Stoff. Und die Matratze! Ganz eben und mit echtem Leinen bespannt.
'Du könntest die wahre Frau an seiner Seite sein', klang Sentas Stimme in ihrem Kopf.
Nein. Mila sprang auf, rückwärts. Dies hier – war faszinierend und wundervoll. Aber doch nicht für sie. Nein, die Vorstellung, dass sie hier ... wohnen sollte, fühlte sich vollkommen fremd an, unpassend.
„Helene!“
Leise gehaucht – aber so eindringlich, dass Heinrichs Aufseufzen alles andere übertönte.
Als Mila sich umdrehte, sah sie gerade noch, wie Heinrich, der im Flur geblieben war, die Tür zwischen ihnen beiden schloss.
Dann erst ging die Tür des Treppenhauses. Hastige Schritte. Die verharrten, während die Tür wieder geschlossen wurde. Danach Geflüster, zweistimmig jetzt, leider zu leise, als dass Mila etwas hätte verstehen können.
Eine andere Tür wurde geöffnet und eine erstaunlich autoritäre weibliche Stimme ertönte – die Mila der Junkfrau auf keinen Fall zugetraut hätte. „Ihr seid hier fertig für heute, der Baumeister benötigt euch unten.“
Prompt verstummte das Werkeln der Männer nebenan – und schon im folgenden Moment zeugte erneutes Türgeklapper von deren Aufbruch.
Einen Moment lang war es vollkommen still. Ob die beiden sich in den Armen lagen?
Dann jedoch drang Heinrichs sehnsüchtige Stimme gedämpft an Milas Ohr. „Helene, die Luft ist doch rein, ich bitte dich, nur ein Kuss ...“
Sie zierte sich.
Was Mila nicht überraschte. Die fromme Helene – eine sündige Ehebrecherin? Heinrich würde es schwer haben, sie dazu zu bringen!
„Wen hast du da mitgebracht?“, wollte die Junkersfrau wissen. „Heilerin Senta-Johanna, wurde mir ausgerichtet? Wieso ...?“
„Es ist Mila. Aber sie wird nicht herauskommen, sie wird sich denken, dass du und ich etwas zu besprechen haben“, versicherte Heinrich eifrig. „Du kannst also ruhig ...“
„Mila? Etwa ...?“
„Ja, Johanns Mila. Graf Meinhards Männer wollten sie schon wieder als Mörderin festnehmen, dabei war ich in der fraglichen Zeit mit ihr zusammen, ihr geschieht Unrecht. Bitte sorg dafür, dass sie heil
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