Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)

Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)

Titel: Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
Vom Netzwerk:
versucht, diesen Mann trotzdem zu ehren und ihm eine gute Frau zu sein. Ich war bereit, seinen Sohn zu empfangen, zu gebären und ihn als seinen Erben zu erziehen. Ich habe darüber hinweggesehen, dass mein Schwiegervater sich als gewalttätiger Tyrann entpuppte, nicht mehr tragbar für die heilige Kirche. Was ihn nicht davon abhielt, seinen Sohn und damit mich auf diese erbärmliche Burg mitten im Gebirge zu verbannen, weit ab von allen Menschen und Dingen, die mir je etwas bedeutet haben.“
    Da stand sie und reihte bittere Sätze aneinander. Und erst jetzt erkannte Mila, wie arm das Leben der Adeligen verlaufen war. Mitgefühl durchströmte sie.
    Helene dagegen erweckte den Eindruck, als hätte sie sich das Mitleid mit sich selbst schon lange abgewöhnt. „All die Zeit habe ich geschluckt, so von den Männern behandelt zu werden“, fuhr sie emotionslos fort. „All die Zeit war der Priester mein einziger Vertrauter. Der mir unentwegt versichert hat, dass mein Leben einen Sinn habe. Dass Gott mich hier wolle. Dass er noch etwas für mich bereithalte. Ja, und dann ...“ Sie verstummte plötzlich. Drehte sich wieder von Mila weg. Sprach mit veränderter Stimme. Ganz weich. Erfüllt. Vom ersten Glück ihres Lebens. „Und dann passierte es.“
    Daran, wie sie die Schultern straffte und ihren Kopf leicht hob, als sie tief Luft holte, konnte Mila ablesen, dass sie strahlte, auch wenn sie ihr das Gesicht vorenthielt.
    „Zuerst ist er mir gar nicht aufgefallen. Einer der angenehmen Männer war er, keine Frage. Ein stiller, einer, der nachdenkt, ehe er redet – und der, wenn er redet, auch etwas zu sagen hat. Einer, dem es fern liegt, sich in die Brust zu werfen und die Frauenwelt dazu zu bringen, ihm zu Füßen zu liegen.“
    Dies ein Seitenhieb auf Johann. Mila kräuselte die Lippen.
    Wie daraufhin drehte Helene sich zu ihr um. Wollte sie prüfen, wie Mila auf ihre Andeutung reagierte? Sie schickte ihr ein grimmiges Grinsen – und bekam eines zurück.
    Ehe Helene das wieder aus ihrem Gesicht wischte. Ein versonnenes Schwärmen trat an seine Stelle. So hat Heinrich Johanns Verletzungen weggewischt , dachte Mila staunend.
    „Heinrich ist vollkommen anders als Johann – anders als alle anderen Männer, die ich je getroffen habe.“ Helenes Stimme pures Lächeln. „Ernsthaft, ehrlich, achtsam und treu und schön und ...“, sie musste neuen Atem schöpfen, „durch und durch liebevoll.“
    Schon längst war ihr genauso liebevolles Lächeln auf Milas Gesicht übergesprungen. „Ja, er ist wirklich ein ganz besonders Lieber“, bestätigte sie.
    Brachte damit die ganz weggetretene Helene dazu, sie wieder wahrzunehmen.
    Sie lächelten sich bewusst an.
    „Was für ein Glück, dass Ihr ihn getroffen habt“, musste Mila laut aussprechen.
    Helenes Strahlen verstärkte sich noch mehr. „Ja, das ist es. Nach all der Zeit – hat der liebe Gott mir einen solchen Menschen geschickt. Einen Menschen, der so wundervoll ist. Und der mich, ausgerechnet mich, sieht.“
    Das fassungslose Erstaunen in ihrer Stimme ließ Mila unwillkürlich die Hand nach ihr ausstrecken.
    Ebenso in Gedanken ergriff Helene sie. Drückte sie. Hielt sie fest. „Heinrich sieht mich, und er will mit mir zusammen sein, mehr als alles andere.“
    Mila nickte, Heinrich vor Augen, wie der Helene ansah.
    „Das muss Gottes Wille sein, und ich danke ihm jeden Tag auf Knien, dass er es so gut mit mir meint.“
    So gut, ihr eine Liebe zu schicken, die sie niemals offen würde ausleben können, die sie und ihren Geliebten in Todesgefahr bringen könnte, die ...
    „Du verstehst das, oder?“
    Mila erschrak, als Helene ihre Hand losließ.
    „Du verstehst, dass ich ihn nicht aufgeben kann?“
    „Aber natürlich tue ich das.“
    „Deshalb bitte ich dich inständig, liebe Mila: Bitte, bitte, bitte tu mir den Gefallen und zieh hier ein. Ich weiß noch nicht, wie ich im Einzelnen vorgehen werde. Aber wenn du Johann ablenkst, wird es schon irgendwie gehen. Wenn du ihm zum Beispiel noch ein Kind gebären könntest ...“
    Mila öffnete den Mund, ihrer Entrüstung Luft zu machen – da ertönte draußen auf der Treppe neues Gepolter.
    Hektisches Klopfen. „Junkfrau?“ Eine Frau, schon älter. „Ihr solltet nach dem Grafen sehen. Er braucht Euch, bitte kommt schnell.“
    Noch ehe Helene auch nur eine Bewegung hätte machen können, polterte es erneut im Treppenhaus – die Frau wurde, wie es schien, zur Seite gestoßen, jedenfalls schrie sie entrüstet

Weitere Kostenlose Bücher