Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)
weit zivilisiert sein, dass sie eine Waffe erkannte – und sich angemessen davor fürchtete.
Heinrich knurrte nur, als er sich blitzschnell bückte, die Pistole aufhob und, ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, in seinen Hosenbund schob.
Tief aufseufzend blieb Matthias nichts weiter übrig, als sich von Heinrich, dem starken und schnellen Jüngling, vor sich herstoßen zu lassen.
„Wage das nicht noch einmal!“ Heinrich schien seinen ganzen aufgestauten Frust jetzt an ihm auszulassen, rumpelte ihn an, stieß ihn vorwärts, nur um ihn im nächsten Moment wieder zurückzuhalten.
Erst als sie den Wald hinter sich gelassen hatten, schien sich Heinrich langsam zu beruhigen. „Schön hier auf dem Weg bleiben“, brummte er unwillig, fügte jedoch nach einer kleinen Weile hinzu: „Junker Johann meinte es ernst mit seiner Drohung. Ich wäre nicht der erste, der auf seinen Befehl hin einen Kopf kürzer gemacht würde.“
Das glaubte Matthias sofort. Johann mochte sich zivilisiert geben, interessiert an der Zukunft, offen für Neues. Dennoch war er nichts weiter als ein Stück niederträchtiges Mittelalter. In dem das Recht des Stärkeren galt und nichts sonst.
„Mir ist lieber, er bringt dich um als mich“, murmelte er und ruckte unwillig mit dem Arm, um dessen Ellbogen sich Heinrichs große Hand gelegt hatte. Einen Griff hatte der! Das kam bestimmt vom Schwertkampfüben. Jedenfalls waren die Schwertrecken in Filmen immer so muskulös und kräftig, wie dieser Heinrich wirkte. Selbst wenn er noch fast ein Kind war, kräftiger und schneller als Matthias würde er allemal sein. Darüber hinaus hatte er Angst vor seinem Herrn. Was ihn potentiell gefährlich machte. Einen toten Gefangenen abzuliefern, würde ihn mit Sicherheit nicht in so schlimme Schwierigkeiten bringen wie gar keinen. Sollte Matthias sich also allzu unkooperativ zeigen, würde dieser Heinrich wahrscheinlich nicht lange fackeln. Und den konnte er nicht einmal mit Zukunftsgeplauder ablenken. Matthias, gerade dabei, sich in sein Gefangenen-Schicksal zu finden, zuckte zusammen, als ihn die Frage Heinrichs erreichte.
„Bist du Mattis?“
Mattis? Mila! Mila, nur Mila konnte ihn so genannt haben. Er fuhr zu Heinrich herum. „Wo ist Mila? Ich muss sofort zu ihr!“
Da lächelte Heinrich fein. „Mila ist da, wohin ich dich ebenfalls bringen soll.“
„In Ehren... äh Ernberg?“
Heinrich nickte.
„Wie kann das sein, niemals würde Mila freiwillig dorthin gehen“, stieß Matthias hervor. „Du lügst, damit ich ohne Widerstand mitkomme.“
Das war zu viel für Heinrich. Seine Augen verdunkelten sich wütend. „Ich bringe dich nach Ernberg. Du hast nur die Wahl, wie ich das tue.“
„Wie geht es ihr? Was macht sie auf Ernberg? Ist sie dort in Gefahr? Wo steckt Ilya?“
„Als ich sie verließ, ging es ihr gut. Ob das noch so ist, weiß ich nicht. Und von Ilya weiß ich auch nichts. Lass uns einfach eilen.“
Das musste Heinrich nicht zweimal sagen. Mila war zwar an dem Ort, zu dem er am allerwenigsten zurückkehren wollte, aber nun wusste er wenigstens sicher, wo er sie finden konnte.
„Wird sie mit dem Tod von Johanns Mutter in Verbindung gebracht?“, stieß er seine nächste Erkenntnis erschrocken aus.
„Womöglich“, nickte Heinrich.
„Wie ist die denn umgekommen?“
„Ich weiß nichts Genaues.“ Heinrich schüttelte den Kopf. „Mila hat nur gesagt, dass sie krank gewesen war, dass es ihr aber gestern Morgen wieder besser gegangen sei.“
„Es muss also plötzlich gekommen sein“, murmelte Matthias. Auch wenn er sich wenig Gedanken darum gemacht hatte, so hatte er sich seine Rückkehr zu Mila nun wirklich nicht vorgestellt. Was gab es da noch zu sagen? Ihm war ganz flau vor Sorge. Er fragte nicht weiter und auch Heinrich schwieg.
„Der hintere Teil der Höhle ist eingestürzt.“ Aus heiterem Himmel sprach Heinrich weiter. „Ich war zuerst beim kleinen Eingang, der weiter oben liegt, weißt du?“
Matthias nickte nur. Wenn Heinrich erzählen wollte, war das mit Sicherheit nicht schlecht.
„Dort war auch unser Lagerplatz“, fuhr er fort. „Aber als ich heute Morgen hinkam, war da kein Eingang mehr. Alles verschüttet. Kein Hugubert im Lager, alles verlassen. Wo er wohl stecken mag?“
„Verschüttet?“, fragte Matthias. Sie würden umkehren müssen, suchen, graben ... Ihm graute. Auf diese Art würde er niemals mehr von dieser vermaledeiten Höhle wegkommen. Und niemals Mila finden.
„Oh, nein nein,
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