Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)
abgesehen würde niemand auf dich hören.“
„Aber ...“ Mila schüttelte verwirrt den Kopf. „Dann ist doch alles in Ordnung, oder nicht?“
Das zufriedene Lächeln, das auf Helenes Gesicht erstrahlte, machte Mila blinzeln. „Ja, es ist alles gut.“
Warum hatte Mila dann ein so ungutes Gefühl? „Ich verspreche Euch, dass ich Euch nie wieder in die Quere komme“, versicherte sie. „Nie wieder werde ich Heinrich, aber auch Johann und Euch unter die Augen treten – wenn Ihr mir nur ermöglicht, Ernberg zu verlassen.“
„Das kann ich nicht, Mila.“
Oh nein, bitte nicht noch mehr Schwierigkeiten! Sie suchte Helenes Blick. „Aber natürlich könnt Ihr, es ist doch kein Problem. Ich brauche lediglich jemanden, dem Ihr den Befehl erteilt, mich zum Stallausgang zu bringen oder vielleicht ...“
„Mein Gatte will dich hier, und er wird sich dich ohnehin nehmen, du kennst ihn doch. Da hat es keinen Sinn, sich ihm zu widersetzen.“
„Nein! Ich werde weit weg sein, wenn er zurückkommt, und in Zukunft vorsichtiger, dass ich ihm ganz gewiss nicht mehr über den Weg laufe.“ Sie drängte sich an Helene, die immer noch zwischen ihr und der Tür gestanden hatte, vorbei, in den Flur hinaus, bis an die Tür zum Treppenhaus. Die ja versperrt war. Also zur anderen, Heinrichs Fluchttür! Auch verschlossen? Hatte Helene die eben ...? Wo waren die Schlüssel? Wobei es sowieso mehr als fraglich war, ob sie ohne Helenes Segen überhaupt würde fliehen können.
„Bitte, lasst mich gehen“, presste sie hervor. „Ich will nach Hause. Meinen Sohn habe ich bei meiner Tante gelassen, sie erwarten mich, bitte.“
„Deinen Sohn bringen wir hierher, ich werde gleich eine Magd zur Thanellerhütte schicken. Und auch deine Tante können wir holen, wenn es auch ein bisschen schwierig werden wird, hier in der Nähe meines Schwähers ...“
„Das gilt doch aber für meine Person genauso. Johann kann doch nicht glauben, dass wir hier unbehelligt miteinander leben könnten.“ Die Angst, Helene wirklich nicht überzeugen zu können, machte ihre Kehle trocken. Sie räusperte sich. „Ihr könnt doch nicht verlangen, dass ich mich und mein Kind der ständigen Gefahr des Kerkers oder gar des Henkers aussetze!“
„Aber nein, so wäre es nicht.“
„Nein?“
„Sicher, in Zeiten, wo Meinhard hier weilt, werdet ihr ein wenig vorsichtig sein müssen. Einfach damit er nicht extra an euch erinnert wird. Aber meist ist er unterwegs, und wir sind hier ganz unter uns. Außerdem darf ich nochmals betonen, dass mein Einfluss auf ihn nicht gerade klein ist. Ich sorge dafür, dass du und deine Familie hier in Sicherheit seid.“
„Ach wirklich?“ Jäher Zorn fegte Milas Skrupel, dass sie mit einer Adeligen sprach, beiseite. „Vor ein paar Wochen habt Ihr noch geduldet, dass Euer Schwäher mich umbringen wollte.“
Die Junkfrau überging ihren Einwurf einfach. „Jetzt werde ich Meinhard bitten, dich zu verschonen“, behauptete sie kühl.
Davon abgesehen, dass sie damit ja offen zugab, Milas Hinrichtung das letzte Mal unterstützt zu haben, konnte die nur den Kopf schütteln. Sie konnte sich absolut nicht vorstellen, dass der Graf diese Frau irgendwie an sich heranlassen sollte. Geschweige denn, auf sie hören.
„Wenn Johann und ich Meinhard gemeinsam ersuchen, dich als unsere Leibdienerin zu dulden, dann wird er uns diesen Gefallen tun.“
„Eure gemeinsame Leibdienerin?“ In ungläubiger Verständnislosigkeit starrte Mila sie an. „Was soll das? Was wollt Ihr von mir?“
„Ich brauche dich hier auf Ernberg, Mila.“
„Aber ...“
„Sieh dich doch noch einmal in Ruhe um.“ Helene vollführte eine einladende Geste in die Runde. „Mein Ehemann hat sich selbst übertroffen, um dir zu gefallen. Es wird dir hier an nichts fehlen. Und auch was deine Stellung in Johanns Leben angeht ...“
„Ich will keine Stellung in Johanns Leben! Ich will mein eigenes Leben, ich will Euren Mann nicht!“
„Ich auch nicht.“
Mehrere Atemzüge Stille.
Im Geiste schlug Mila sich die Hand gegen die Stirn. Sie war dumm gewesen. Helenes Ansinnen war logischerweise dasselbe wie Heinrichs, als er Mila dieses Zimmer hier hatte schmackhaft machen wollen. Wie blauäugig, davon auszugehen, dass Helene Mila ohne Weiteres frei ließe?
„Ihr wollt mich gefangen halten? In diesem Zimmer?“, fragte sie ungläubig.
„Man kann sich schlimmere Kerker vorstellen, oder nicht?“
Das war ... bodenlos. Mila starrte die so harmlos wirkende
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