Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)
echter Ritter?“
„Das bin ich. Wie mein Vater und dessen Vater und Generationen zuvor.“
Das war geschönt. Aufgewachsen war Johann als unehelicher Sohn einer ehemaligen Magd, dessen Zukunft als Ritter allemal unsicher gewesen war.
„Das ist so romantisch!“
„Was heißt 'romantisch'?“
„Oh.“ Brigitte hielt inne, während sich ein hingerissenes Lächeln auf ihren Zügen ausbreitete. „Romantisch heißt – so viel wie wundervoll. Zu meiner Zeit sind Ritter schon lange ausgestorben, es gibt ...“
„Ausgestorben?“ Johann war in ungläubigem Entsetzen die Kinnlade herunter gekippt.
„... nur noch billigen Ersatz.“
„Ersatz für den Ritterstand?“
Johanns zunehmende Entrüstung machte Brigitte blinzeln. „Äh, ja. Männer messen sich nicht mehr im Kampf um Leben und Tod oder in ritterlichen Tugenden, sondern nur noch mit Geld und Macht.“
„Oh.“ Bei diesen Klängen kehrte das Strahlen prompt in Johanns Augen zurück. „Interessant.“
„Höchstens im Sport erinnern sie manchmal noch an Männer wie dich.“ Ihr Blick schweifte unverhohlen verzückt über Johanns Gestalt.
„Sport?“
Ihre Augen waren an seinen Brustmuskeln hängengeblieben, die sich unter dem Stoff seines Hemdes deutlich abzeichneten. „Leibesertüchtigung“, hauchte sie.
„Oh.“
Und bei alledem hatten sie Mila vollständig vergessen. Die seufzte entnervt und machte sich auf den Weg, den Hühnerstall auszumisten.
„Die ein wenig Ähnlichkeit mit euren Turnieren hat“, verfolgte sie Brigittes eifrige Stimme vom Fenster her. „Nur ohne Schwert und Burgfräulein. Was den Grad der Romantik schon wieder entscheidend verringert.“
„Unsere Turniere sind folglich romantisch“, übte Johann sogleich die neue Vokabel. „Besonders wenn so wundervolle Frauen wie du dabei zuschauen ...“
Mila schnaubte. Von männlichen Zeitreisenden besucht zu werden, war doch bei Weitem romantischer!
Sie kümmerte sich auch noch ausgiebig um die beiden Ziegen, blieb so lange, bis sie endlich die Hüttentür und danach Johann auf sein Pferd steigen und davonreiten hörte. Auf die Idee, sich von ihr zu verabschieden, war er natürlich auch nicht gekommen. Sie ließ noch eine ausgedehnte Weile verstreichen, ehe sie ihre Hütte wieder betrat.
Brigitte saß vollständig angezogen – zumindest jetzt – am Tisch und sah Mila erwartungsvoll entgegen. „Er ist schon vor einer Viertelstunde gegangen“, stellte sie fest, als wunderte sie sich darüber, dass Mila sich überhaupt aus seiner Anwesenheit entfernt hatte.
Die wandte sich erst einmal ab, um sich einen Becher Wasser einzugießen.
„Ich muss schon sagen, es ist ungemein spannend, einen echten Mann aus der echten Vergangenheit zu treffen“, plauderte Brigitte weiter. „Und dann noch ein solch prachtvolles Exemplar.“
„Warum tust du das?“, platzte es aus Mila heraus. Auch wenn ein Blick in das vor Verliebtheit strahlende Gesicht der Anderen die Frage überflüssig machte.
Nun zog die eine Augenbraue hoch. „Du bist ja doch eifersüchtig.“
Und dieses mitfühlende Grinsen! Milas Lippen klebten aneinander. Sie löste sie mit einem Ruck. „Unsinn. Ich finde es nur ... unangemessen.“
„Ich will ihn dir wirklich nicht wegnehmen.“
Sie fühlte Brigittes Hand sich um ihre schließen und wurde zur Sitzbank gezogen. Mit einem ärgerlichen Ruck machte sie sich frei und setzte sich selbständig. Blickte Brigitte demonstrativ in die Augen. „Ich will ihn nicht. Ich mache mir nur Sorgen um dich.“
„Na, mir fallen schon so einige Dinge ein, deretwegen man sich um mich sorgen könnte“, lachte Brigitte beißend. „Aber was sollte Johann damit zu tun haben?“
War das ihr Ernst? „Du weißt doch, dass du nicht bleiben wirst“, sprudelte es aus Mila heraus. „Gut, vielleicht wirst du eines Tages wiederkommen, wobei das nicht jedes Mal so ist. Ich weiß nicht, wovon das abhängt, wie man es anstellen muss. Ob es bei dir klappt – und wie lange du dann bleiben kannst – steht in den Sternen. Unter diesen Umständen ...“ Brigitte machte Anstalten, sie zu unterbrechen, doch Mila erhob die Stimme, um weiterreden zu können. „Und du glaubst doch nicht, dass Johann ein ernsthaftes Interesse an dir hat. Ich meine, er will deine nackten Beine, er will dich in Besitz nehmen, weil du von weit her kommst und spannend und schön bist. Aber letztendlich würde er dich nie als eine infrage kommende Ehefrau ansehen, selbst wenn du nicht jederzeit verschwinden
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