Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)
Gestalten in unserer Nähe aufgetaucht seien – nur hätte sie sich immer allein darum gekümmert.“
„Wer war er?“
„Er kam aus dem Jahre des Herrn 1780. Frank hieß er und war Fledermausforscher. Deshalb war er in der Fledermaushöhle gewesen.“ Das Lächeln, das sich in ihrem Gesicht ausgebreitet hatte, spürte sie selbst.
„Wie romantisch“, benutzte Brigitte schon wieder dieses Wort, welches die Männer, die Mila bisher besucht hatten, allesamt nicht gekannt zu haben schienen. „Eine tragische Liebe unter dem Stern unberechenbarer Trennungen. Deshalb bist du so besorgt um mich, oder? Wann war das? Und kommt er noch immer zu dir?“ Sie hatte sich atemlos über den Tisch gelehnt.
Mila schüttelte stumm den Kopf. „Er ist nur dreimal gekommen. Und jeweils nur wenige Monate geblieben.“
„Erzähl doch“, drängte Brigitte.
„Eines Tages war ich mit den Ziegen meiner Tante auf der Alm oben – und da fand ich im Eingang zur Fledermaushöhle einen bewusstlosen Jungen in seltsamer Kleidung. Als er wieder zu sich kam, war er extrem verwirrt, wusste nicht, wo er war – und als er sich dann erinnerte, wurde schnell klar, dass er aus einer anderen Welt stammte – aus einer anderen Zeit, genauer gesagt.“
„Sah er gut aus?“, fragte Brigitte genießerisch.
Mila wurde rot, als ihr das Ausmaß ihres eigenen Lächelns bewusst wurde. „Er war ... einfach wundervoll. Durcheinander und besorgt und voller Angst – doch zugleich hat er sich von Anfang an für mich interessiert.“ Mila schluckte vorbei an dem Kloß in ihrem Hals. „Er war der Erste, der sich je für meine Person interessiert hat“, ergänzte sie leise.
„Absolut vorprogrammiert, dass ihr euch ineinander verliebt habt.“ Brigittes Nicken war sehr abgeklärt.
„Wir ahnten ja noch nicht, was auf uns zukam.“ Das klang wie eine Rechtfertigung. „Zuerst sind wir natürlich davon ausgegangen, er wäre für immer hier.“
„Und wart glücklich miteinander.“ Für Brigitte war alles klar. „Mit ihm hast du dann geschlafen?“
„Er hat hier gelebt, im Haus meiner Tante.“
„Ich meinte Beischlaf“, grinste Brigitte.
„Oh – ja.“
„Und war das nicht schön?“
„Doch! Ich habe ihn geliebt. Ich wollte ihn so nah haben.“
„Und du wunderst dich, dass ich das mit Johann tun möchte?“
„Ihm geht es um Hurendienste“, wiederholte Mila. „Ihm würde ich doch nicht so nahe kommen wollen. Also überhaupt: irgendeinem Mann, der mir nichts bedeutet.“
„Hmm.“ Brigitte schien nach einem Weg zu suchen, Mila zu erklären, was die noch immer nicht verstand. „Klar, Sex kann mit Liebe und Innigkeit einhergehen, keine Frage“, begann sie schließlich. „Aber das ist doch kein Muss. Also ich kann Sex von Liebe trennen. Und ihn genießen. Pure Lust, unabhängig von Beziehung. Verstehst du?“
„Wie ein Mann?“, fragte Mila ungläubig.
Brigitte lachte. „Frauen können das auch.“
„Ich nicht.“
Ihr Lachen nahm zu. „Doch, das kannst du. Anscheinend hast du noch keine sexuelle Lust erlebt. Aber das solltest du schleunigst nachholen.“
Mila schüttelte mit Nachdruck den Kopf. „Das ist nichts für mich. Solange es niemanden gibt, den ich lieben möchte, verzichte ich gern.“
„Du trauerst Frank noch immer nach, oder?“, fragte Brigitte mitfühlend.
„Es ist lange her. Aber ich habe mir geschworen, mich nie wieder in einen Zeitreisenden zu verlieben. Weil das nur schlimm ausgehen kann.“
„Erzähl, wie ging es weiter?“
„An einem Morgen hat Frank sich von einer Sekunde auf die nächste in Luft aufgelöst. Er saß hier mit mir am Tisch. Und dann – war er einfach weg.“
„Wie schrecklich!“
Zum ersten Mal in diesem Gespräch hatte Mila das Gefühl, dass Brigitte den Bezug zu sich selbst herstellte. Aber es half ja nichts. Auf Dauer durfte sie nicht die Augen verschließen vor dem, was auf sie zukam.
„Er flackerte noch eine Zeitlang – und dann ...“
„Was heißt das: er flackerte?“
Es fiel Mila schwer, darüber zu sprechen – über das Furchtbarste, was sie jemals erlebt hatte und erleben würde. „Er verschwand vor meinen Augen – tauchte wieder auf – aber nur ganz kurz. Und ohne zu sich zu kommen. Nur, um im nächsten Moment wieder zu verschwinden. Ich konnte nichts tun, nur hilflos zuschauen. Ihn berühren, solange er hier war, aber nicht festhalten, sodass er blieb. Es war ein Albtraum.“ Den sie nie wieder zulassen würde, solange sie lebte. Niemals. „So ging das
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