Flehende Leidenschaft
»Besuch mich doch wieder in Three Kings, wenn die Parlamentssitzung vorbei ist«, bat sie.
»In der Erntezeit.«
»Einverstanden.«
Seine impulsive Einladung, die glücklicherweise abgelehnt worden war, hatte ihm eine wichtige Lektion erteilt. In Zukunft würde er seine Gefühle nicht mehr so spontan zeigen. Doch dieser Entschluß beeinträchtigte weder seinen Charme noch seine Liebeskünste.
»Nein«, protestierte sie mitten in der Nacht, »ich kann nicht mehr … Jetzt nicht. Ich bin schon ganz wund …« Obwohl sie ihn abwies, begehrte sie ihn. Warum war die Sinnenlust stärker als der Verstand?
»Natürlich, an solche Exzesse bist du nicht gewöhnt. Sei ganz ruhig und entspann dich.« Johnnie kniete neben ihr, legte seinen Kopf auf ihren Schenkel, und seine Zunge berührte das geschwollene Fleisch. Rastlos bewegte sie sich, von hitzigen Wellen durchströmt, schlang die Finger in sein dichtes Haar.
Die Augen geschlossen, genoß sie das vertraute Gefühl des wachsenden Verlangens, das Pulsieren zwischen ihren Beinen, die kühle Luft auf der heißen Haut. Jetzt tat nichts mehr weh, und sie verspürte nur noch eine süße Sehnsucht.
Wenig später richtete er sich auf, versank zwischen ihren Schenkeln, und als er sie küßte, kostete sie ihren eigenen Geschmack. »Siehst du, wie leicht sich der Schmerz verscheuchen läßt?« flüsterte er.
Beinahe haßte sie ihn für seine Raffinesse, in den Armen so vieler Frauen erworben. Doch ihre Leidenschaft besiegte alle Ressentiments. Und so hob sie ihm die Hüften entgegen, begrüßte die exquisite Qual, als er gnadenlos in sie eindrang.
Erst im Morgengrauen schliefen sie ein, erschöpft und restlos befriedigt.
Um elf Uhr wurden sie geweckt. Ein Dienstmädchen klopfte an die Tür, um die Hausherrin an die Ankunft ihrer Gäste zu erinnern. Noch im Halbschlaf lächelte Elizabeth glücklich, von Johnnies Armen umschlungen.
Und in diesem Augenblick dachte er, solange er die Nähe dieser Frau spürte, könnte er sogar das verhaßte englische Joch vergessen.
15
Die Gäste hatten sich alle im Salon versammelt, bevor Elizabeth und Johnnie herunterkamen. Deshalb mußte Munro vorerst den Gastgeber spielen, inmitten von Leuten, die er nie zuvor gesehen hatte. Er bemühte sich zwar um eine zwanglose Konversation, aber die beiden Gerard-Schwestern hatten bereits herausgefunden, wie Lady Grahams abwesender Gast hieß, und stellten gezielte Fragen. Zu ihrem Leidwesen konnten sie dem jungen Architekten nur ausweichende Antworten entlocken. Noch wußte er nicht, welches Lügenmärchen sein Vetter bevorzugen würde.
Erleichtert seufzte er auf, als Elizabeth und Johnnie den Salon betraten. Der Laird von Ravensby wurde mit den Gästen bekannt gemacht. Dann begrüßte Elizabeth ihren Nachbarn George Baldwin und seine Schwester Anne. Beide lächelten höflich, mit ausdruckslosen, taktvollen Mienen. Ihrer Gastgeberin zuliebe übersahen sie den skandalösen Ruf des Earls von Graden. Aber der schlanke, eher unscheinbare blonde George mußte sich sehr beherrschen, um Ravensbys attraktive äußere Erscheinung zu ignorieren.
Lord Ayton und seine rundliche Frau, ebenfalls Elizabeths Nachbarn, schnitten sofort das Thema des Bauprojekts an. »Wenn Ihr Trupp Hilfe braucht, schicke ich Ihnen gern ein paar Männer, Lady Graham«, erbot sich der stattliche Squire.
»Danke, vielleicht später«, erwiderte Elizabeth. Zwischen den Jagdsaisons hatte Avery Ayton nichts zu tun. Womöglich würde er sich zum Aufseher der Bauarbeiten ernennen, und das wollte sie verhindern.
»Haben Sie die Farben für die Dekorationsstoffe schon ausgewählt, meine Liebe?« erkundigte sich Lady Ayton, infolge ihrer Korpulenz etwas kurzatmig. »In Newcastle habe ich einen tüchtigen Textilienhändler entdeckt, der Sie sicher gern beraten würde.«
»Dafür ist es noch zu früh, Lady Ayton. Um die Inneneinrichtung kümmere ich mich vorläufig nicht. Aber ich werde mir den Namen des Mannes notieren.« Da Elizabeth wußte, daß Charlotte es nur gut mit ihr meinte, fügte sie freundlich hinzu: »Er hat Ihren neuen rosa Salon gestaltet, nicht wahr?«
»Ja, ein süßes Zimmer! So gemütlich … Avery meint allerdings, soviel Satin sei unerträglich. Aber er hat ja seinen Arbeitsraum, wo er zur Genüge mit seinen schmutzigen Stiefeln herumtrampeln kann. Oh, Sie werden Monsieur Hugenau anbeten, Elizabeth. Obwohl wir nicht von den Franzosen reden dürften, solange dieser gräßliche Krieg andauert …«
»Marlboroughs
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