Flehende Leidenschaft
Munros Überraschung in einen Hustenanfall über.
»Hast du dich erkältet, mein Lieber?« fragte Johnnie in gespielter Besorgnis.
Auf Three Kings angekommen, zog sich Elizabeth sofort in ihr Schlafzimmer zurück, begleitet von Johnnie. Munro verbrachte den Abend mit Redmond, und beide vermieden es, die abwesende Gastgeberin zu erwähnen.
»Was für ein himmlisches Gefühl, mit dir in einem Bett zu liegen!« seufzte Elizabeth. Auf einem Tischchen neben der Balkontür stand eine kaum berührte Mahlzeit, am Boden lagen die Kleider verstreut.
»Und ich bin nur zu gern bei dir, Lady«, erwiderte Johnny. »Wenn ich wieder zu Atem gekommen bin, werde ich dir meine Dankbarkeit beweisen, so schamlos wie nur möglich.«
»Mhm …«, murmelte sie, seine Talente immer noch in frischer Erinnerung. »Könnte ich doch eine ganze Woche lang in sinnlichen Exzessen schwelgen … Leider wird das Parlament nicht allzulange ohne dich auskommen.«
So gerne er auch in Three Kings geblieben wäre – am Freitag mußte er abreisen, um am Sonntag morgen in Edinburgh einzutreffen. Hamiltons dubiose Ausflüchte, Queensberrys Doppelspiel und Godfreys großzügiger Umgang mit dem britischen Gold bedrohten Englands Existenz. Natürlich durfte er Elizabeth nicht verraten, daß er gemeinsam mit Fletcher von Saltoun am ersten Sitzungstag nach der Pause versuchen wollte, die Diskussion über die schottische Unterstützung des englischen Heeres vorerst abzubrechen. Man konnte nie wissen, welche Spione die Engländer bezahlten.
So entgegnete er nur: »Ich wünschte, das Parlament würde einen Monat lang auf mich verzichten. Dann könnten wir beide in aller Ruhe das Reich erotischer Freuden erforschen. Aber heute und morgen will ich alles tun, was in meiner Macht steht, damit du mich nicht vergißt. Und das wird mir sicher nicht schwerfallen.«
»Eingebildeter Kerl!« flüsterte sie.
»Während du so bescheiden und zurückhaltend bist …«
»Und tugendhaft.«
Er lachte, und seine tiefe Stimme klang wie Samt. »Und enthaltsam. Das gehört wohl zu deinen bemerkenswertesten Qualitäten.« Nach einer kleinen Weile fragte er: »Müssen wir diese Leute morgen sehen?« Am liebsten wäre er mit ihr bis zum Freitag morgen allein gewesen.
»Jetzt ist es wohl zu spät, um die Party abzusagen. Aber du mußt dich nicht blicken lassen.«
»Wie lange werden deine Gäste hierbleiben?«
Nicht einmal für die Dauer eines Dinners wollte er Elizabeths Gesellschaft entbehren. Einen solchen Wunsch hatte er nie zuvor empfunden.
»Ein paar Stunden.« Als er gequält stöhnte, fügte sie hinzu: »Tut mir leid. Auf der Fahrt hast du gesagt, es würde dich nicht stören.«
»Da kannte ich nur einen einzigen Gedanken – möglichst schnell mit dir ins Bett zu sinken, und ich hätte all deinen Vorschlägen zugestimmt.« Er griff nach ihrer Hand. »Warum begleitest du mich nicht nach Edinburgh?« Schon im nächsten Augenblick bereute er, daß er diese Worte ausgesprochen hatte.
Ihre Bedeutung erschreckte einen Mann, der so großen Wert auf seine Freiheit legte. Doch sie ließen sich nicht mehr zurücknehmen.
Großer Gott, dachte er, niemals wollte ich mich an eine Frau binden – schon gar nicht an eine Engländerin, die Tochter Harold Godfreys. Wegen seiner politischen Verpflichtungen war das unmöglich. Genausogut könnte ich mit Marlboroughs Tochter ins Bett gehen und verkünden, ich sei immer noch ein schottischer Patriot. Das würde mir keiner glauben.
»Natürlich würde ich sehr gern mit dir kommen«, erwiderte Elizabeth und schmiegte sich noch fester an ihn. »Aber jetzt geht’s nicht, weil ich mich um die Bauarbeiten kümmern muß. Vielleicht später …«
Nun war er vor seiner eigenen Dummheit gerettet worden. Erleichtert atmete er auf.
»Jedenfalls danke ich dir, daß du mich eingeladen hast«, fuhr sie fort.
»Du würdest dich ohnehin langweilen«, meinte er und hoffte, seine Stimme würde beiläufig klingen. »Zwischen den Parlamentssitzungen und den hitzigen Debatten in Patrick Steils Taverne bin ich nur lange genug daheim, um die Kleider zu wechseln.«
Also ein Rückzieher, überlegte sie, und das überraschte sie nicht so sehr wie sein unvermitteltes Angebot. Sie wußte ebensogut wie Johnnie, welche Gerüchte ihre Anwesenheit in Edinburgh heraufbeschwören mochten. Sicher würde man sie der Spionage für England verdächtigen, womöglich ihn selbst. Ihr Vater stand in Queensberrys Diensten, und das machte auch die Tochter verdächtig.
Weitere Kostenlose Bücher