Flehende Leidenschaft
gegeben, und so behielt sie ihn im Auge.
Eine Zeitlang unterhielten sich die Gentlemen über die Qualität des Cognacs und ihre bevorzugten Weingüter. Dann bemerkte Culross in sanftem Ton: »Janet ist sozusagen das Steckenpferd eines alten Mannes.«
»Das verstehe ich, und an deiner Stelle würde ich das genauso halten«, antwortete Johnnie wider sein besseres Wissen. Niemals würde er zusehen, wie seine Frau ihn unverhohlen betrog.
»Aber du mußt begreifen – in ihrer Schwangerschaft ist Elizabeth ein bißchen empfindlich. Wie du siehst, hat sie mir sogar eine Anstandsdame aufgehalst.«
»Und das läßt du dir gefallen? Du mußt sie tatsächlich lieben. Aber was ihr beide füreinander empfindet, ist in Roxburgh kein Geheimnis. Man spricht immer noch über deine ungewöhnliche Brautwerbung. Und ich weiß natürlich, wie man mit schwangeren Frauen umgehen muß. Meine Jonetta hat’s mir auch nicht leicht gemacht.« Wehmütig lächelte Culross, als er sich an seine verstorbene erste Frau erinnerte, die ihm sechs Kinder geschenkt hatte. Mittlerweile waren sie alle erwachsen.
»Ich möchte nicht, daß Elizabeth sich unglücklich fühlt«, erklärte Johnnie und ließ den Cognac im Schwenker kreisen.
»Hast du jemals erwartet, eines Tages die wahre Liebe zu finden, mein Junge?«
Zu seiner eigenen Verblüffung errötete Johnnie. »Ich wußte nicht einmal, daß es so etwas gibt …« »Bis es dich gepackt hat.«
»Ja«, stimmte Johnnie zu und lächelte schwach. »Und ich bedaure es kein bißchen.«
»Morgen fahre ich mit Janet nach Hause«, versprach der Earl. »Also kann sich Elizabeth einer angenehmen Nachtruhe erfreuen.«
»Danke, das weiß ich sehr zu schätzen. Bitte, verzeih Elizabeth, wenn sie sich nicht von euch verabschiedet. Sie schläft sehr lange.«
»Natürlich, unseretwegen muß sie nicht früher aufstehen.« Mit einem höflichen Lächeln beantwortete Culross die Lüge. »Vielleicht wird Janet eine Zeitlang Schwierigkeiten machen«, fuhr er in ruhigem Ton fort. »Sie läßt sich nicht gern zurückweisen, und sie weiß nicht, was Liebe ist. Deshalb wird sie in deiner Ehe kein Hindernis sehen.«
»Danke für die Warnung.«
Zum ersten Mal erörterten sie so freimütig, daß sie die Gunst derselben Frau geteilt hatten.
Während die Männer ihren zweiten Cognac tranken, klopfte es an Elizabeths Tür, und sie stand Janet gegenüber.
»Ich will mit Johnnie reden«, erklärte die Countess von Lothian brüsk, ein Weinglas in der Hand, in einem kostbaren Nachthemd aus weißem Satin.
»Tut mir leid, er ist nicht hier«, erwiderte Elizabeth, nachdem sie sich von ihrem Schrecken erholt hatte.
»Wo ist er?«
»Hier nicht«, entgegnete Elizabeth und wollte die Tür schließen.
»Sie lügen!« Janet schob sich an ihr vorbei und öffnete die Tür zum Ankleideraum, ohne zu verhehlen, wie gut sie sich hier auskannte. Dann spähte sie ins angrenzende Wohnzimmer.
»Läßt er Sie oft allein, so spät in der Nacht?«
»Das geht Sie nichts an.« Nur mühsam bezähmte Elizabeth ihren Zorn.
»Glauben Sie bloß nicht, er wäre Ihnen treu!« warnte Janet und lächelte boshaft.
»Ich nehme nicht an, daß er Ihnen treu war.« Plötzlich machte es Elizabeth Spaß, die Unverschämtheiten mit gleicher Münze zu vergelten. »Aber die Treue meines Ehemannes braucht Sie wirklich nicht mehr zu interessieren.«
Da brach Janet in höhnisches Gelächter aus. »Johnnie Carres Treue! Genausogut könnte man von den Kindern des Papstes reden. Einen Monat gebe ich Ihnen noch Zeit, meine Liebe. Noch ist Ihre Figur nicht völlig ruiniert. Sie wissen doch, daß er niemals Kinder wollte?«
»Vielleicht nicht von Ihnen«, konterte Elizabeth in gleichmütigem Ton, aber Janets Worte hatten ihr den Magen umgedreht.
»Oh, da waren wir uns einig. Können Sie sich ein schreiendes Balg in Johnnies Armen vorstellen? Noch nie im Leben hat er ein Baby angerührt.«
»Wie können Sie das wissen?«
»Weil ich ihn kenne. Seit der Laird geworden ist, meine Liebe. Und Sie kennen Johnnie nicht.«
»Dann ist es doch jammerschade, daß er Sie nicht geheiratet hat.«
Janets Augen verengten sich, ein häßliches Rot verdunkelte ihre Wangen. »In vierzehn Tagen gehört er wieder mir«, zischte sie.
»Hast du dich verirrt, Janet?« Johnnies kühle Stimme drang von der Tür herüber, und beide Frauen wandten sich zu ihm. »Gerade habe ich mit Culross über dich gesprochen. Er war sehr verständnisvoll. Auch er war einmal mit einer Frau verheiratet,
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