Flehende Leidenschaft
die er liebte. Und jetzt verschwinde.« Als er zu Elizabeth ging, nahm seine Stimme einen sanfteren Klang an. »Tut mir leid, meine Liebe.«
»Oh, zum Teufel mit dir!« kreischte Janet und schleuderte ihr Weinglas in seine Richtung. »Was weißt du schon von Liebe?«
Hastig zog er Elizabeth aus der Bahn des Wurfgeschosses, dann packte er Janet und schob sie über die Schwelle in den Flur hinaus. Sie war zu betrunken, um sich zu wehren.
»Bilde dir bloß nicht ein, du könntest mich rauswerfen!« schrie sie. »Du verdammter …«
Doch da drehte er bereits den Schlüssel im Schloß herum und lehnte sich an das geschnitzte Eichenholz.
»Jetzt bist du dran. Stürz dich auf mich, zerkratz mir das Gesicht. Jede Ehefrau würde das tun. Es gibt keine Entschuldigung für Janets Benehmen. Aber du mußt sie nie wieder sehen. In Zukunft werde ich mich anderswo mit Culross treffen.«
»O nein, dann wäre sie auch dabei. Er soll lieber hierherkommen. Allein.«
Erstaunt hob er die Brauen. »Bist du etwa mein Vormund?«
»Allerdings. Vielleicht solltest du alle deine früheren Geliebten warnen. Wenn sie sich hierher wagen, dann auf eigene Gefahr.«
»Also nimmst du mich an die kurze Leine?« fragte er grinsend.
»Ein Würgehalsband wäre noch besser.«
»Das klingt interessant. Willst du mir noch heute nacht eins anlegen?«
»Glaub nicht, du könntest mich vom Thema ablenken!« erwiderte sie. »Du gehörst mir, Johnnie Carre, und ich teile dich mit niemandem.«
»Wie schön!« Langsam ging er zu ihr. »Ich hätte nie gedacht, ich könnte eine besitzergreifende Frau lieben. Aber ich liebe dich von Tag zu Tag mehr. Und ich bedaure, daß ich so viele Jahre ohne dich verschwendet habe. Ja, ich gehöre dir. Das darfst du mit Fug und Recht behaupten.«
»Natürlich.«
»Bist du meiner so sicher«, neckte er sie.
»Völlig sicher.«
»Wer weiß?« flüsterte er und nahm sie in die Arme. »Vielleicht begründen wir eine neue Mode – die eheliche Treue.«
Heftige Winterstürme behinderten die Schiffahrt. Kurz vor Weihnachten kehrte Robbie heim, nachdem er zum letzten Mal in diesem Jahr nach Rotterdam gesegelt war. Obwohl die schottische Nationalkirche die sogenannten ›heidnischen Bräuche‹ verteufelte, wurde das Weihnachtsfest in Goldiehouse so fröhlich und pompös gefeiert, wie es der vorklösterlichen Tradition entsprach.
Johnnie überschüttete seine Frau mit Juwelen. Bis zum Dreikönigsfest sollte sie jeden Tag ein Schmuckstück erhalten, wenn sie auch protestierte und erklärte, er würde sie viel zu sehr verwöhnen.
»O Johnnie, das ist zu extravagant!« seufzte sie am dritten Abend, als sie im Bett saß und große Perlenohrringe aus einem Etui nahm. Aus der Halle dröhnte das Gelächter ausgelassener Zecher herauf, der Duft von Kiefernzweigen und Stechpalmen erfüllte das Schlafzimmer. »Die sind viel zu teuer.« Vorwurfsvoll lächelte sie ihren Mann an, der neben ihr lag.
»Schottische Perlen«, erklärte er. »Und ich kann meiner Frau so viele Juwelen schenken, wie es mir gefällt. Probier sie mal! Ich möchte dich nackt sehen, nur mit Perlen bekleidet.«
»Wüstling!«
»Ja, ich weiß. Ist es nicht wundervoll, daß wir uns so gut verstehen?«
»Oh, du verhätschelst mich viel zu sehr.«
»Wie ich mich entsinne, ist das die Pflicht eines Ehemanns.«
»Verlange ich zuviel?«
Er lachte. »Keine Bange, Liebling. Sicher kann ich all deine Wünsche erfüllen.«
An einem frostigen Nachmittag blieb Elizabeth daheim, um ein wenig zu schlafen. Johnnie ritt mit seinen Männern zu einem Pferderennen in Kelso, an dem zwei seiner Zuchthengste teilnahmen.
Als sie erwachte, war die Sonne untergegangen. Wohlig streckte sich Elizabeth unter der weichen, warmen Daunendecke. Das glatte Leinen rieb sich an ihrem nackten Körper – ein angenehmes, sinnliches Gefühl. Sie schaute zur Uhr hinüber, die auf dem Kaminsims stand. Schon nach halb fünf … Nun müßte das Rennen bald vorbei sein. Sie vermißte Johnnie. Seit der Hochzeit hatten sie sich immer nur für wenige Stunden getrennt.
Eine Zeitlang beobachtete sie, wie der zierliche goldene Minutenzeiger weiterkroch. Sollte sie etwas zu essen bestellen oder Helen rufen und sich beim Ankleiden helfen lassen? Hatte Johnnie Pläne für diesen Abend? Wurden Gäste im wartet? Über dem Tumult der weihnachtlichen Festivitäten hatte sie vergessen, was auf dem Programm stand.
Jedenfalls verspürte sie keinen Hunger, und im Augenblick legte sie auch keinen Wert auf die
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