Fleisch essen, Tiere lieben
Öko-Eier. Zwar ist es heute bereits möglich, die unerwünschten männlichen Küken schon vor dem Schlüpfen zu erkennen und auszusortieren – diese Methode ist aber bisher sehr teuer. Die Alternative wären Hühner, die sowohl gute Eierleger sind, als auch als Brathähnchen etwas hermachen: Am sogenannten »Zweinutzungshuhn« wird bereits geforscht – bisher aber mit wenig Erfolg.
Angesichts dieser Fakten mutet es seltsam an, dass Menschen wie Paul McCartney die Botschaft verbreiten, Vegetarismus sei ein Mittel, die Welt zu retten. Sicher, auch bei Eiern und Milchprodukten gibt es Abstufungen in Sachen Tierschutz und Qualität. Diesen Teil der Botschaft hat Paul aber anscheinend vergessen. Für Eier, Milch und Fleisch gilt aber die gleiche Regel: Ob man mit der Wahl seines Mittagessens eher Teil des Problems oder Teil der Lösung ist, liegt nicht so sehr am Produkt selbst, wie an dessen Herkunft.
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Der Hunger nach einfachen Wahrheiten
»Fleischessen bedeutet Hunger für die Welt. Es gibt mehr als genug Nahrung auf der Welt, um die gesamte Menschheit zu ernähren. Warum müssen also immer noch 840 Millionen Menschen hungern? Dafür ist teilweise unsere auf Fleisch basierende Ernährung verantwortlich. Denn Land, Wasser und andere Ressourcen, die für den Anbau von Nahrungsmitteln für den Menschen eingesetzt werden könnten, werden stattdessen für den Anbau von Futtermitteln für sogenannte ›Nutz‹-tiere verschwen det. Nach dem jüngsten Bericht der Compassion in World Farming wird Getreide, das dazu genutzt werden könnte, die Hungernden zu ernähren, stattdessen dazu verwendet, Tiere für Nahrung zu mästen.«
So stellt PETA den Zusammenhang zwischen Welthunger und Fleischkonsum her. In einem haben sie Recht: Hunger und Nahrungsmittelunsicherheit gehören zu den dringendsten Problemen überhaupt. Die Weltgemeinschaft hat sich 1996 feierlich dazu verpflichtet, den Hunger in der Welt bis zum Jahr 2015 zu halbieren – von rund 840 Millionen Menschen auf 420 Millio nen. ⁷⁷ 2015 ist mittlerweile erschreckend nah, und es gibt schlech te Nachrichten: Nicht nur ist das erstrebte Ziel nicht erreicht worden. Es ist sogar alles noch schlimmer geworden. Die Zahl der weltweit Hungernden ist auf über eine Milliarde gestiegen. ⁷⁸
Absurderweise sind gleichzeitig eine Milliarde Menschen so übergewichtig, dass sie ihre Gesundheit gefährden. Wenn an dieser Stelle noch jemand Zweifel gehabt haben sollte, machen spätestens die genannten Zahlen eindeutig klar: Mit unserem Lebensmittelsystem läuft etwas grundsätzlich falsch.
Was tun? Der deutsche Vegetarierbund sieht es wie PETA: Der Verzicht auf den jährlichen Import von 50 Millionen Tonnen Futtermittel in die EU würde ausreichen, um 600 Millionen Hungernden in der Welt eine zusätzliche Mahlzeit auf die Teller zu packen. Die Logik dieser Rechnung ist einfach: Um ein Kilo Fleisch zu produzieren, sind laut PETA 16 Kilo Getreide nötig. Würden alle aufhören, Fleisch zu essen, könnte man das gespar te Getreide an hungernde Menschen verteilen – und so das Pro-b lem Welthunger lösen. 16 Kilo sind wahnsinnig übetrieben – das Bundesministerium für Landwirtschaft spricht, wie bereits erwähnt, von 3,7 Kilo Getreide pro Kilo Rindfleisch – und sagt auch, warum die höheren Zahlen sinnlos sind: Sie stimmen nur, wenn die Tiere mit nichts als Getreide gefüttert werden. Aber zumindest in Deutschland bekommen die Tiere, Biorinder so wieso, vor allem Futter, das Menschen nicht verdauen können – Gärfutter aus Gras und Mais. An dieser Stelle in der Vegetarismusdebatte wird immer wieder gern Frances Moore Lappés Buch »A Diet For a Small Planet« zitiert: »Stellen sie sich vor, Sie setzten sich mit einem halben Pfund Steak zum Essen hin. Als Nächstes stellen Sie sich vor, im gleichen Zimmer säßen 45 bis 50 Menschen vor leeren Schüsseln. Die ›Fütterungskosten‹ Ihres Steaks könnte jede dieser Schüsseln mit einer ganzen Tasse gekochten Getreides füllen.« ⁷⁹ Lappé hat Recht. Aber: Wieder gilt diese Rechnung nur für Tiere, die mit Getreide gefüttert wurden. Für Tiere, die Futter gefressen haben, das Menschen nicht essen können, gilt das nicht. Im Gegenteil: Sie schaffen sogar eine zusätzliche Nahrungsmittelquelle – indem sie etwa dort grasen, wo Getreide- und Gemüseanbau nicht möglich oder nachhaltig wäre.
Aber lassen wir diesen Punkt einmal beiseite. Vergessen wir sogar den Preis, den die Umwelt, und damit wir, für die Getreide,
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