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Fleisch essen, Tiere lieben

Titel: Fleisch essen, Tiere lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theresa Baeuerlein
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werden Hühner gefressen. Aber ein Fuchs, der ein Huhn erlegt, hat seine Beute, im Gegensatz zum Menschen, nicht vorher mit Futter, Wärme und einem Dach über dem Kopf versorgt. So gesehen, dürfte das Huhn den Menschen dem Fuchs vorziehen. Es stellt sich die Frage: Was wäre, wenn wir die Natur nicht mehr als Opfer betrachten würden, sondern als Partner? Wie sähe die Welt aus?
    Die zweifellos berühmteste Koryphäe auf dem Gebiet der Tierethik ist der australische Philosoph Peter Singer, der glaubt, dass jede einzelne Mahlzeit eine wichtige ethische Entscheidung darstellt. In seinem 1975 veröffentlichten Buch »Animal Liberation«, ein Standardwerk für Tierrechtler, kommt er zu dem Schluss, dass die einzige ethisch vertretbare Ernährungsweise der Veganismus sei. Seine Argumentation ist so gut, dass jede Diskussion um Fleischkonsum oder Nichtkonsum ihre Glaubwürdigkeit an Singers Thesen messen muss. Singer ist Utilitarist, was, kurz gesagt, bedeutet, dass er Handlungen nach ihren guten oder schlechten Konsequenzen bewertet. In Bezug auf Nahrung sollte ein Esser bei der Wahl seines Abendessens also nicht danach gehen, was ihm schmeckt, sondern welche Auswirkungen, aufs Große und Ganze gesehen, seine Mahlzeit auf andere hat.
    Singer weist in »Animal Liberation« darauf hin, dass ein Gesetz in unserem Kulturkreis als unerschütterlich gilt: Alle Menschen sind gleich. Diesen Grundsatz haben die meisten von uns verinnerlicht. In Wirklichkeit sind Menschen natürlich alles andere als gleich. Der eine ist klug, der andere dumm, der eine kann kochen, aber versteht nichts von Tönen, der andere verhaut jedes Essen, kann aber Beethovens Neunte auf der Ukelele spielen. Was wir meinen, wenn wir sagen, dass alle Menschen gleich sind, ist, dass alle gleich behandelt werden sollten, egal, wie klug, dumm, sportlich oder lahm jemand ist. So weit ist alles klar. Wieso aber, fragt Singer, legen wir für Menschen und Tiere zweierlei Maß an? Was gibt uns das Recht, Tiere zu töten? Die Tatsache, dass sie weniger intelligent sind oder dass sie bestimmte Dinge nicht können – sprechen etwa? Dieser Logik nach müssten wir auch stumme oder geisteskranke Menschen töten dürfen. Und ohne Marsmenschen oder andere Aliens ins Spiel bringen zu wollen, ist doch die Frage interessant, was wir davon halten würden, wenn ein intelligenteres und empfindsameres Lebewesen, als wir es sind, uns den gleichen (Nicht-)Respekt entgegenbringen würde, wie den, den wir Schweinen zugestehen.
    »Speziezismus« ist ein Begriff, der genau dieses Verhalten beschreibt: Die Diskriminierung anderer Lebewesen aufgrund der Tatsache, dass sie einer anderen Art angehören. Und diese Denkweise sieht, wie Pollan in »The Omnivore’s Dilemma« feststellt, Rassismus unangenehm ähnlich. »Aber weist nicht die Tatsache an sich, dass wir uns dafür entscheiden können, aus moralischen Gründen auf Fleisch zu verzichten, auf einen entscheidenden Unterschied zwischen Tieren und Menschen hin, einen, der Speziezismus rechtfertigt? (…) Wir allein sind (wie Kant hervorgehoben hat) das moralische Tier, das einzige, das einen Begriff von ›Rechten‹ in Betracht ziehen kann. Verdammt, wir haben die verfluchten Dinger erfunden – für uns. Was ist also falsch daran, moralische Bedenken nur auf jene zu beziehen, die sie verstehen können?«, fragt Pollan weiter. Und gibt gleich selbst die Antwort: Kleinkinder und schwer geistig Behinderte haben auch kein Konzept von »Rechten«. Und dennoch schließen wir sie darin ein.
    Fragt man Lierre Keith, ist die Antwort auf das moralische Dilemma eindeutig: Wir haben keine Wahl. Denn egal, was wir essen: Der Tod ist mit im Spiel. Der Tod ist Teil des Lebens. Entweder, wir töten Tiere direkt und essen sie anschließend, oder wir verursachen den Tod von Lebewesen indirekt, indem wir per Ackerbau natürlich gewachsene Ökosysteme mit allen darin enthaltenen Tieren verdrängen, die verbleibenden Tiere mit Erntemaschinen töten und mit Pestiziden, Dünger und anderen landwirtschaftlichen Hilfsmitteln Boden und Gewässer dauerhaft vergiften. Ökolandbau ist eine wichtige Alternative und bisher die einzig vernünftige Idee, die auch in der Zukunft noch tragbar ist. Aber selbst wenn weltweit die gesamte Produktion auf Ökolandbau umsteigen würde, wären Tiere, und damit der Tod von Tieren, immer noch Teil dieses Systems. Das ist eine harte Wahrheit, mit der man erst einmal klarkommen muss.
    Natürlich gibt es Abstufungen. Für die

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