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Fleisch ist mein Gemüse

Fleisch ist mein Gemüse

Titel: Fleisch ist mein Gemüse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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und bat uns auf einen Schlummertrunk nebenan in die Gaststube.
    Torsten ging natürlich gleich ins Bett. So saßen der sichtlich erleichterte Veranstalter, Norbert, Gurki, Jens, die beiden Girls und ich in der menschenleeren Gaststube zusammen. Norbert und ich pichelten, was das Zeug hielt, während sich Jens und Gurki zurückhielten. Sie hatten ja noch etwas vor! Beide waren aufgeheizt bis zum Gehtnichtmehr und wollten sich diese einzigartige Gelegenheit unter gar keinen Umständen durch die Lappen gehen lassen. Auffällig unauffällig versuchten sie den Aufbruch einzuleiten, aber die beiden Girls hatten es nicht eilig und ließen sich lieber noch auf ein schönes Getränk einladen. Das mit dem Zappeln lassen hatten sie drauf.Die eine war ziemlich klein und erinnerte mich an Miss Piggy. Sie hatte dieses gewisse Säuische, das manche Männer sehr gern mögen. Die andere hatte lange braune Haare und ein beeindruckendes Dekolleté. Sie sah eindeutig besser aus als Miss Piggy, schien jedoch ziemlich phlegmatisch zu sein. Soweit ich sehen konnte, war die Verteilung bereits abgeschlossen. Gurki würde seine verdorbenen Phantasien an Miss Piggy ausleben, während ich Jensens Wurstfinger schon am Busen der Schläfrigen rumschrauben sah. Vielleicht ja auch nicht! Ich fixierte unseren zwergenhaft kleinen Bandleader, dessen bleicher, von Leberflecken entstellter Muckerkörper vor Erregung bebte, und ließ meinen Neidfilm ablaufen:
    Auf dem Hotelzimmer streift sich Miss Piggy ihr eng anliegendes T-Shirt vom drallen Körper, bereit für jede, aber auch jede Sauerei. Die eingewachsenen Speisereste in Gurkis ungepflegtem Schnauzbart riechen stechend nach schlecht ausgewischtem Apothekenschränkchen, sein weißes Smokinghemd ist verschmiert mit Soßenhaut. Er öffnet seine rissigen Lippen und sucht in der Dunkelheit mit blauschwarz belegter Zunge verzweifelt den Mund der Sexbraut. Er stinkt nach Kabelabrieb und defekten Elektrogitarren. Jetzt erst wacht die noch völlig benebelte Blondine auf; sie kann sich mit einem Tritt aus der schwitzenden Umklammerung des Bandleaders befreien und rennt in den Festsaal zurück. Mit affenartiger Geschwindigkeit robbt ihr Gurki auf allen vieren hinterher, jedoch vergebens: Atemlos erreicht die verängstigte Frau die Gaststube, in der immer noch der Veranstalter sitzt und die Abrechnung macht. Unter Tränen berichtet sie ihm von den Geschehnissen. Jetzt erreicht auch Gurki den Saal. Seine Lenden pulsieren im Blutstau, und aus seinem Mundwinkel läuft geiles Wasser. Flehend schaut er abwechselnd Miss Piggy und den Veranstalter an, der den Zwerg schließlich mit kräftigen Fußtritten in sein Zimmer zurückjagt.
    Tja, so malte ich mir das aus. Träume sind Schäume.
    Ich war jetzt zu Campari gewechselt. Herrlich, wie die bittersüße Matschepatsche den Hals hinunterrieselte und mich innerlich verklumpte. Da kommt man doch gleich wieder auf andere Gedanken. Der Veranstalter drosch langweiliges Veranstalterlatein, und Norbert drohte langsam einzunicken. Dann endlich waren die beiden Girls so weit. Enttäuscht sah ich der sexuellen Schicksalsgemeinschaft nach, die zum Vollzug abrückte. Jetzt saßen wir nur noch zu dritt in der bereits ziemlich ausgekühlten Gaststube. Der Veranstalter hatte sich richtiggehend in Rage geredet. Thema: Der Zusammenbruch des sozialistischen Lagers. Überraschenderweise teilte er unsere Sorgen: Die Überschwemmung des Marktes mit ostzonalen Billigacts: «Dann können wir den Laden hier dichtmachen.»
    Welchen Laden er wohl meinte?
Hotel Sievers
? Ganz Deutschland? Er verabschiedete sich mit den Worten, die ins Haus stehende Wiedervereinigung sei ja wohl eine
Schnapsidee
. Das sahen wir auch so! Am Ende die große Verbrüderungsszene: «Wenn wir uns morgen früh nicht mehr sehen: Ungelogen, ihr seid echt die beste Band, die ich seit langem gehört habe. Ihr habt heute den Abend gerettet. Ich verschaff euch so viel Jobs, wie ich kann.»
    Es war jetzt bereits sechs Uhr morgens, und Norbert und ich wankten vollkommen erledigt durch die endlosen Gänge des Hotels. Ich fror vor Erschöpfung. Endlich schlafen. Wir öffneten die Tür zu unserem Zimmer und fielen fast hintenüber. Ohneinohneinohnein. Eine schlimme Sauerei erreichte dort offensichtlich gerade ihren Höhepunkt: gurgelnde Laute, süßsauer geschwollene Hände, windschiefe Körper, von denen Schuppen und Placken rieselten, stechender Bieratem, ohnmächtiges Zucken, nach Luft schnappende Münder. Ein Albtraum. Im

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