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Fleisch ist mein Gemüse

Fleisch ist mein Gemüse

Titel: Fleisch ist mein Gemüse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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Gitarre ab und an Akzente. Sein Publikum besteht aus Ehepaaren ab fünfzig, die sich gut zu benehmen wissen und außerdem schon dafür dankbar sind, dass es den feinen Gentleman Roger Whittaker überhaupt gibt. Es ist allgemein bekannt, dass er nur ein paar Brocken Deutsch kann, und daher erwartet auch niemand anspruchsvolle Ansagen oder gar Anekdotenmarathons. Roger sagt ganz am Anfang des Konzerts einmal «Guten Abend» und ganz zum Schluss «Auf Wiedersehen», mit deutlich hörbarem Akzent, was sein Publikum sehr sympathisch findet. Ansonsten sitzt er exakt neunzig Minuten auf seinem Hocker, lächelt milde und singt ein Lied nach dem anderen. Zwischendurch pfeift er virtuos, was die Menschen ganz besonders mögen, insbesondere die Deutschen, denn Deutsche schätzen es, wenn jemand ein
Handwerk
beherrscht. Seine Band ist erstklassig und gut frisiert. Nach zwei Zugaben geht er endgültig ab. Es gibt weder vor noch nach dem Auftritt schlechte Gründe, Alkohol zu trinken oder sonst etwas Ausschweifendes zu tun, das die Nerven beruhigt, aber in Wahrheit nicht beruhigt, sondern schleichend zerrüttet. Roger mag auch viel lieber frisches Obst. Er findet Deutschland sehr schön, freut sich aber am Ende der Tournee schon wieder auf sein Schloss und die Familie. Alle paar Jahre macht er auch außerhalb der Reihe Schallplatten, etwa eine Weihnachtsplatte,
Weihnachten mit Roger Whittaker
. Dann muss er noch einmal für eine Woche nach Hamburg fliegen, aber er macht es ja gern.
    Roger Whittaker hat wirklich den besten Starjob der Welt! Nur ein einziges Mal hat er sich mit dem Lied
Eloisa
für meinen Geschmack etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt.
    «Sie hieß Eloisa und kam mir gleich etwas spanisch vor.
    Sie tanzte wunderbar, mich reizte die Gefahr.
    Blind ging ich ins Feuer, ich hab gewonnen, und ich verlor.
    Die Glut verbrannte mich, doch ich beklag mich nicht.
    Mit ihr war ich dem Himmel nah, auch wenn ich ab und zu dabei in die Hölle sah.
    Aber sie war schön, die Zeit, ich hab nichts bereut, Eloisa.
    Ich liebte dich mit Haut und Haar,
    bis der König in mir am Ende ein Bettler war.
    Aber sie war schön, die Zeit, ich hab nichts bereut, Eloisa.»
    Wenn man den onkelhaften Familienvater verschmitzt lächelnd auf seinem Barhocker sitzen sah, vermochte man sich dieses Inferno der Leidenschaft nicht so recht vorzustellen. Na ja, er hat diesen Ausrutscher mit meinem persönlichen all-time-favorite
Ein bisschen Aroma
auch schnell wieder wett gemacht:
    Ein bisschen Aroma, ein bisschen Paloma,
    ein bisschen Hallo heute Nacht irgendwo.
    Ein bisschen Aroma, ein bisschen Paloma,
    ein bisschen Chichi brauch ich heute, cherie, so wie noch nie.»
    A propos Aroma. Der Grandsigneur hat irgendwann einmal den Jacobskaffeesong gesungen, mit dem wir das Medley immer beendeten:
    «Und die Krönung der schönsten Stunden ist die Krönung von Jacobs Kaffee   …»
    Das vielleicht Pfiffigste, was sich
Tiffanys
jemals geleistet haben. Spätestens beim Wort
Kaffeeee
mit mindestens vier e wusste jeder, dass nur Roger Whittaker gemeint sein konnte, eben wegen der unnachahmlichen Aussprache. Gerade die Älteren fanden das immer sehr schön und verließen schmunzelnd die Tanzfläche. Vier Bier und fast eine Flasche Sekt waren zu viel für mich. Schwankend stand ich vorm Mikro und versuchte, an etwas Schönes zu denken.
Am Tisch daneben saßen zwei Neger.
Die Aufmunterungsversuche meiner Kollegen, denen mein Zustandnicht verborgen geblieben war, halfen auch nichts. Außer den beiden Girls waren schon fast alle auf ihre Zimmer gegangen. Den allerletzten Set eröffneten wir mit dem
Nick-McKenzie-Medley
, denn heute war ja schließlich die Nacht der Medleys! Nick McKenzie ist trotz des englischen Namens Holländer, wie George Baker. Vor meiner Zeit bei
Tiffanys
hatte ich den Namen noch nie gehörte, und ich fragte mich oft, wo die Kollegen ihn bloß ausgegraben hatten. Kernstück des Medleys war der Titel
Hallo, was machen wir heute
. Noch heute ertappe ich mich, wie ich ihn ab und an gedankenverloren vor mich hin summe.
    «Hallo, was machen wir heute,
    wir haben beide doch Zeit.
    Hallo, was machen wir heute,
    ich bin zu allem bereit.
    Der Zufall hat uns heut zusammengeführt,
    wir halten ihn fest, weil er uns allein gehört.
    Hallo, was machen wir heute,
    ich bin zu allem bereit!»
    Ob Nick McKenzie heute wohl noch was macht? Wir beschlossen die Veranstaltung wie immer mit
Blue Spanish Eyes
. Der Veranstalter bedankte sich noch einmal ganz herzlich

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