Fleisch und Blut 2: Thriller (German Edition)
Sekundenlang wägte er die Entscheidung ab, bis sich tief in seinem Inneren schließlich eine Stimme zu Wort meldete:
Es ist zu spät, Schätzchen. Du kannst nichts mehr für ihn tun – er ist bereits verloren.
Es war die Stimme seiner Mutter, die all seine Pläne über den Haufen warf und dafür sorgte, dass er Teddy komplett aus seinen Gedanken verdrängte.
71.
Es dauerte nicht lange, bis Claire wusste, mit wem sie es zu tun hatte. Das bunte Hemd des Agenten half ihrer Erinnerung sofort auf die Sprünge. Und das war auch nötig, dachte Claire, denn sein komplettes Gesicht war mit Blut verschmiert. Obwohl es inzwischen beinahe komplett getrocknet war, verwischte es dennoch seine Gesichtszüge und machte ihn beinahe unkenntlich.
Schnellen Schrittes näherte er sich und kam direkt auf sie zu. Claire wusste zwar nicht, was er vorhatte, ahnte aber, dass es nichts Gutes war. Denn sie konnte sehen, dass er seine Waffe gezogen hatte. Es war ein riesiger Revolver mit einem ungewöhnlich langen Lauf.
Claires Beklemmung wuchs mit jeder Sekunde. Sie rüttelte ein letztes Mal an ihren Fesseln und versuchte, sich zu befreien.
Doch es war vergebens.
„Was haben Sie vor?“, schrie sie.
Der Agent antwortete nicht . Stattdessen quittierte er die Frage mit einem breiten Lächeln. Seine strahlend weißen Zähne leuchteten im Zwielicht der Dämmerung und seine Augen funkelten. Schließlich erreichte er Claire und blieb direkt neben ihr stehen.
Sie sah zu ihm auf und noch ehe sie in der Lage war, etwas zu sagen, spannte er auch schon den Schlaghahn des Revolvers. Das Lächeln auf seinem Gesicht erstarb schlagartig. Dann ging er neben Claire in die Hocke. Gleich darauf packte er sie im Nacken und drückte sie nach vorne. So weit, bis ihre Nasenspitze auf ihrem Kugelbauch zu liegen kam. Sie versuchte, sich zu wehren, doch sie hatte nicht einmal die Spur einer Chance. Die riesige Pranke des Agenten umschlang ihren Hals und machte jede Bewegung unmöglich. Claire kam sich augenblicklich so vor, als wäre sie in einem Schraubstock gefangen.
„Keine Angst“, sagte der Agent, „es ist gleich vorbei. Entspannen sie sich.“
Doch Claire konnte sich nicht entspannen.
Jeder einzelne Muskel in ihrem Körper verkrampfte sich. Sie schloss die Augen und biss fest die Zähne zusammen. Denn insgeheim schien sie zu wissen, was als Nächstes geschehen würde.
Sie würde sterben …
Die Sekunden verstrichen. Sekunden, in denen sie nichts weiter tun konnte, als darauf zu vertrauen, dass es zumindest schnell vorbei seine würde. Dieser Gedanke war es letztlich auch, der Claire ein kleines bisschen Trost gab. Denn immerhin, dachte sie, würde sie auf diese Art weit weniger leiden müssen, als wenn die Vampire über sie herfielen.
Sie würde innerhalb von Sekundenbruchteilen in eine tiefe Bewusstlosigkeit abgleiten und schließlich …
… sterben!
Kaum hatte sie diesen Gedanken zu Ende gedacht, erklang hinter ihr auch schon der erste Schuss. Es war ein gewaltiges Donnergrollen, das durch die leere Mainstreet hallte.
Oh mein Gott …
Gleich darauf folgte auch schon der zweite.
72.
Peter ließ seine Hände ein letztes Mal über die Felskante gleiten. Er lehnte sich zurück und legte dabei sein ganzes Gewicht in die Bewegung.
Seine Handgelenke waren inzwischen komplett wund und er konnte spüren, wie sich die Kabelbinder bei jeder Bewegung tiefer in seine Haut schnitten.
Komm schon, verdammt nochmal…
Doch mit einem Mal erklang hinter ihm das Geräusch, nachdem er sich so sehr gesehnt hatte. Als das Plastik endlich riss, erzeugte es nur ein leises Schnalzen. Obwohl Peter wusste, was das zu bedeuten hatte, war er zunächst dennoch ein bisschen enttäuscht. Denn nachdem er sich eine halbe Stunde mit den Fesseln abgemüht hatte, hatte er sich insgeheim ein bisschen mehr erwartet.
So etwas, wie …
… einen lauten Peitschenknall!
Doch diese erste Regung wurde sofort von einem Gefühl reiner Freude aus seinen Gedanken gespült. Der Druck, der seine Hände gefangen gehalten hatte, verschwand schlagartig und Peter konnte sich wieder bewegen.
End-lich …
Seine Muskeln waren zwar noch immer völlig verspannt, doch mit jeder Sekunde , die verging, schien es besser zu werden.
Peter richtete sich auf und besah sofort die Stellen, an denen sich der Kabelbinder in seine Haut geschnitten hatte. Sie bluteten zwar ein bisschen, doch es waren nur oberflächliche Verletzungen, die keiner weiteren Aufmerksamkeit bedurften.
Deswegen
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