Fleisch und Blut 2: Thriller (German Edition)
nicht, dass es so weit kommt.“
„Nein“, sagte Andy sofort, „nein, noch tut es Ihnen nicht leid, Miss Hagen. Gar nichts tut Ihnen leid. Aber das wird es bald – sehr bald sogar.“
Dann ging er neben ihr in die Hocke und Claire begann sich zu fragen, was er vorhatte. Doch noch bevor sie auch nur eine Ahnung hatte, tat Andy etw as, womit sie nicht gerechnet hatte:
Seine rechte Hand schnellte vor – in die Richtung ihrer Kehle. Völlig unvermittelt und blitzschnell. Seine Finger umschlangen sofort die Kette um ihren Hals.
Die goldene Kette, die John ihr geschenkt hatte.
Claire ahnte sofort, was er vorhatte. Doch sie konnte sich nicht dagegen wehren. Und noch bevor sie sich versah, riss Andy die Kette ab.
Ein kurzer, kräftiger Ruck genügte, um ihr jeglichen Schutz zu nehmen.
„Jetzt, Miss Hagen…“, sagte Andy, nachdem er sich wieder erhoben hatte, „…jetzt wird es Ihnen leid tun. Das kann ich Ihnen versprechen.“
Gleich darauf ließ er Kette und Anhänger in seiner Jackentasche verschwinden.
Noch bevor Claire etwas sagen konnte, wandte er sich ab und verschwand in die dunkle Gasse, aus der er gekommen war.
67.
Peter gab alles.
Trotz seiner Schmerzen ließ er nicht locker.
Immer und immer wieder hob er seine gefesselten Hände und ließ sie über die Kante des Felsens gleiten, zu dem er gerobbt war.
Es hatte mehrere Minuten gedauert, den Weg kriechen d zurückzulegen.
Kriechend und mit dem Gesicht im Dreck.
Seine Nase hatte inzwischen wieder angefangen zu bluten und er hatte zwei Schneidezähle verloren, als er sich den Kopf an einem flachen Stein gestoßen hatte. Sie waren einfach abgebrochen und Peter hatte sie nacheinander ausgespuckt wie Kirschkerne.
Das war’s nun mit dem strahlenden Lächeln, Pete …
Dann hatte er sich wieder auf seine Aufgabe konzentriert.
Immer weiter, so ist’s gut, nur nicht aufhören…
Immer wieder hob er seine Hände, drückte sie an die Felskante und ließ sie wieder zurückgleiten. Dadurch wollte er die Kabelbinder durchschneiden, die ihn gefangen hielten.
Doch von Schneiden, dachte Peter, konnte eigentlich gar nicht die Rede sein. Dazu war die Felskante nämlich viel zu stumpf. Vielmehr wetzte er seine Fesseln daran und hoffte dabei inständig, dass es ihm mit ein bisschen Glück gelingen würde, sie so stark zu beschädigen, dass er sie letztlich zerreißen konnte.
Doch was in Filmen meist wie ein Kinderspiel aussah, war in der Realität ein echter Knochenjob und bereits nach den ersten paar Wiederholungen war Peter in Schweiß gebadet.
Die Schmerzen lähmten seine Bewegungen und machten sie träge. Und zu allem Überfluss sorgte die unnatürliche Körperhaltung dafür, dass sich seine Rückenmuskeln zunächst verspannten und schließlich komplett verkrampften. Die Schmerzen waren wie glühende Messerstiche, die sich an seiner Wirbelsäule entlangfraßen, von dort in den gesamten Körper ausstrahlten und ihm den Atem raubten.
Trotzdem gab er nicht auf.
Immer wieder hob er die Hände und ließ sie anschließen d wieder an der Felskante hinabgleiten.
Währenddessen wiederholte er in Gedanken immer und immer wieder das gleiche Mantra.
Ich schaffe es, ich schaffe es, ich…
Selbst die winzige Aussicht auf Erfolg gab ihm Kraft und diese Kraft wiederum schürte seine Zuversicht.
Denn mit ein bisschen Glück, dachte er, würde sein Plan doch noch aufgehen. Und dann…
… würde er endlich seinen gottverdammten Job erledigen und Claire Hagen ein für allemal dingfest machen.
Vorausgesetzt natürlich, dachte er, dass sie inzwischen nicht schon längst über alle Berge war.
68.
Claire sehnte sich förmlich danach, in einem Meer aus Vorwürfen und Selbstmitleid zu versinken.
Immerhin, dachte sie, war es genau das, womit die meisten Insassen der Todestrakte ihre letzten Augenblicke verbrachten:
Sie saßen stumm auf ihre n Pritschen und fragten sich, wie es nur so weit hatte kommen können. Gleichzeitig kramten sie in der Vergangenheit wie in einem riesigen Stapel Schmutzwäsche und suchten nach dem einen, ganz bestimmten Zeitpunkt in ihrem Leben, der ihnen letztendlich den Hals gekostet hatte.
Claire selbst hatte es dahingehen d ziemlich leicht – sie brauchte erst gar nicht lange zu suchen. Auch wenn das Unheil mit Amanda seinen Lauf genommen hatte, dachte sie, so war ihr Schicksal dennoch erst in der Hütte besiegelt worden. Ihr eigenes Todesurteil wurde an jenem Abend Gewissheit, an dem sie sich absichtlich von George beißen
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