Fleisch und Blut 2: Thriller (German Edition)
Gedärmen. Das war damals gewesen, dachte sie, als sie noch nicht gewusst hatte, dass man den vollautomatischen Feuermodus auch abstellen konnte. Inzwischen wusste sie es jedoch. Und außerdem hatte sie in den endlos langen Wochen in der Hütte reichlich Zeit gehabt, um ihr Ziel zu verfeinern.
Sie durfte nicht zögern, dachte Calire. Beim ersten Anzeichen von Gefahr, würde sie die beiden Gestalten erschießen.
Sie atmete noch einmal tief durch.
Dann öffnete sie die Fahrertür und stieg aus.
33.
Der Wagen hatte in einiger Entfernung gehalten – kaum einen Steinwurf entfernt.
Teddy versuchte zu erkennen, wer am Steuer saß. Doch die Sonne verwandelte die gesamte Windschutzscheibe in ein gleißendes Rechteck, das ihm völlig die Sicht nahm und ihn blendete. Dahinter war absolut nichts zu erkennen. Er konnte nicht einmal sehen, wie viele Personen in dem Wagen saßen.
„Wer zum Teufel ist das?“, fragte Teddy, „kennst du den Wagen?“
Doch noch ehe Andy antworten konnte, sprang die Fahrertür auf und eine Frau stieg aus. Sie blieb einen Augenblick hinter der Tür stehen und musterte abwechselnd Andy und ihn.
Teddy, der nicht wusste, was er sonst tun sollte, hob seinen gesunden Arm zum Gruß. Er winkte der Frau zu, senkte den Arm wieder und wartete auf irgendeine Reaktion.
Die Sekunden verstrichen.
Eine Woge der Erleichterung ging schließlich durch seinen Körper, als die Frau ebenfalls ihren Arm hob.
Doch Teddys Glücksgefühle versiegten jäh, als er erkannte, was die Frau in der Hand hielt. Sie hatte den Gruß nicht erwidert, dachte er, vielmehr hatte sie mit einer Waffe auf ihn und Andy angelegt.
Was zum Teufel...
Während Teddy noch völlig überrumpelt war und nicht wusste, wie er reagieren sollte, erkannte Andy den Ernst der Lage: Sofort hob er den Revolver und zielte damit auf die Frau.
„Los“, schrie er, „ Waffe fallen lassen!“
Die Frau schien davon nicht beeindruckt. Stattdessen starrte sie sie noch immer mit ihrem durchdringenden Blick an. Abwechselnd ging er von Andy zu Teddy – und dann wieder zurück. So, dachte Teddy, als würde sie überlegen, wen von beiden sie als erstes über den Haufen schießen sollte.
„Haben Sie mich nicht verstanden?“, rief Andy ein weiteres Mal, „Sie sollen die verdammte Waffe fallen lassen. Tun Sie es, oder ich schieße.“
Selbst diese Drohung zeigte keinerlei Wirkung. Die Frau zielte noch immer auf sie.
„Wer seid ihr?“, fragte sie schließlich mit ruhiger Stimme.
„Wer sind Sie , verdammt?“, erwiderte Andy.
Teddy konnte die Anspannung spüren, unter der der Junge in diesem Augenblick stand. Sie ging in warmen Wogen von ihm aus und sprang auf Teddy über. Gleichzeitig konnte Teddy aus den Augenwinkeln erkennen, wie sich sein Zeigefinger immer weiter am Abzug verkrampfte.
Es fehlte nicht viel, dachte Teddy, und er würde den Druckpunkt erreichen. Und wenn das passierte, würde die Frau das Feuer erwidern und den Jungen mit Sicherheit töten.
In diesem Punkt war sich Teddy absolut sicher. Immerhin dachte er, war sie mit einem Schnellfeuergewehr bewaffnet, während Andy nur seinen alten Revolver hatte. Es war ein ungleiches Kräftemessen, bei dem Andy mit Sicherheit den Kürzeren ziehen würde.
Teddy wusste, dass er handel n musste. Er musste dafür sorgen, dass sich die Situation entspannte.
„Nimm die Waffe runter, Junge“, presste er wie ein Bauchredner zwischen den Lippen hervor.
„Einen Scheiß werde ich tun“, erwiderte Andy, „zuerst soll sie ihre weglegen.“
„ Das wird sie nicht tun“, sagte Teddy.
„Woher wollen Sie das wissen?“
„Ich weiß es einfach, verdammt – vertrau mir. Sie ist besser bewaffnet als du. Und diesen Vorteil wird sie nicht leichtfertig aus der Hand geben, Junge. Also nimm die verdammte Waffe runter, bevor noch ein Unglück passiert. Lass uns mit ihr reden.“
Andy erwiderte nichts. Stattdessen zielte er noch immer auf die Frau, die hinter der offenen Wagentür stand. Für einen Augenblick herrschte absolute Stille.
Grabesstille, dachte Teddy, die so perfekt war, dass sie sich beinahe danach zu sehnen schien, durch einen lauten Schuss entweiht zu werden.
Obwohl er nicht gläubig war, stimmte Teddy in Gedanken ein Gebet an.
Lieber Gott im Himmel...
Währenddessen wurde die Stille unerträglich.
34.
Ginsberg sprach und Peter hörte zu.
Und mit jedem Wort, das er vernahm, bekam er eine bessere Vorstellung davon, wie abgebrüht und berechnend sein Partner dachte.
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