Fleisch und Blut - Der Kannibale
eigentlich?»
«Keine Ahnung.»
Irritiert blickten die beiden um sich und entdeckten den jungen Kommissar, wie er sich an einem Baumstamm fest hielt und sich die Lunge aus dem Hals kotzte.
«Der Arme. Die Gerichtsmedizin wäre nichts für Köppel, der kotzt ja schon bereits wenn er ein verkohltes Stück Scheisse anschauen muss», meinte Kägi trocken.
Nachdem ihnen Köppel zuwinkte und die Situation sich wenigstens in dieser Hinsicht entdramatisierte, wandten sie sich wieder der Feuerstelle zu.
«Sehen Sie, Aemisegger, der Täter hat eine Nachricht hinterlassen.»
«Eine Nachricht?», neugierig suchte der Kommissar nach Anhaltspunkten.
«Hier, schauen Sie, das Holzstück.»
«Was ist damit?» Langsam wurde Aemisegger unruhig.
«Da wurde etwas eingeritzt. Sehen Sie? Können Sie das deuten?»
«Nein.»
«Schauen Sie es sich genauer an. Wundert es Sie nicht, dass das Holzstück unverbrannt in der Asche liegt?»
«Doch, doch, schon.»
«Der Täter muss es nachträglich, als das Feuer bereits erloschen war, in die Asche gelegt haben.»
«Das ist möglich. Zeigen Sie: Was steht darauf?»
«Ich erkenne vier Buchstaben: ein K, ein U, ein S und ein I. Kusi. Können Sie etwas damit anfangen?»
«Kusi? Vielleicht sollte das Kussi heissen? Ein Verliebter hat seiner Angebeteten eine Liebeserklärung ins Holz geritzt.»
«Liebeserklärung? Nein, ich teile diese romantische Vorstellung nicht. Kusi könnte auch ein Name sein, warum nicht der Name des Opfers? Ich kenne auch jemanden, der sich Kusi nennt. Das wäre doch naheliegend, oder?»
Untersuchungsmediziner Kägi war sich ziemlich sicher.
«Wenn Sie meinen…. Also ich kenne keinen Kusi.»
Aemisegger wusste nicht, was er davon halten sollte. Ein Stück Scheisse, womöglich sogar vom Täter, und dann noch ein Holzstück mit einem eingeritzten Namen. Der Täter musste sich hier länger aufgehalten haben. Und bestimmt kannte er diese Hütte.
«Kusi ist die Abkürzung von Markus. So hiess mein guter Freund mit vollem Namen, und ich kann Sie auch gleich beruhigen: er ist garantiert nicht das Opfer. Mein Freund Kusi ist vor sechs Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Es müsste sich hier also um einen anderen Kusi handeln.»
«Markus oder Kusi. Lassen Sie mich das sofort abklären.» Aemisegger hielt bereits sein mobiles Telefon in den Händen und fluchte über Empfangsprobleme.
Kommissar Köppel, der sich inzwischen wieder etwas beruhigt hatte, fragte verwundert: «Wer ist Kusi?»
Menschenfleisch
Die Handlungsunfähigkeit machte Kommissar Aemisegger schwer zu schaffen. Die sich häufenden Knochenfunde verbunden mit den Leerläufen bei den Ermittlungen gingen ihm zusehends an die Substanz. Die Bilder der zerstückelten Opfer hafteten in seinem Kopf.
Allem Anschein nach erlaubte sich der Täter noch ein Spiel daraus machen. Für Aemisegger waren die plakativ gestreuten Knochen, das Ohr und das Auge in der Waldhütte genauso ein Zeichen dafür wie das Paket mit den Überresten von Jürg Ambauen. Ihm war klar, dass es sich beim Mörder um eine intelligente, abgebrühte, hochgradig kranke Persönlichkeit handeln musste. Er wusste nur nicht, in welchen Gefilden der menschlichen Abgründe er den Krankheitsgrad einordnen sollte.
Es fühlte sich für Aemisegger an, wie wenn er hinter einer Glasscheibe stand und zuschauen musste, wie einer nach dem anderen umgebracht wurde. Ein scheussliches Gefühl. Der Kommissar war wütend. Wütend über sich selbst und wütend darüber, dass der Journalist auf der Spur zum Täter gewesen war. Und er selbst nicht den blassesten Schimmer hatte, wie Jürg Ambauen auf diesen Hinweis gestossen war und wohin er am Abend seines Verschwindens hatte gehen wollen.
Wäre er in Begleitung von Aemisegger auf Recherche gegangen, hätte Aemisegger den Täter gefasst, davon war er überzeugt. Doch es half nichts, sich Gedanken zu machen, was gewesen wäre, wenn….
Aemisegger wählte die Nummer der Detektivin Carla Fuchs. Die Neuigkeiten würden sie interessieren. Der Kommissar wollte sich mit ihr treffen und hoffte, der Austausch mit der Kollegin würde ihm zu neuen Erkenntnissen oder Ermittlungsansätzen verhelfen. Und wenn sich das Gespräch mit einem Abendessen verbinden liesse, umso besser. Hungrig war er ohnehin. Aemisegger wusste nicht mehr, wann er das letzte Mal etwas Festes zwischen die Zähne gekriegt hatte.
Kommissar Aemisegger verabredete sich mit der Detektivin
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