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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Adel.
    Justin LeMoyne saß auf der Stuhlkante und ließ eine nicht angezündete Zigarette zwischen den Fingern einer Hand kreisen. Er hatte die Schuhe nicht mehr an, und der Aktenordner, mit dem ich ihn aus dem Auto hatte steigen sehen, stand neben seinen nackten Füßen. Auf seinem Schoß lag ein schwarz eingebundenes Drehbuch, und auf dem Schreibtisch lagen ein Mobiltelefon und ein Think-Pad. Aus der Nähe sah er älter aus - Anfang fünfzig -, und der Hals war an all den falschen Stellen aufgedunsen und eingefallen, die Gesichtshaut verlor ihren Halt am Knochen. Das wellige Haar fiel hinten über seinen Hemdkragen, aber ein zarter, präziser Haaransatz verriet die Transplantation. Die Augen hinter der winzigen Brille waren dunkel, leuchtend und unsicher.
    Andy Salander hockte unweit vom Fuß des Bettes, mit Khakihose und Polohemd so ähnlich gekleidet wie LeMoyne - seines war weiß mit einem olivfarbenen Kragen. Auf dem Nachttisch neben seinem Ellbogen stand eine offene Dose Bud. Der Aschenbecher auf dem anderen Nachttisch quoll über von Zigarettenstummeln, und das Zimmer roch nach Tabak und ruhelosem Schlaf.
    Milo stand hinter ihnen an dem beigefarbenen Chenillevorhang, der das durch das einzige Fenster des Zimmers einfallende Licht schmutzig wirken ließ.
    »Hi, Doktor«, sagte Salander mit brüchiger Stimme.
    LeMoyne packte das Drehbuch und tat so, als studiere er einen Dialog.
    »Hallo«, sagte ich.
    »Das ist Justin«, sagte Andy.
    »Erfreut, Sie kennen zu lernen, Justin.« LeMoyne schniefte, blätterte Seiten um.
    »Mr. Salander und Mr. LeMoyne haben sich zurückgezogen«!, sagte Milo. »Die Frage ist nur, wovor.«
    »Das letzte Mal, als ich nachgesehen habe, war es ein freies Land«, sagte LeMoyne, ohne aufzublicken.
    »Justin«, sagte Salander.
    Der ältere Mann blickte auf. »Ja, Andrew?«
    »Ich - wir ... Vergiss es.«
    »Ausgezeichnete Idee, Andrew.«
    »Ach, du meine Güte«, sagte Milo. »So eine einfache Frage.«
    LeMoyne sagte: »Nichts ist einfach. Und Sie haben kein Recht, in unser Privatleben einzudringen.« Zu Salander: »Du hättest ihn nicht reinlassen müssen, und es gibt absolut keinen Grund, weshalb wir ihm erlauben sollten zu bleiben.«
    »Ich weiß, Justin, aber ...« Zu Milo: »Er hat Recht. Vielleicht sollten Sie besser gehen, Detective Sturgis.«
    »Jetzt bin ich gekränkt«, sagte Milo.
    »Hören Sie schon auf«, sagte LeMoyne. »Die süße Tour zieht nicht. Wir haben uns schon gefallen lassen, dass Sie uns gefilzt und unsere Sachen durchwühlt haben. Wenn Sie etwas zu sagen haben, sagen Sie es und lassen uns dann in Ruhe.«
    Milo befingerte die Vorhänge, zog sie auseinander, drehte sich um und spähte durch das Fenster. »Blick auf die Tankstelle.« Er ließ den Stoff fallen. »Wenn ich in Beverly Glen wohnen würde, würde ich mich nicht hierher zurückziehen, Mr. LeMoyne.«
    »Jedem das Seine. Ausgerechnet Sie sollten das wissen.«
    Salander zuckte zusammen.
    Milo lächelte. »Die Sache ist die, Andy, diese Geschichte mit dem freien Land - die Leute wiederholen das wie ein Mantra, aber ganz so frei sind wir wirklich nicht. Das Gesetz legt bestimmte Beschränkungen fest. Ich habe Handschellen in meiner Tasche, und ich kann sie rausnehmen, sie um Ihre Handgelenke legen und Sie ins Gefängnis bringen und würde mich dabei durchaus auf dem Boden der Legalität bewegen.«
    Ein winziges Zittern erschien auf Salanders Lippen.
    LeMoyne blätterte weiter Seiten um. »Er versucht dich einzuschüchtern, Andy.« Zu Milo: »Das ist Blödsinn. Auf welcher rechtlichen Grundlage?«
    »Die Sache ist die, Andy«, sagte Milo, »es gibt einen rechtlichen Status namens Belastungszeuge, der Ihre Freiheit beträchtlich reduzieren kann. Das Gleiche gilt für ›Verdächtiger‹.«
    Salander wurde blass. »Ich habe nichts gesehen, und ich habe nichts getan.«
    »Das mag sein, aber mein Job ist es, einen Verdacht zu haben, und nicht, ein Urteil zu fällen. Und nach ein paar Tagen in Polizeigewahrsam -«
    »Quatsch«, sagte LeMoyne und begann aufzustehen. »Hören Sie auf, ihm Angst einzujagen.«
    »Bitte, bleiben Sie sitzen, Sir.«
    »Quatsch«, wiederholte LeMoyne, aber er setzte sich wieder. »Das ist unanständig. Repressiv. Ausgerechnet Sie sollten -«
    Milo drehte LeMoyne den Rücken zu. »Was mir Kummer bereitet, Andy, ist, dass ich Sie ausdrücklich gebeten habe, sich zur Verfügung zu halten. Weil Sie die letzte Person sind, die Lauren Teague lebend gesehen hat, und damit werden Sie eindeutig zu

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