Fleisch und Blut
einem wichtigen Zeugen. Aus meiner Perspektive macht die Tatsache, dass Sie einverstanden waren, verfügbar zu bleiben, aber Ihr Wort nicht gehalten haben, Sie zu einer interessanten Person.«
Lange Pause.
Salander sagte: »Es tut mir Leid -«
»Herr im Himmel«, sagte LeMoyne. »Hör auf zu reden, Andrew. Halt den Mund -«
»Sie haben Ihr Wort gebrochen, Andy. Das und die Tatsache, dass Sie sich hier in dieser idyllischen Unterkunft verstecken -«
»Wir verstecken uns nicht«, sagte LeMoyne und nahm das Telefon in die Hand. »Ich rufe meinen Anwalt an. Ed Geisman. Geisman und Brandner.«
»Bitte sehr«, sagte Milo. »Wenn es allerdings dazu kommt, bin ich natürlich nicht mehr in der Lage, die sich daraus ergebende Publicity unter Kontrolle zu halten - Agent und Verdächtiger in billigem Hotel festgenommen ...« Er machte eine halbe Drehung zurück zu LeMoyne. »Ich hatte den Eindruck, Agenten zögen es vor, Geschichten zu verkaufen, nicht, sie zu schreiben.«
»Wenn Sie mich diffamieren, werde ich Sie verklagen.«
»Wenn ich Sie diffamierte, würde ich zu Recht verklagt werden, Sir. Aber durch die Freigabe akkurater Fakten entsteht keine Diffamierung.«
»Justin, das ist verrückt«, sagte Salander, »warum streiten wir uns? Ich habe doch nichts getan. Alles was ich will ist - die Story ist mir egal.«
»Sei still«, sagte LeMoyne scharf.
Milo lächelte. Schob sich näher an das Bett heran. »Die Story. Also ist das hier eine Story-Konferenz.« Er lachte. »Ihr veranstaltet ein Meeting.«
»So ist es nicht«, erwiderte Salander und wischte sich über die Augen.
»Hör auf zu plappern«, befahl LeMoyne. »Das steht dir nicht.«
»Es tut mir Leid, Justin -«
»Hör auf, dich zu entschuldigen!«
»Lassen Sie mich raten«, sagte Milo und trat zwischen die beiden Männer. »Mord an einer blonden Schönheit - Einblicke eines Insiders. Denken Sie an die große Leinwand oder an eine Fernsehproduktion?«
»Nein«, sagte Salander. »Nein, nein, es ist bloß - Justin sagte, wenn wir die Idee bei der Writers Guild registrieren ließen, wären wir geschützt - es wäre wie eine Lebensversicherung.«
»Ah«, sagte Milo. »Sie glauben, wenn jemand anfängt, auf Sie zu schießen, kommt die Writers Guild zu Ihrer Rettung angeritten? Das muss eine neue Dienstleistung in ihrem Programm sein.«
Salander begann zu weinen.
»Sie Arschloch«, sagte LeMoyne. »Es macht Ihnen Spaß, ihm Angst einzujagen, nicht wahr?«
»Er hat bereits Angst«, erwiderte Milo. »Stimmt doch, oder, Andy?«
»Nennen Sie ihn nicht beim Vornamen. Das ist erniedrigend. Nennen Sie ihn ›Mister‹. Behandeln Sie ihn mit Respekt.«
»Es ist mir egal, wie er mich nennt, Justin.« Salander schniefte. »Ich möchte bloß in Sicherheit sein.«
»Das ist das Problem«, sagte LeMoyne.
»Was?« Panik in Salanders Stimme.
»Es ist dir egal. Dir sind einfach zu viele Dinge egal. Und sie konsequent zu durchdenken liegt dir auch nicht besonders.«
»Hör auf, Justin -«
LeMoyne schlug das Drehbuch zu. »Das ist Bockmist. Ich habe Termine verlegt, Meetings abgesagt - mach, was du willst, Andy. Es ist dein Leben, fang damit an, was du -«
»Die Sache ist die«, sagte Milo, »es ist mir egal, ob Sie die Story registrieren lassen. Holen Sie eine Million Dollar aus Laurens Tod heraus, das ist der American Way. Aber nicht bevor Sie mir sagen, was Sie wissen. Wenn Sie das nämlich nicht tun, kommt ein anderer Grund für die Einschränkung Ihrer Freiheit ins Spiel: Zurückhaltung von Beweismitteln.«
»Ach, Bockmist«, sagte LeMoyne. »Das ist einfach totaler Bockmist. Ich ziehe mich zurück, Andrew.«
»Ich brauche deine Hilfe, Justin.«
LeMoyne lächelte angewidert. »Oh, ich glaube nicht, Andy. Ich glaube, du kommst ganz gut allein zurecht.«
»Das tu ich nicht. « Salander wischte sich die Nase am Ärmel ab. »Ich brauche wirklich jemanden, der mich unterstützt, Justin -«
»Das ist ein nagelneues Hemd, nimm ein Papiertaschentuch, um Himmels willen.«
Salander sah sich hilflos im Zimmer um. Milo entdeckte die Kleenex-Schachtel auf dem Boden und reichte sie ihm.
»Was soll ich tun, Justin?«
»Tu, was du willst.«
Schweigen.
»Ich weiß es nicht«, sagte Salander und griff nach der Bierdose.
»Hör auf damit«, sagte LeMoyne. »Du hast genug getrunken.«
Salanders Hand zuckte zurück. Er schlang die Arme um sich. »Oh!«, sagte er. »Das ist... so restriktiv.«
LeMoyne schüttelte den Kopf. »Ich gehe jetzt.« Aber er rührte sich nicht
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