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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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tanzten, hinuntergezogen wurden, das Kreisen von Haien, die endlose Klage einer Mutter.
    Cheryl Duke ging beim fünften Klingeln an den Apparat. »Oh. Hi.«
    »Hi.«
    »Wow. Du hast angerufen.«
    »Du klingst überrascht«, sagte ich.
    »Nun ja ... man weiß nie.«
    »Oh«, sagte ich, »ich glaube, dass man dich nicht allzu oft ignoriert.«
    »Nein«, sagte sie fröhlich. »Nicht allzu oft. Und nun ...?«
    »Ich dachte, wir könnten uns vielleicht treffen.«
    »Dachtest du? Hmmm. Nun ja, was hast du dir denn vorgestellt?«
    »Es ist ein bisschen spät zum Abendessen, aber es wäre okay, falls du noch nicht gegessen hast. Oder vielleicht auf einen Drink?«
    »Ich hab schon gegessen.« Kichern. »Du hast also an Essen und Trinken gedacht, wie?«
    »Das wäre ein Anfang.«
    Ich habe daran gedacht, dass deine Kinder ermordet werden. Daran, wie ich dich am besten warnen kann.
    »Irgendwo muss man anfangen«, sagte sie. »Wo und wann?«
    »Da bin ich ganz offen.«
    »Auch offenherzig?«
    »Das bilde ich mir ein.«
    »Jede Wette ... Hmm, ich hab grade die Kinder ins Bett gebracht... Wie war's in einer halben Stunde?«
    »Wo?«
    Noch ein Kichern. »Einfach so, wie? Johnny ist auf der Stelle einverstanden?«
    »Wenn ich motiviert bin.«
    »Da möcht ich wetten«, sagte sie. »Nun ja ... wie war's denn mit nichts zu trinken, nur etwas intelligente Unterhaltung?«
    »Klar. Das ist prima.«
    »Nur Unterhaltung. Wenigstens zunächst.«
    »Absolut.«
    »Johnny ist einverstanden.«
    »Ich bemühe mich«, sagte ich.
    »Bemühe dich, und du wirst belohnt... Ähmm, ich kann nicht allzu weit von hier weg - die Kinder.«
    »Wie war's mit dem gleichen Ort - dem County Mart?«
    »Nein«, sagte sie. »Zu viel Öffentlichkeit. Triff mich am Strand, an dem alten Pier von Paradise Cove. Unten, wo früher das Sand Dollar war - wo du dein Kajak bekommen hast. Es ist ruhig da, ganz intim. Schön ist es auch. Manchmal gehe ich allein dorthin, nur um aufs Meer zu schauen.«
    »Okay«, sagte ich. »Aber unten neben dem alten Wärterhäuschen ist ein Schlagbaum.«
    »Stell den Wagen am Straßenrand ab und geh den Rest zu Fuß. Das mache ich immer. Wenn du meinen Expedition am Rand stehen siehst, weißt du, dass ich da bin. Falls nicht, heißt das, mir ist was dazwischen gekommen - eins der Kinder ist aufgewacht, egal was. Aber ich tue, was ich kann.«
    »Super. Ich freue mich schon.«
    »Ich auch, Alex.«
     
    Um diese Zeit war die Fahrt völlig problemlos, und ich bog um 21 Uhr 55 vom PCH auf die Straße zur Paradise Cove ab. Ich rollte langsam über die Bodenschwellen und hielt nach Cheryls Expedition Ausschau. Von dem Geländewagen war nichts zu sehen, als der Schlagbaum in Sicht kam, und ich fuhr links an den Rand, parkte, saß eine Weile dort und versuchte mir zurechtzulegen, wie ich etwas, das sie für ein Rendezvous hielt, in eines der unheimlichsten Gespräche umbiegen könnte, das sie je geführt hatte.
    Ein Rendezvous. Ich hoffte, ich wäre wieder zu Hause, be- vor Robin eintraf. Falls ich das nicht schaffte, würde ich einfach sagen, ich wäre herumgefahren.
    Ich blieb noch eine Weile in dem Seville sitzen, entwickelte ein nicht gerade unkompliziertes Drehbuch, fragte mich, ob Cheryl tatsächlich kommen würde und, falls nicht, ob das Grund genug für mich wäre, die ganze Sache aufzugeben und die Stadt mit Robin zu verlassen ... normal zu sein.
    Ich stieg aus, ging zu Fuß zu der Baustelle hinunter, wobei ich einen zaghaften Viertelmond als Kompass benutzte. Kam unten an und wich Nägeln und Planken, Schindeln und Brettern aus.
    Eine kühle Nacht mit einem von Sternenlicht gesprenkelten schwarzpurpurfarbenen Himmel, das Wasser unten tintenschwarz mit identischen Flecken. Weiter südlich hingen die Überbleibsel des Piers von Paradise Cove mit der Schlagseite eines Betrunkenen im Wasser, die Stützpfähle neigten sich gefährlich dem Ozean entgegen. Jemand hatte den Maschendraht zurückgezogen, der den Zugang versperrte, und einen Augenblick lang fragte ich mich, ob ich allein war. Aber als ich stehen blieb, sah ich keine Bewegung außer den von der Brise angestupsten Sykomorenzweigen und hörte nichts außer der Brandung.
    Ich ging ziellos herum, hatte seit meiner Ankunft keine weiteren Einblicke gewonnen. Das heisere Brummen eines Motors näherte sich langsam von der Zufahrtsstraße. Dann schlug eine Wagentür zu. Schritte. Rasche Schritte.
    Cheryl Dukes Sanduhr-Silhouette erschien Sekunden später, stieg den Abhang gewandt hinunter. In

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