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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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mich, wie ich ihr je einen Eindruck von Gefahr vermitteln könnte. Sie begann tonlos zu summen. Schloss die Augen. Machte blind mehrere Schritte.
    Summend, aber nicht ohne Angst. Von Sternen beschienene Schweißströme liefen aus ihren Achselhöhlen die Schwellung ihrer Brust hinunter. Sie begann nach Luft zu schnappen, ging aber weiter.
    Endlich - ohne Vorwarnung - machte sie einen Schritt von der Kante weg und rief »Ja!« zum Himmel hinauf. Massierte ihre Brüste und rief erneut. Dann setzte sie sich auf die Bretter, zog die Knie ans Kinn und senkte den Kopf.
    »Alles in Ordnung?«, fragte ich.
    »Mir geht's super - komm her.«
    Ich trat näher an sie heran, und sie zog mich zu sich herunter. »Du bist ein Waschlappen, aber du bist süß.« Sie schnupperte an meinem Hals und legte den Kopf an meine Schulter. »Wir könnten es gleich hier machen. Wenn ich daran interessiert wäre, es zu machen.« Sie griff mir ins Haar, zog sanft daran, dann härter. »Auf dem Bild in meinem Kopf sind wir dort hinten.« Sie zeigte mit dem Daumen auf die Kante. »Du liegst unten, ich oben, und dein Kopf hängt über den Rand, und du siehst zu mir hoch, steckst tief in mir, deine Eier schlagen gegen meinen Arsch, so vertieft darin, was ich mit dir anstelle, dass es dir egal wäre, wenn du tatsächlich runterfällst - na, wie klingt das?«
    »Ich habe nichts gegen neue Erfahrungen, aber -«
    »Du willst Nein sagen?«
    »Ich will sagen, ich lebe lieber noch ein paar Jahre.«
    »Waschlappen«, sagte sie von oben herab. »Du würdest so ein Angebot ausschlagen, weil es ein bisschen gefährlich ist?« Mit lächelnder Verachtung tätschelte sie mir den Kopf, stand auf, beugte sich herunter, schwang ihre Brüste auf meinen Mund zu, bog sich dann zur Seite.
    »Zu dumm, kleiner Mann. Ich brauche Hingabe«, sagte sie mit harter Stimme. »Hatte genug mit Waschlappen und Verlierern -«
    Ich kam auf die Füße. »Tony Duke ist ein Waschlappen?«
    Lächelnd kam sie auf mich zu. Streckte die Hand aus und streichelte wieder über mein Haar. Lackierte Nägel warfen Sternenlicht zurück. Sie berührte meine Kinnspitze, holte aus und schlug mir hart auf den Mund. Mein Kopf schwang hin und her, und meine Zähne summten, als hätte ich auf ein stromführendes Kabel gebissen.
    »Du kennst mich nicht, also tu auch nicht so.«
    Meine Unterlippe pochte. Als ich sie anfasste, wurden meine Finger feucht.
    »Du hast die Stimmung verdorben«, sagte sie.
    »Weil ich nicht über der Kante hänge.«
    »Ach«, sagte sie. »Du bist wirklich ein Waschlappen - dein Pech.« Sie tätschelte sich im Schritt. »Mit dem, was ich hier habe, könnte ich dich schnappen wie eine Schildkröte und dich trockenlegen wie mit einer Pumpe.«
    Geübte Sprüche. Nuttensprache.
    Hatte sie auch freiberuflich angeschafft, genau wie Lauren? Zwischen Rollschuhlaufen und Tanzen, oder war es ihr Hauptjob gewesen, bevor sie Ben Dugger und Tony Duke kennen lernte?
    Sie schlüpfte wieder in ihr T-Shirt und ihre Strickjacke, spreizte die Beine - nicht verlockend, eine Kampfstellung - und zeigte mir den Mittelfinger. »Er hält sich für so schlau.«
    Sprach von mir in der dritten Person. Ihre Grammatik war mehr als symbolisch, und ich wusste, dass hier mehr nicht stimmte, als dass ich es versäumt hatte, ihren sexuellen Ansprüchen gerecht zu werden.
    Ein Publikum. Bevor ich die Bedrohung richtig einordnen und überlegen konnte, was zu tun war, tauchte ein Mann aus den Schatten am anderen Ende des Piers auf. Näherte sich uns.
    Cheryl drehte sich um und ging auf ihn zu. Er war kaum zu sehen, weil er, anders als sie, Tarnkleidung angelegt hatte.
    Ein schwarzer Trainingsanzug, schwarze Schuhe. Er und Cheryl trafen sich in der Mitte des Piers. Alles war geprobt, ich hatte als Einziger improvisiert.
    »Er hält sich für schlau«, sagte Cheryl.
    Kent Irving sagte nichts. Sein messingfarbenes Haar war zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, was die Breite seines runden, roten Gesichts betonte. Ein leidenschaftsloses Gesicht. Etwas Silbernes, Spiegelndes war in seiner rechten Hand.
    Cheryl ließ ihre Zähne blitzen und zog ihr weißes T-Shirt straff.
    »Schatz«, sagte sie.
    Irvings schmallippiger Mund blieb geschlossen.
    »Es ist gut, dass du jetzt gekommen bist, Schatz«, sagte sie zu ihm. »Er war kurz davor, mich wie wild zu ficken, hätte mich vergewaltigt und über die Kante geworfen.«
    Sie küsste ihn aufs Ohr. Irving reagierte immer noch nicht. Er kam näher. Ich konnte nirgendwo hingehen als

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