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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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meiner Hemdbrust aus. Als ich sie küsste, schmeckte ihre Zunge nach Kaffee. Ihre rotbraunen Locken waren offen und länger als gewöhnlich. Wenn sie zum Friseur geht, ist das eine Sache von einem halben Tag und mehr als hundert Dollar, die sie in einem Laden in Beverly Hills zurücklässt. Ich konnte mich nicht erinnern, wann sie zuletzt die Zeit und das Geld erübrigt hatte. Sie war beschäftigt mit einer anscheinend endlosen Flut von Aufträgen, Gitarren zu bauen und zu reparieren. »Besser als die Alternative«, lautete ihr Kommentar, wenn ich erwähnte, wie lange sie arbeitete. Vor einigen Wochen hatte sie eine neue Ansage auf ihrem Anrufbeantworter aufgezeichnet:
    »Hallo, hier spricht Robin Castagna. Ich bin draußen in der Werkstatt beim Schnitzen und Kleben und würde schrecklich gern mit Ihnen reden, aber es wird noch eine Weile dauern, bis ich wieder höflich sein kann. Falls Sie eine dringende Nachricht haben, sprechen Sie sie bitte detailliert auf Band, aber ...«
    Wir küssten uns noch ein bisschen, und Spike jaulte protestierend. Er ist eine Französische Bulldogge, ein fünfundzwanzig Pfund schweres, schwarz gestreiftes Fass mit aufgerichteten Fledermausohren und täuschend sanften braunen Augen. Ich bin derjenige, der ihn an einem heißen, trockenen Sommertag gerettet hat, aber Dankbarkeit ist nur ein Wort; von dem Moment an, als Robin ihn anlächelte, wurde ich als Ärgernis betrachtet.
    Ich behielt eine Hand an Robins Hintern und legte meine Aktentasche auf den Tisch. Spike stupste sie gegen das Schienbein. Sie sagte: »Einen Moment, mein Hübscher.«
    »Klar«, sagte ich. »Füttere sein Ego auch noch.«
    Sie lachte. »Du siehst auch nicht übel aus.«
    Spikes platter Kopf drehte sich zu mir herum, und er funkelte mich an - ich kann beschwören, dass er Englisch versteht. Seinem Kehlkopf entrang sich ein ersticktes Grollen, und er scharrte mit einer Vorderpfote.
    »Lefzen-Tom geruht zu sprechen«, sagte ich.
    Grummel, grummel.
    »Streitet euch nicht, Jungs«, sagte Robin und bückte sich, um ihn zu streicheln. »Langer Tag, mein Süßer?«
    »Er oder ich?«
    »Du.«
    Ich hatte gedacht, die Fröhlichkeit in meiner Stimme klänge echt, und überlegte, warum sie gefragt hatte. »Lang genug, aber vorbei.«
    Spike geiferte. Ein Hals von dreiundfünfzig Zentimetern Umfang zitterte. Speichel sprühte.
    »Ich bleibe heute Abend hier, Kumpel. Finde dich damit ab.«
    Seine Augenwinkel zogen sich zusammen, als er aus dem Bauch heraus zu knurren begann. Ich küsste Robin aus reiner Boshaftigkeit auf den Nacken. Spike begann höher zu springen, als Stummelbeine ihn hätten katapultieren dürfen, und Robin fügte etwas aus dem Kühlschrank zu seinem Abendessen hinzu und stellte es auf die Veranda. Seine Nase war darin vergraben, bevor die Schüssel auf dem Boden stand.
    »Ist das das Filet Stroganoff von gestern Abend?«, fragte ich.
    »Ich dachte, wir wären damit fertig.«
    »Jetzt sind wir's.«
    Sie lachte, bückte sich, hob ein einzelnes Stück Fleisch auf und gab es ihm. Schnaufend steckte er den Kopf wieder in die Schüssel. »Bon appetit, Monsieur.«
    »Er würde Foie gras und einen feinen Burgunder vorziehen«, sagte ich, »aber er lässt sich herab.«
    Sie legte mir die Arme um den Hals. »Also, was liegt an?«
    »Was sollen wir zu Abend essen?«
    »Hab noch nicht drüber nachgedacht«, sagte sie. »Irgendwelche Vorschläge?«
    »Wie war's mit seinen Resten?«
    »Jetzt bist du miesepetrig.« Sie wollte gehen, aber ich hielt sie fest, streichelte ihren Nacken, ihre Schulterblätter, fuhr mit den Händen unter ihr Top und legte eine Hand über eine Brust...
    »Zuerst das Essen«, sagte sie. »Dann, vielleicht.«
    »Vielleicht was?«
    »Das Vergnügen. Wenn du dich benimmst.«
    »Nenn mir deine Bedingungen.«
    »Ich nenne sie dir, während wir dabei sind. Was ist heute schief gegangen?«
    »Wer sagt denn, dass irgendetwas schief gegangen ist?«
    »Dein Gesicht. Du bist ganz verspannt an den Kanten.«
    »Fältchen«, sagte ich. »Der Alterungsprozess.«
    »Ich glaube nicht.« Ihre kleine, feingliedrige Hand legte sich auf meine Knöchel.
    »Sieh mal«, sagte ich, zog meine Lippen mit den Daumen auseinander und ließ los. »Mr. Happy.«
    Sie sagte nichts. Ich saß da und erfreute mich an ihrem Gesicht. Noch ein herzförmiges Gesicht. Olivenfarbener Teint, eingerahmt von der Lockenpracht. Gerade Nase, volle Lippen, die ersten Spuren von Krähenfüßen und Lachfältchen um mandelförmige Augen mit der Farbe

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