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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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zu erfahren, was sie als Berufsbezeichnung angegeben hat.«
    Er fand einen von einer Büroklammer zusammengehaltenen Stapel Abrechnungen ihrer Visa Gold Card, den er sich genauer ansah, während ich ihm über die Schulter blickte.
    Die Belege umfassten sechs Monate. Lauren hatte nur eine Hand voll Einkäufe jeden Monat mit der Karte bezahlt: Supermärkte und Tankstellen, die Buchhandlung auf dem Campus der Uni. Und Rechnungen von Neiman-Marcus und verschiedenen Designerboutiquen, die sich auf neunzig Prozent ihrer Ausgaben beliefen.
    Berufskleidung ...
    Keine Motel- oder Hotelrechnungen. Das machte Sinn, falls sie bar bezahlt hatte, um keine Spuren zu hinterlassen. Oder falls jemand anders für ihre Zeit und Unterkunft bezahlt hatte.
    In der untersten Kommodenschublade befand sich ein weiterer Stapel Blätter. »Da wären wir«, sagte er, »zwischen den Kaschmirpullis. Vier Jahre Einkommenssteuer ... Sieht so aus, als hätte sie die Erklärungen selbst erstellt. Nichts aus der Zeit davor - es beginnt in dem Jahr, als sie einundzwanzig wurde.«
    Er überflog das IRS-Formblatt. »Sie hat sich als ›selbstständiges Fotomodell und Studentin‹ bezeichnet, Ausgaben für den Wagen, Bücher und Kleidung geltend gemacht ... Das war's so ziemlich ... Keine Studentendarlehen, keine Arztkosten ... auch kein Wort von einem Job in einem Forschungslabor ... In jedem der vergangenen vier Jahre hat sie fünfzigtausend brutto deklariert und auf vierunddreißig netto reduziert.«
    »Fünfzigtausend pro Jahr kommen rein«, sagte ich, »und sie schafft es, jeden Cent zu investieren?«
    »Yeah - hübsch, nicht wahr?« Er ging hinüber zum Schrank und machte eine Tür auf, hinter der ein eng gepacktes Sortiment von Seidenkostümen und -blusen zum Vorschein kam, Hosenanzüge in einer breiten Farbpalette, Leder- und Wildlederjacken. Zwei Pelzmäntel, einer kurz und silbern, der andere lang und schwarz. Rund dreißig Paar Schuhe.
    »Versace«, sagte er, ein Etikett ins Auge fassend. »Vestimenta, Dries van Noten, Moschino - ›Polarfuchs‹ von Neiman ... und dieses schwarze Ding ist ...« Er zog den Aufschlag des langen Mantels zur Seite. »Echter Nerz. Von Mouton am Beverly Drive - gib mir noch mal die Visa-Quittungen ... Durchschnittlich rund tausend im Monat für Klamotten - das ist weniger, als eins dieser Kostüme wert ist, also hat sie mehr ausgeben müssen, hatte Bargeld, das sie nicht deklariert hat.«
    Er schloss die Schranktür. »Okay, setzen wir Steuerhinterziehung auf die Liste ihrer Hobbys ... Im Alter von fünfundzwanzig Jahren hat sie mehr als dreihundert Riesen zurückgelegt. Wie Momma sagte, sie hat gut für sich gesorgt.«
    »Die ersten hundert plus die drei Einlagen von fünfzigtausend ergeben zweihundertfünfzig«, sagte ich. »Woher kam der Rest, Wertsteigerung des Aktienpakets?«
    Er wandte sich wieder den Papieren der Maklerfirma zu, legte den Finger auf einen Saldo. »Ja, neunzigtausendfünfhundertzwei Dollar langfristige Kapitalsteigerung‹. Sieht so aus, als hätte unser Mädchen ihre Haut zu Markte getragen und auf Hausse spekuliert.«
    »Das wäre eine Erklärung dafür, dass sie diesen Job an der Uni erfunden hat«, sagte ich und spürte, wie sich ein trauriges, nagendes Gefühl in meinem Magen breit machte. »Als sie mit neunzehn in Reno festgenommen wurde, rief sie ihren Vater wegen der Kaution an und behauptete, sie wäre pleite. Zwei Jahre später hat sie hunderttausend Dollar angelegt.«
    »Harte Arbeit«, sagte er. »Der American Way. Sie hat Mom nicht angerufen, weil Mom arm war.«
    »Deshalb und vielleicht aus dem Grund, weil Jane ihr so viel bedeutete, dass sie bestimmte Dinge vor ihr geheim halten wollte.« Ich nahm ihm die Unterlagen des Börsenmaklers ab und starrte auf Nullen. »Die ersten hunderttausend waren vermutlich Geld, das sie gespart hatte. Als sie einundzwanzig wurde, beschloss sie, es zu investieren. Ich frage mich, ob es von vielen Kunden stammte oder nur von einigen wenigen reichen Freiern.«
    »Warum fragst du dich das?«
    »Ein fester Freier könnte der Grund dafür gewesen sein, dass sie am Sonntag nicht ihren eigenen Wagen genommen hat. Jemand hat ihr einen geschickt.«
    »Interessant«, sagte Milo. »Wenn die Sonne aufgeht, setze ich mich mit Taxi- und Mietwagenfirmen in Verbindung. Ich werde auch die Nachbarschaft abklappern lassen, ob jemand sie in einen Wagen hat einsteigen sehen. Wenn sie mit einem wichtigen Mann liiert war, der nicht wollte, dass es rauskam, hätte er sie

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