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Fleisch

Fleisch

Titel: Fleisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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Dieser Sheriff konnte ihr größter Trumpf oder ihr schwerstes Hindernis werden.
    Hank kam mit einem seiner Männer zurück.
    „Haben Sie vielleicht ein paar unbenutzte Papiertüten, Hank?“
    „Ja. Oben im Souvenirladen.“
    „Und wie steht es mit Abdeckplanen oder Regenhüllen für Rucksäcke? Am besten wäre es, wenn sie unbenutzt wären, vielleicht sogar noch eingeschweißt.“
    „Ich denke, da lässt sich was machen.“
    „Wir teilen diesen Ort in fünf Abschnitte ein, und jeder von uns übernimmt einen. Das heißt, natürlich nur, wenn Sie bleiben, Sheriff.“
    Sie sahen alle den Sheriff an, als Donny rief: „Lucy ist unterwegs.“

12. KAPITEL
    Lucy Coy bahnte sich lässig ihren Weg zum Tatort herab, als Maggie die ersten Regentropfen auf die oberste Blätterschicht der Baumkronen fallen hörte. An der Frau war absolut nichts, was Maggie dazu gebracht hätte, die Wörter „alt“ oder „verrückt“ zu denken oder gar zu gebrauchen.
    Sie trug Wanderschuhe, Jeans und ein weißes Hemd, dessen Ränder unter dem Saum ihrer Regenjacke hervorlugten. Lucy Coy war groß und schlank und hielt sich wie eine Tänzerin, elegant und mit einem Selbstvertrauen, das nichts Aufdringliches an sich hatte. Maggie kam es beinahe vor, als glitte die Frau über das fremde Terrain. Zu ihrer geheimnisvollen Ausstrahlung trugen silberne, federartige Strähnen in ihrem dunklen Haar bei, das sie kurz trug und das an einigen Stellen emporstand – bei jeder anderen hätte es ausgesehen, als käme sie gerade aus dem Bett. Bei Lucy Coy wirkte es schick. Ihr Gesicht zeigte in dem hellen Flutlicht keine Falten oder andere Anzeichen von gehobenem Alter. Sie hatte straffe, glatte Haut und hohe Wangenknochen.
    Als sie sich einander vorstellten, ruhten ihre dunklen Augen auf Maggie. Sie machte sich ein Bild von der FBI-Agentin, die sie aus ihrem warmen, trockenen Haus hatte herholen lassen. Doch sie schien nicht im Mindesten verärgert. Im Gegenteil, Lucy Coy erweckte den Eindruck, als wolle sie gerne wissen, was von ihr erwartet wurde, um dann sofort loszulegen.
    In gewisser Weise konnte Maggie nachvollziehen, dass die Frau dem Sheriff merkwürdig vorkam. Unter diesen Männern schien sie fehl am Platz zu sein, aber gleichzeitig fügte sie sich in die Umgebung ein, als fühlte sie sich in der Dunkelheit inmitten des Waldes wie zu Hause. Den Regen schien sie nicht einmal zu bemerken.
    Die Männer auf der anderen Seite des Hügels hatten eine Reihe von Dingen gebracht, um die Maggie gebeten hatte, und sie am Rande des Schauplatzes abgelegt: eine Digitalkamera,Einmalhandschuhe, Papiertüten, Filzstifte und mehrere Kühlboxen. Maggie hatte darauf bestanden, nur neue, noch eingeschweißte Planen zu verwenden, um eine Kontamination des Tatorts zu verhindern. Sie wurden nun an den Bäumen befestigt und deckten Bereiche ab, die wichtig erschienen und näher untersucht werden sollten oder wo man eventuell Abdrücke nehmen könnte.
    Trotz des Hickhacks vorhin machte sich nun die Wirkung dessen bemerkbar, was diesen Jugendlichen zugestoßen war. Der mit Stacheldraht umwickelte Junge hatte nach Maggies Einschätzung die schwersten Verletzungen davongetragen – abgesehen von jenen beiden natürlich, die zurückgeblieben waren und auf Lucy Coy warteten.
    In Lucys voller Stimme schwang so etwas wie Ehrfurcht mit, beinahe wie ein leises Flüstern, das in perfektem Einklang mit dem Wind und dem Geschrei der Nachtvögel stand. Sie stellte sich kurz vor und hörte dann aufmerksam zu.
    „Wir haben bereits alle Fotos, die wir brauchen“, erklärte Maggie. „Ich hielt es für sinnvoll, jemanden mit medizinischem Hintergrund zu holen, der dann auch die Obduktionen durchführt.“ Sie machte eine Pause, blickte Lucy Coy an, ob sie Widerspruch einlegen würde, und fuhr dann fort: „Und es war mir wichtig, dass diese Person die Leichen an Ort und Stelle sieht, bevor sie weggebracht werden.“
    Maggie folgte Lucy, die hinter Donny herging. Die Schritte des Sheriffs waren ein Stück weiter hinten zu hören, als wolle er damit seinen Widerwillen zum Ausdruck bringen. Aber auch er wollte es sich nicht entgehen lassen.
    Bevor der Regen schließlich richtig einsetzte, ließ er sich mit etwas Trara ankündigen: In regelmäßigen Abständen war Donnergrollen zu hören, und hin und wieder leuchtete der Himmel über dem Blätterdach auf. Aber die Elektrizität, die zuvor durch die Wolken gefahren war, hatte sich irgendwo über dem Hügelland verloren. Maggie war froh

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