Fleisch
annehmen würde. So beruhigten sie ihr Gewissen, weil sie sie nicht im Tierheim abliefern mussten, wo sie eingeschläfert würden. Die Scheinwerfer hatten ein Außengebäude gestreift, und Maggie hatte noch einige weitere Schnauzen gesehen, die aus den Hundetüren in dem Schuppen lugten.
Ein schwarzer Schäferhund stupste Maggies Ellbogen an und wollte einen Bissen abhaben.
„Jake“, schalt Lucy ihn in ihrer leisen, freundlichen Stimme, und der Schäferhund legte sich zu Maggies Füßen. „Normalerweiseist er nicht so zutraulich. Er ist vor ungefähr einem Monat aufgetaucht, aber er kommt und geht, wie es ihm gefällt. Manchmal ist er tagelang weg.“
„Vielleicht ist er noch woanders zu Hause?“
„Glaube ich nicht. Wenn er zurückkommt, ist er völlig zerzaust und ausgehungert. Hank meint, er hätte ihn eines Nachts im Wald gesehen. Das macht mir Sorgen, weil es Berichte über einen Puma dort gab. Nein, ich glaube, der alte Jake hat sich einfach noch nicht entschieden, ob er hier zu Hause sein möchte.“ Beinahe wie auf ein Stichwort hin legte der Hund seinen Kopf auf Maggies Fuß.
„Ich habe einen weißen Labrador“, sagte sie. „Harvey. Er ist auch irgendwie bei mir gelandet.“
„Also haben Sie ihn gerettet?“
„Ich würde eher sagen, wir haben uns gegenseitig gerettet.“
Lucy lächelte, das erste Mal, seit sie sich kannten. Dann umschlossen ihre langen Finger ihren Becher, und sie lehnte sich in ihrem Korbstuhl zurück.
„Was, glauben Sie, ist heute Nacht da draußen geschehen?“, fragte Maggie. „Es kann doch nicht einfach nur ein Herumspielen mit dem Taser gewesen sein, oder?“
„Ich habe noch nie gesehen, dass ein Taser so etwas angerichtet hätte wie das, was wir da gesehen haben“, sagte Lucy. Dann schien sie darüber noch einmal nachzudenken, während sie an ihrem Tee nippte. „Es ist nicht alles so, wie es scheint. Die Rancher haben jahrelang Stacheldraht für ihre Zäune verwendet. Das Vieh hat ihn respektiert, weil es wehtut, wenn man hindurchzukommen versucht. Eindringlinge haben ihn respektiert, weil die Stacheln brutal und gefährlich aussehen.“
Maggie hörte geduldig zu. Sie dachte daran, wie Lucy begründet hatte, dass sie die Eule mitnehmen wollte. Vielleicht war es ihre Art, solche Fragen mit Sprichwörtern und Volkssagen zu beantworten.
„Jetzt benutzen einige Viehzüchter Elektrozäune. Im Gegensatz zum Stacheldraht sehen die Stromdrähte ziemlich normalund harmlos aus“, fuhr Lucy fort. „Man weiß erst, ob sie geladen und gefährlich sind, wenn es zu spät ist.“
Maggie schwieg. Nahm kleine Schlucke von ihrem Tee. Fasste mit der Hand nach unten und streichelte Jake, der einen langen Seufzer ausstieß und sich auf die Seite plumpsen ließ, damit Maggie seinen Bauch kraulen konnte. Ohne Lucy anzusehen, sagte sie: „Und was, zur Hölle, soll das bedeuten?“
Zu Maggies Überraschung lachte Lucy, lachte laut und lange. Sie musste sich Tränen aus den Augen wischen, bevor sie zu einer Antwort ansetzte. Als sie endlich wieder sprechen konnte, sagte sie: „Ich glaube, wir beide werden gut miteinander auskommen! Ich wollte damit nur ausdrücken, dass man nicht etwas oder jemanden ausblenden sollte, nur weil es oder er normal oder einfach erscheint. Außenstehende kommen hierher und sehen gerne ein einfaches Leben, einfache Menschen. Aber die menschliche Natur ist überall gleich. Die Leute hier sind zu denselben Dingen fähig wie die Leute in der Großstadt. Vielleicht könnte man meinen, dass es in der Stadt leichter wäre, die Fehler, das Böse, wenn Sie so wollen, zu verstecken, aber manchmal ist es genauso leicht, etwas vor aller Augen zu verbergen.“
Lucy stellte ihren Becher ab und griff in ihre Jackentasche. Sie zog etwas hervor, das wie Kopfsalat in einem Klarsichtbeutel aussah. Sie hielt es fest und betastete es vorsichtig.
„Ich denke, das ist Salvia divinorum. Es wird auch Wahrsagesalbei genannt. Den gewöhnlichen Salbei findet man in Gärten und Blumenbeeten. Dies hier ist eine psychoaktive Art. Sie wächst hauptsächlich in Mexiko, auch in einigen südwestlichen Bundesstaaten. Die Mazateken glaubten, sie habe eine heilende und spirituelle Wirkung. Man trocknet und raucht das Salvia, oder man knüllt es zusammen, wenn es noch grün ist“, sie hielt den Beutel hoch, „und kaut es. Es heißt, dass das halluzinatorische Potenzial größer sei als das von LSD. Unter den Teenagern ist es gerade der neueste Hype.“
Sie betastete den Beutel und
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