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Fleisch

Fleisch

Titel: Fleisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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sie bereit, fortzufahren. Ihr knapper und strammer Stil hatte Mary Ellen in den ersten Tagen Kopf- und Bauchschmerzen verursacht.
    Die Frau zog eine weitere Akte aus dem Stapel.
    „Was, um alles in der Welt, ist ein ‚Fleischhuhn‘, und warum wartet da ein Prüfbericht auf meine Bestätigung?“
    „Fleischhühner sind ältere eierlegende Vögel, die den Höhepunkt ihrer Produktivität überschritten haben. Die meisten kommerziellen Einkäufer wie Fast-Food-Restaurants oder weiterverarbeitende Unternehmen wollen sie nicht haben. Die Hennen haben den größten Teil ihres Lebens im Käfig verbracht und Eier gelegt, daher sind ihre Knochen oft brüchig und können zersplittern.“
    „Klingt nicht gerade nach einem großartigen Prüfbericht. Brüchige Knochen sind eindeutig eine Frage der Lebensmittelsicherheit. Aber wenn sie keiner kaufen will, warum gibt es dann eine Untersuchung?“
    „Nun, ehrlich gesagt hat in den letzten zehn Jahren das Landwirtschaftsministerium die Hühner gekauft. Millionen Kilo davon.“
    „Aber wozu denn bloß?“
    Mary Ellen blätterte unruhig in der Akte. In der Mappe befand sich nichts außer dem Dokument, in dem Baldwin um die Bestätigung gebeten wurde, dass die Untersuchung fortgesetzt werden dürfe. Keine weitere Erklärung. Mary Ellen hätte demjenigen, der das auf den Tisch ihrer Chefin gelegt hatte, am liebsten eine gescheuert. Sie wollte sich den Sarkasmus und die Beurteilungen ihrer Chefin nicht anhören müssen, selbst wenn sie ihrer Meinung war.
    „Wychulis, ich habe hier nur den Antrag. Helfen Sie mir auf die Sprünge! Warum, um alles in der Welt, haben wir Millionen Kilo von Hühnern mit brüchigen Knochen gekauft?“
    „Für das ‚National School Lunch Program‘.“

18. KAPITEL
    Nebraska
    Maggie hatte geschlafen. So tief, dass sie sich erst wieder ins Gedächtnis zurückrufen musste, wo sie sich befand. Der Duft von frischem Kaffee und gebackenem Brot machte sich im Dachgeschoss breit, aber als sie sich über das Geländer beugte, sah sie Lucy nicht unten in der Küche.
    Sie hatte Maggie zum Schlafen ein T-Shirt in Übergröße ausgeliehen. Es sah neu aus und hatte Blöcke mit Zugwaggons in lebhaften Farben darauf und ein Logo vom „RAILFEST 1999“. Sie fand ihre Kleider, die durchnässt und mit Blut und Dreck verschmiert gewesen waren, frisch gewaschen und ordentlich gefaltet auf einer gepolsterten Bank neben der Treppe. Sogar ihre Schuhe waren sauber, der Schmutz war abgekratzt und das Leder poliert. Sie fragte sich, ob Lucy überhaupt geschlafen hatte.
    Maggie öffnete die Glasschiebetür zum Balkon und trat ins Licht der Morgensonne. Blauer Himmel, ohne jede Spur von Weiß oder Grau, erstreckte sich über den Sandhügeln, und das gelb und orange verbrannte Gras wogte und ließ die Hügel aussehen, als wären sie Wellen auf dem Wasser.
    Direkt unterhalb – das hatte Maggie vorige Nacht nicht sehen können – lagen ein schön gestalteter Garten und eine Terrasse. Mit Ziegelsteinen gepflasterte Wege führten zwischen Blumenbeeten hindurch. Farbenfrohe Vogelhäuser hingen von Bäumen. Ein kleiner Wasserfall aus Gießkannen ließ ein Bächlein über Felsen plätschern. Maggie hörte Windspiele und roch den Kiefernduft. Und inmitten dieses Paradieses bog sich Lucy Coys große, schlanke Figur, die Arme über den Kopf gestreckt. Die weiten Ärmel ihres Shirts und die langsamen, eleganten Bewegungen erinnerten an die Flügel eines Vogels.
    Sheriff Skylar hatte Lucys indianische Abstammung erwähnt,und Maggie fragte sich, ob dies möglicherweise Teil eines stillen Stammestanzes war. Lucy sah sie. Sie vollendete den Kreis, den ihre Arme begonnen hatten, und rief dann zu ihr herauf: „Sie können vor dem Frühstück gerne ein bisschen Yoga mit mir machen, wenn Sie Lust haben.“
    Maggie war froh, weit genug entfernt zu sein, dass Lucy ihre Beschämung nicht sehen konnte. Yoga. Natürlich, das war Yoga! Was war nur mit ihr los? Sie war genauso schlimm wie Skylar.
    „Nein, danke. Aber habe ich noch Zeit, um ein wenig joggen zu gehen?“
    „Ja. Das ist völlig in Ordnung. Nehmen Sie sich aus dem Schrank und der untersten Schublade in der Kommode, was Sie brauchen.“
    Maggie fand kurze Hosen und ein Sweatshirt. Zum Glück trug Lucy weite Kleider zum Sport. Ihre Schuhe waren Maggie etwas zu groß, aber sie zog einfach zwei Paar Socken übereinander an. Kurze Zeit später lief sie die lange Zufahrt entlang, und der schwarze Schäferhund namens Jake begleitete

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