Fleisch
trug an diesem Vormittag ein Flanellhemd mit einem rot-weißen Schottenmuster, das ihn größer erscheinen ließ. Maggie wurde bewusst, dass die Waffe, die er in einem Holster an seiner Hüfte trug, wohl auch zu diesem Eindruck beitrug. Gestern hatte sie sie unter seiner Jacke nicht gesehen.
Der Junge blickte wieder Maggie an, aber sie konnte nichts für ihn tun. Es hatte auf dem sandigen Waldboden eine Vielzahl von Fußspuren gegeben, aber keine von Tieren, jedenfalls keine, die so groß waren, dass sie von einem Wolf, Rotluchs oder Puma hätten stammen können. Die Kiefernnadeln konnten die Anwesenheit eines Tieres vielleicht verschleiern, aber wenn es verwundet gewesen wäre, hätte es auf jeden Fall Spuren hinterlassen.
„Dawson, du enttäuschst mich! Ich hätte nicht erwartet, dass du mich anlügen würdest, wenn zwei deiner Freunde tot sind.“
„Es ist wahr! Es hat uns von dem Gebüsch aus beobachtet, als das Feuerwerk losging. Es hatte rote Augen.“
„Feuerwerk. Na klar.“
Vorige Nacht hatten einige von ihnen etwas von einem Feuerwerk oder einer Lasershow gemurmelt, als sie versorgt worden waren. Hank hatte sich etwa eine Meile von den Jugendlichen entfernt aufgehalten und hatte kein Sonnenuntergangs-Lichtspiel gesehen, nichts, was einem Feuerwerk oder einer Lasershow nahekam, wie es die Teenager beschrieben hatten. Vielleicht lag es am Salvia.
Irgendwann würde Maggie die Existenz des Plastikbeutels beichten müssen, den Lucy gefunden hatte. Sie hoffte, dass der Inhalt untersucht sein würde, bevor sie ihn zusammen mit den anderen Beweisen übergeben musste. Falls Skylar bei einer früheren Ermittlung die Drogen geheim gehalten hatte, würde sie nicht riskieren, dass er es jetzt wieder tat. Sie ging nicht davonaus, dass ihm einer der Jugendlichen diese Information von sich aus geben würde.
Vielleicht hatte Skylar ihre Gedanken gelesen. Denn jetzt fragte er endlich: „Welche Drogen habt ihr genommen?“
„Wie bitte?“
„Ihr denkt vielleicht, dass ich ein alter Mann bin, aber ich bin nicht dumm. Ich weiß, dass ihr da nicht in der Dämmerung im Wald herumgesessen und Limo getrunken habt. Es war auch nicht das erste Mal, dass ihr da draußen wart, stimmt’s?“
Maggie musste dem Mann Anerkennung zollen. Manchmal öffnete diese Art der Befragung eine Quelle, wenn der Befragte sich schuldig fühlte und nur noch einen kleinen Schubs brauchte, eine vorweggenommene Erlaubnis, die es ihm ermöglichte, ein Geständnis auszuspucken oder eine wichtige Information zu liefern. Aber dies würde nicht einer dieser Momente sein. Maggie fand nicht, dass Dawson Hayes schuldbewusst aussah. Er wirkte immer noch verängstigt.
Als der Blick des Jungen dieses Mal auf ihren traf, wandte er ihn nicht wieder ab. Sie sah, wie er sich beruhigte und die Angst einem Funken des Erkennens wich.
„Sie waren es, die mich gefunden hat“, sagte er.
„Ja, das stimmt.“
„Sie hätten mich einfach mit den anderen sterben lassen sollen.“
22. KAPITEL
Washington, D. C.
Organisiertes Chaos. Das war es, was Benjamin Platt erblickte, als er bei der Fitzgerald Elementary School ankam. Streifenpolizisten regelten den Verkehr vor der Grundschule mit Trillerpfeifen; Autos mit aufgelösten Eltern, die die letzten Kinder abholten, stauten sich. Helfer, offenbar Verwaltungsangestellte und Lehrer, unterstützten die Sanitäter dabei, die Kinder zu den wartenden Krankenwagen zu bringen. Das hektische Treiben wurde von Schaulustigen auf der Straße und den Nachbargrundstücken aus betrachtet, wo die Leute in ihren Vorgärten standen und zusahen. Auch Platt wurde von der fieberhaften Emsigkeit ergriffen, als er aus seinem Landrover stieg.
Vor ihm parkte der Wagen eines Fernsehteams, das gerade angefangen hatte, seine Gerätschaften aufzubauen. Er bemerkte, dass ihn die gut gekleidete Journalistin musterte und herauszufinden versuchte, ob er jemand Wichtiges war oder nicht. Als er sich dem Polizisten an der Absperrung gegenüber auswies, hörte er, wie sie ihm hinterherrief. Zu spät. Er schob sich seine Umhängetasche höher auf die Schulter und ging weiter, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
An der Treppe wurde er von einem weiteren Beamten aufgehalten.
„Zutritt nur für Befugte, Sir“, sagte der Cop.
Ehe Platt antworten konnte, ertönte eine Frauenstimme von innen: „Schon in Ordnung. Er darf.“
Sie war groß, schlank und attraktiv, hatte aber eine gewisse Härte an sich und einen energischen Zug um den Mund, der
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