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Fleischessünde (German Edition)

Fleischessünde (German Edition)

Titel: Fleischessünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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verhüllte, aus rotem, mit einem schwarzen Faden durchschossenen Samt mit einem ebenfalls schwarzen, reich bestickten Saum war. Hell schimmerte auf dem dunklen Untergrund die goldene Kartusche an einer goldenen Kette. So deutlich, wie Calliope dieses Amulett jetzt vor sich sah, konnte es keinen Zweifel mehr geben, dass es genau das gleiche war, das sich der Reaper umgehängt hatte.
    „Lass mich an deinen Gedanken teilhaben“, sagte Beset. Calliope erstarrte. Die Stimme kam nicht mehr von außen, sondern ertönte in ihrem Kopf. Es war wie ein leises Flüstern, und doch erfüllte es sie mit einem schrecklichen Dröhnen. Ein scharfer Schmerz durchfuhr sie vom Kopf herab bis in die Beine und schien durch ihre Sohlen hindurch in den Boden zu fahren, sodass sie unfähig war, auch nur den Fuß zu heben. Ihr Herz brannte in einem Feuer, das so kalt war wie das Wasser unter der Eisdecke eines zugefrorenen Sees. Gleichzeitig hatte Calliope das Gefühl, als werde sie von innen von Säure zerfressen. Etwas Furchtbareres hatte sie noch nie empfunden.
    „Ich habe nicht die Absicht, dir Unbehagen zu bereiten. Ich will nur sehen, was ich sehen muss. Aber du leistest Widerstand.“
    „Nicht mit Absicht“, entgegnete Calliope verlegen und versuchte zu lächeln.
    „Wirklich nicht?“ Beset schwieg einen Moment. „Du bist stark, stärker als ich erwartet habe. Komm, lass mich zu dir herein.“
    Wieder ein grauenvoller Schmerz, als gieße ihr jemand siedendes Öl in den geöffneten Schädel. Calliope konzentrierte sich auf ihre Mitte, suchte den stillen See unter blauem Himmel, den Ort in sich, an dem es keinen Schmerz und keine Unruhe gab. Und sie fand ihn, sah sein klares Wasser unter der spiegelglatten Oberfläche und atmete die reine, saubere Luft, die ihn umgab. Eins mit diesem Bild des Friedens, stand sie am Ufer. Allein.
    „Du hast wahrhaftig Isis’ Blut in deinen Adern“, bemerkte Beset. „Nun gut, wir werden etwas anderes versuchen.“
    Auch wenn sie das Gesicht ihres Gegenübers nicht sehen konnte, spürte Calliope, wie ein forschender Blick auf ihr ruhte.
    „Du hast kein Vertrauen zu mir. Nicht allein, dass du mir den Zugang zu dir verwehrst. Du lässt nicht einmal deine Gedanken heraus, sondern hältst sie vor mir versteckt. Wie kommt das, Calliope Kane?“
    „Ich weiß es nicht“, antwortete Calliope wahrheitsgemäß. Sosehr sie auch den Zorn der Matriarchin fürchtete, hatte sie fast noch mehr Angst davor, was diese bei ihr entdecken und was sie auf diese Weise über sich selbst erfahren könnte. „Ich mache das nicht willentlich, dass ich dir den Weg versperre.“ Sie schloss kurz die Augen. Wenn sie A sagte, musste sie auch B sagen. „Aber offen gestanden ist mir die Vorstellung, dass jemand meine Gedanken durchstöbert wie einen Aktenschrank, nicht ganz geheuer.“
    Sie musste ihre Ruhe und ihren inneren Frieden verteidigen. Das Dunkel ihrer Vergangenheit ruhte auf dem Grund ihres geheimen Sees. Und dort war es gut aufgehoben. Die Schrecken der Erinnerung, die Ängste, der Hass und der Schmerz, all das war zwar nicht restlos ausgelöscht, aber wenigstens tief genugverwahrt, dass sie sich nicht mehr damit beschäftigen musste.
    Beset nickte unter ihrer weiten Kapuze. „Du bist seit Jahrhunderten die Erste, die es vermochte, mir den Zugang zu sich zu versperren. Dann muss es eben das Blut sein.“
    Sie zeigte auf den Boden zu Calliopes Füßen.
    Dort lag ein Dolch mit schwarzer Klinge, der Griff geformt wie eine Schlange oder ein Drache. Calliope fühlte sich plötzlich von Erschöpfung überwältigt, kaum noch fähig, sich zu rühren. Wie war der Dolch unter die Glaskuppel gekommen? Und woher kam er ihr so bekannt vor? Ein eisiger Schauer lief ihr über den Rücken.
    „Nimm das Messer“, forderte Beset sie auf.
    Calliope gehorchte. Ihre Hand schloss sich um den kunstvoll geschnitzten Griff. Es hatte etwas von einem Wiedererkennen. Auch Besets Befehl rief etwas in ihr wach. Eine verschüttete Erinnerung stieg wie aus einem Nebel in ihr auf. Calliope blickte auf den Dolch in ihrer Hand. Die Klinge, der Griff – merkwürdig vertraut.
    „Dein Blut“, drängte Beset. Jetzt drang ihre Stimme wieder von außen an Calliopes Ohr. Calliope hob den Kopf und blickte die Matriarchin stumm an. Währenddessen bemühte sie sich, den Kontakt zu ihrer Mitte, zu dem beruhigenden Bild ihres Sees, nicht abreißen zu lassen, um die Kontrolle über sich nicht aus der Hand zu geben.
    Vorsichtig fügte sie sich einen

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