Flesh Gothic (German Edition)
ihn zurück.
»Aufhören, alle beide!«, schrie Nyvysk energisch. »So erreichen wir gar nichts.«
»Jetzt kommt mal wieder runter«, sagte Karen.
Mack starrte Willis in Grund und Boden. »Sie sind ein Stück Scheiße.« Dann schüttelte er Nyvysk und Westmore von sich ab und stapfte aus dem Raum.
»So viel zum Thema Selbsterkenntnis«, meinte Cathleen, als alle wieder Platz genommen hatten.
»Das war ein Schock«, sagte Adrianne. »Ich wusste nicht, dass ihr beide euch kennt.«
»Spielt jetzt keine Rolle«, gab Willis zurück. »Das ist eine Sache zwischen ihm und mir. Jedenfalls entschuldige ich mich, dass ihr das mit ansehen musstet.«
Nyvysk wirkte nachdenklich. »Allerdings ist es objektiv gesehen schon interessant. Eine weitere Verbindung zum Thema Sex.«
»Wie meinen Sie das?«, hakte Westmore nach.
»Alles, was diesen Ort betrifft und in Zusammenhang mit Hildreth steht, hat seinen Ursprung in Sex. Jeder hier steuert eine entsprechende Verbindung bei. Karen war in der Pornoindustrie; gerade haben wir erfahren, dass für Mack dasselbe gilt. Adrianne hat sich selbst sexuelle Enthaltsamkeit auferlegt und seit gut einem Jahrzehnt mit niemandem mehr geschlafen, weil die Erregung bei ihr unwillkürlich eine Astralwanderung auslöst. Ich selbst lebe ebenfalls sexuell enthaltsam – ich bin ein schwuler ehemaliger Priester im Zölibat. Willis ist sexsüchtig, kann aber andere Menschen nicht berühren, Cathleen ist sexsüchtig und kann ohne sexuelle Motivation psychisch nicht funktionieren. Wir alle haben entsprechende Geheimnisse. Es scheint fast so zu sein, als hätten sie uns hierhergeführt.« Der ältere Mann verstummte und sah Westmore an.
Auch alle anderen Blicke richteten sich auf ihn.
»Alle außer Ihnen«, meinte Cathleen mit einem verhaltenen Lächeln.
»Ja, verraten Sie uns Ihr sexuelles Geheimnis!«, forderte Karen. Ihre Augen leuchteten dabei.
Na toll ... Westmore schluckte ein Lachen hinunter. »Ich glaube nicht, dass ich eins besitze ... denn seit ich nicht mehr trinke, läuft bei mir im Bett nicht mehr viel. Mein gesamtes Leben als Erwachsener war ich immer jemand, für den es nur One-Night-Stands gab, weil sich mein ganzes Sozialleben auf Kneipen beschränkte. Jetzt bin ich trockener Alkoholiker. Ich gehe zwar immer noch in Bars, trinke aber nie, und es reizt mich nicht besonders, mir als einziger Nüchterner im Laden eine betrunkene Lady anzulachen. Ich halte mich von ihnen fern, weil sie mich zu sehr in die Nähe meiner Sucht zurückführen würden: Alkohol.«
»Aha, also haben Sie sich sozusagen ebenfalls selbst Enthaltsamkeit auferlegt«, meinte Nyvysk und wirkte zufrieden.
Westmore runzelte die Stirn. »Wie kommen Sie denn darauf? «
»Für Sie sind Sex und Alkohol gleichbedeutend. Allerdings haben Sie den Alkohol aus Ihrem Leben verbannt – und somit automatisch auch den Geschlechtsverkehr. Ganz einfach.«
Westmore warf die Hände in die Luft. »Wie Sie meinen.«
»Jedenfalls scheint mir angebracht, in Betracht zu ziehen, dass es mehr als Zufall ist«, fuhr Nyvysk fort. »Jeder von uns hat eine sexuelle Eigenart oder Anomalie, und wir alle hocken mitten in einem Haus, das früher ein Pornostudio, ein Bordell und eine Behandlungseinrichtung für Geistliche war, die sich sexueller Verfehlungen schuldig gemacht haben. In den 1950ern wurden hier Prostituierte ermordet, vor einigen Wochen kamen zahlreiche Pornodarsteller unter bestialischen Umständen ums Leben. Bisher haben Cathleen, Adrianne und Karen körperlose sexuelle Belästigung erfahren. Willis suchen Zielobjektvisionen von den sexuellen Grausamkeiten heim, die in diesem Haus stattgefunden haben, Westmore findet DVDs mit weiteren Perversionen und ich verzeichne Stimmphänomene eines toten jungen Mannes, von dem ich vor 20 Jahren besessen war. Dieses Haus hat also auf sehr tief verwurzelte Weise etwas ausgesprochen Sexuelles an sich. Fleischeslust scheint in diesen Mauern zu leben und in uns allen besteht entweder eine aktive oder eine passive Fleischeslust. Es ist fast so, als ziehe diese Villa unsere sexuellen Besonderheiten magnetisch an. Oder vielleicht haben auch wir umgekehrt das Haus angezogen.«
»Als sei jeder von uns speziell ausgewählt worden«, überlegte Cathleen laut.
»Vivica?«, schlug Willis vor.
»Ich dachte eher an etwas in Richtung Schicksal – oder Vorsehung«, sagte Nyvysk.
Westmore war nicht bereit, daran zu glauben. »Aber es war doch Vivica, die uns ausgesucht hat, oder?«
»Oberflächlich
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