Flesh Gothic (German Edition)
bin Mike von Bayside. Ist Mister Hildreth da?«
Westmore wusste nicht recht, was er darauf antworten sollte. Nein, aber es besteht eine durchaus realistische Chance, dass er in einem Loch in der Erde ein paar Hundert Meter von hier entfernt liegt . »Ich fürchte, er ist nicht da.«
»Ich bin wegen unseres routinemäßigen Monatsservices hier.«
»Kommen Sie rein. Ich hole Karen.« Er führte den Mann ins Haus und durch den langen Flur zum Atrium. Westmore wusste, dass es belanglos war, trotzdem wollte er nicht irgendeinen dahergelaufenen Kerl unbeaufsichtigt durch ein Haus voller Schätze schlendern lassen. Er klopfte an die Seite von Karens Trennwandzelle. »Karen?«
Nach einer Weile sagte eine gedämpfte Stimme: »Oh Scheiße. Mir platzt gleich der Schädel.«
»Der Kammerjäger ist hier. Ich wollte nur fragen, ob es in Ordnung ist, ihn ins Haus zu lassen.«
Ein Stöhnen. »Oh Scheiße. Äh ... Ich glaube, die sollten erst am Monatsersten kommen. Welche Firma?«
»Bayside.«
»Das sind sie. Es ist Jimmy, nicht wahr?«
Westmore zog die Brauen hoch. »Nein, ein Mann namens Mike.«
Die Federn einer Pritsche knarrten. Als Karens Hand den Vorhang teilte, konnte Westmore einen flüchtigen Moment lang sehen, dass sie lediglich einen rosenroten Slip trug. Große weiße Brüste hoben sich, begrenzt durch rasiermesserscharfe Bräunungsstreifen, vom beeindruckenden Teint ihrer Schultern und ihres Bauchs ab. Dann streckte sie den Kopf heraus und zog den Vorhang darunter zu. Blutunterlaufene Augen spähten verkniffen zur Tür. »Sie sind nicht der übliche Kerl. Wo steckt Jimmy?«
»Jimmy Parks ist in Key West, Ma’am«, antwortete Mike. »Hat zwei Wochen Urlaub. Ich springe für ihn ein. Ihr nächster Prophylaxetermin wäre zwar am Ersten, aber man hat mich ein bisschen früher geschickt, um Leerlaufzeit auszugleichen. Sie können zur Bestätigung gerne meinen Vorgesetzten anrufen, Mr. Holsten.«
»Er ist in Ordnung«, verkündete Karen und verschwand wieder im Inneren des improvisierten Schlafzimmers.
»Gehen Sie und erledigen Sie Ihre Arbeit«, forderte Westmore den Mann auf.
»Danke für Ihre Zeit. Ich brauche höchstens eine Stunde. Ist nur ein Nachsprühen.«
Damit begann der Mann und verteilte langsam eine klare Flüssigkeit auf den Sockelleisten.
Westmore kehrte ins Büro zurück und ging sofort online. Auf der Website der Kraftfahrzeugbehörde gab er das Kennzeichen des MX-5 ein, bezahlte mit seiner Kreditkarte 7,95 Dollar und erhielt den Namen des Besitzers. Verdammt. Das bringt mich nicht weiter. Das Fahrzeug gehörte Reginald Hildreth. Das Einzige, was ihm noch einfiel, war, zurück in die sengende Hitze zu gehen, um sich die Fahrzeugidentifikationsnummer vom Armaturenbrett zu besorgen – falls er sie dort überhaupt fand, denn sie war bei manchen Autos an anderen Stellen versteckt, häufig irgendwo am Motorblock.
Dann jedoch dachte er: Versicherung! Er durchsuchte mehrere Aktenschränke aus Eichenholz, bis er auf eine Gruppe von Ordnern mit Quittungen, Garantiescheinen und ähnlichen Unterlagen stieß. Einer war mit AUTOVERSICHERUNG beschriftet. Ganz oben fand er eine Aufstellung der zweijährlich fälligen Versicherungsprämien. Meine Güte, besaß der Kerl eine Menge Autos! Über ein Dutzend Fahrzeuge standen auf der Liste, darunter ein Rolls-Royce Silver Shadow, als dessen Hauptbetreiberin Vivica Hildreth geführt wurde.
Heureka!, dachte er als Nächstes. Auf der Liste entdeckte er auch ein schwarzes Cabrio mit dem Kennzeichen, nach dem er suchte.
HAUPTBETREIBER/IN: DEBORAH ANNE RODENBAUGH.
Im Telefonbuch gab es fünf Einträge unter dem Namen Rodenbaugh. Er klapperte sämtliche Nummern ab. Drei gingen ran und hatten noch nie von einer Deborah Rodenbaugh gehört. Beim vierten Versuch geriet er an einen Anrufbeantworter. »Hallo, hier ist Peter Rodenbaugh. Falls Sie einen legitimen Grund haben, mich anzurufen, hinterlassen Sie bitte eine Nachricht. Und falls du einer dieser gottverdammten Telefonverkäufer bist, leck mich am Arsch und ruf nie wieder an, weil ich euch verfluchte Landplagen hasse wie die Pest. Wenn ich etwas brauche, gehe ich in ein Geschäft und besorge es mir. Ich brauche keine 20 Anrufe täglich von euch Arschlöchern, damit ihr versucht, mir Kreuzfahrten, Aluminiumverkleidungen, Satellitenfernsehen oder Kellerabdichtungen anzudrehen, obwohl ich nicht mal einen Keller habe. Ich lebe in einer Mietwohnung, ihr Trottel. Ich brauche den Scheiß nicht, den ihr für eine
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