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Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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nichts abgekriegt hat.«

    Danner starrte mich an, als hätte ich vor seinen Augen einen
Dschinn aus den Bierflaschen auf dem Nachtschrank gezaubert: »Ein Hämatom an
der Leber?«

    Ich nickte ernst. »Innere Blutungen merkt man nicht unbedingt
sofort. Das kann bis zu achtundvierzig Stunden später noch passieren, dass du
umkippst.«

    Danner schwieg. Ein wenig beeindruckt, hätte ich beinahe
behauptet.

    Â»Ich frage gar nicht, wieso du das weißt«, beschloss er
schließlich und ließ sich erschöpft in die Kissen sinken. »Weck mich, wenn ich
tot bin, okay?«

    Seine Augen fielen wieder zu.

    Ich nahm seinen Arm und tastete den Puls am Handgelenk.
Die Schläge waren regelmäßig und kräftig unter meinen Fingerkuppen zu spüren,
sein nackter Brustkorb hob und senkte sich gleichmäßig im Rhythmus seiner
Atmung.

    Im Großen und Ganzen schien es nicht, als würde er sterben,
fand ich. Also rollte ich mich neben ihm in meine Decke.

    Â 

9.

    Ein entferntes Klopfen weckte mich.

    Danners kräftiger Arm schlang sich fester um mich, ich
spürte seine kratzigen Brusthaare an meinem nackten Rücken.

    Im Zimmer war es noch dunkel – und kalt, meldete mir
meine frierende Nasenspitze. Ich kuschelte mich enger an Danner, genoss die
enge Wärme seines Griffes, das Kribbeln, das seine Berührung auf meiner Haut
erzeugte.

    Er lebte noch. Verdient hatte er es ja nicht, fand ich.
Idiotisch, den harten Kerl zu spielen, statt ins Krankenhaus zu fahren und sich
durchchecken zu lassen.

    Heute Morgen neben seiner Leiche aufzuwachen, hätte mir
allerdings noch gefehlt. Das wäre die absolute Krönung meines bisherigen,
chaotischen Lebens gewesen. Und meiner merkwürdigen Beziehung zu einem
schmuddeligen Schnüffler, der seine Frauen austauschte wie andere Staubsaugerbeutel.

    Im Schlaf strichen Danners raue Finger durch die Haare in
meinem Nacken.

    Na schön, mal nicht ungerecht werden: Schließlich war ich
selbst, als obdachlose Gewohnheitslügnerin, mindestens genauso bindungsunfähig
wie er. Bevor ich bei Danner eingezogen war, hatten meine eigenen Beziehungen
im Höchstfall eine Woche lang gehalten.

    Es klopfte wieder an der Tür und ich erinnerte mich, dass
ich dadurch aufgewacht war. Lautes Kläffen hallte vor der Wohnung durchs
Treppenhaus.

    Â»Der hat sie wohl nicht alle«, murmelte Danner wütend.

    Â»Macht endlich auf!«, donnerte Molle. »Wisst ihr, wie lange
ich gestern auf euch gewartet habe?«

    Â»Den bringe ich um, wenn ich ihn erwische.« Genervt fuhr
Danner hoch. »Au, verdammt!«, fluchte er im nächsten Moment, presste sich eine
Hand in die Seite und stützte sich am Bett ab. Verkrampft hielt er den Atem an,
bis der Schmerz nachließ.

    Â»Und dann seh ich deine Schüssel draußen stehen«,
schimpfte Molle vor der Wohnungstür weiter. »Da hätte ich schon ’ne Stunde im
Bett liegen können!«

    Das Kläffen wurde schriller.

    Â»Habt ihr wenigstens was rausgefunden?«, wollte Molle
wissen. »Ward ihr überhaupt unterwegs und habt gesucht?«

    Danner drehte sich mit zusammengebissenen Zähnen auf die
Seite.

    Â»Soll er seinen Penner selbst suchen oder die Milbensiedlung
ins Tierheim stecken«, zischte er wütend.

    Der lange Riss auf seiner Stirn war schwarz verkrustet,
sein linkes Auge blutunterlaufen und der Bluterguss an seiner Seite hatte sich
violett verfärbt. Danner würde wohl erst mal eine Weile gar nicht ermitteln.

    Draußen schien sich Molle endlich damit abzufinden, dass
ihm niemand die Tür öffnen würde. Vor sich hin brummend, polterte der
schwergewichtige Wirt die Treppe hinunter. Das Bellen entfernte sich mit ihm.

    Â 
    Â»Scheiße, seh ich scheiße aus«, stellte Danner
fest, als er eine halbe Stunde später vor dem gesprungenen Spiegel in unserem
altmodisch-beige gefliesten Badezimmer stand.

    Ich saß hinter ihm auf dem Rand der Badewanne, meine
Zahnbürste im Mund, und nickte.

    Danner humpelte ins Wohnzimmer hinüber. Durch die offene
Verbindungstür sah ich ihn das Telefon vom Schreibtisch nehmen.

    Â»Danner, guten Morgen … Ich hatte einen Unfall, würden
Sie Frau Müller-Wunk ausrichten, dass ich etwas später zur Arbeit komme?« –
»Danke.«

    Â»Du willst heute noch in den Kindergarten?«, nuschelte ich,
ohne die Zahnbürste aus dem Mund zu nehmen.

    Â»Nachdem ich

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