Fliege machen

Name, Adresse und Telefonnummer vom Jugendamt standen drauf.

    Hagen Borze-Filzhut. Ein feministischer Krötenretter also.
Mit ’nem Scheißnamen.

    Hagen Borze-Filzhut wandte sich wieder Engel zu: »So,
können wir?«

    Engel verdrehte die Augen.

    Â»Wenn du auf der Straße lebst, musst du das Kind gleich
zur Adoption freigeben.«

    Engels Blick wurde feindselig: »Das Thema hatten wir
durch, Alter.«

    Â»Dann sieh dir das Mutter-Kind-Haus wenigstens mal an.«
Der Streetworker griff Engel an den Schultern und schob sie in Richtung
Ausgang.

    Grapscher.

    Ich steckte seine Karte in die Jackentasche.

    Â 

17.

    Die Kälte hatte sich durch meine
Kleiderschichten gefressen und ich schlotterte am ganzen Körper, als ich den Fußmarsch
vom Rohbau in Wiemelhausen endlich hinter mir hatte. Mein Magen hatte die
Hundefutter-Eintopf-Schweißfuß-Übelkeit überwunden und knurrte vor Hunger.
Pünktlich zum Mittagessen erreichte ich die Kneipe.

    Danner, Molle und auch Staschek hatten offensichtlich auf
mich gewartet.

    Â»Na endlich!« Molle sprang auf und fing hektisch an, Nudeln
auf meinen Teller zu häufen. Auch wenn er es nicht zugeben wollte, hatte der
Wirt sich offensichtlich von Stascheks Besorgter-Papa-Hysterie anstecken
lassen.

    Staschek zog ein Handy hervor und fing an zu tippen.

    Danner war der Einzige, der ungerührt weiter Spaghetti
Bolognese auf seine Gabel rollte. Ihm kaufte ich ab, dass er nicht daran
gezweifelt hatte, dass ich wieder auftauchen würde.

    Â»Und? Haste den Köter-Fall endlich gelöst?«, erkundigte
er sich, als ich mir einen Stuhl heranrückte, weil es sich der Alaska-frische
Fellträger heute auf meinem Platz bequem gemacht hatte.

    Nach den vielfältigen Gerüchen dieser Nacht war ich
wirklich erleichtert, dass Molle Mücke gewaschen hatte.

    Vorsichtig schälte ich meine rot gefrorenen Finger aus
den überlangen Ärmeln meiner Pullover.

    Â»Und? Haste das Sex-Handy gefunden?«, konterte ich,
während ich meine schmerzenden Hände massierte.

    Â»Also ist der Fall nicht gelöst«, grinste Danner. »Prima,
dann kann ich meine Detektei für mich behalten.«

    Â»Freu dich nicht zu früh. Bestimmt hab ich heute mehr
rausgekriegt als du«, schnappte ich bissig zurück.

    Die Funken, die meinen Magen jedes Mal wieder leise
kribbeln ließen, tanzten durch Danners graue Augen, als sich unsere Blicke
trafen.

    Â»Ich weiß inzwischen, dass Doro, die Schlumpfgruppenanführerin,
letzte Woche noch ein Date mit einem anderen hatte. Deshalb habe ich sie
abblitzen lassen, die Schlampe«, informierte mich Danner amüsiert.

    Â»Ach ja. Mit dem Fensterputzer«, winkte ich ab. »Weiß ich
doch längst.«

    Danner schnitt verärgert eine Grimasse: »Dann spuck aus,
was du zu bieten hast.«

    Â»Ich weiß, wo zumindest ein paar der Punks pennen«,
punktete ich.

    Molle pfiff durch die Zähne.

    Und auch Staschek wurde hellhörig: »Raus mit der Sprache,
dann schick ich gleich ’ne Streife hin!«

    Schwungvoll zischte meine Gabel samt der sich herunterwindenen
Nudeln zur Seite unter die Nase des Kommissars: »Wenn du mir noch einmal Lena
auf den Hals hetzt, erzähl ich dir gar nichts mehr.«

    Staschek wich vor meiner Gabel zurück und schielte auf
die vor Soße tropfenden Spaghetti, die sich wie Würmer vor ihm auf der
Tischdecke kringelten.

    Â»Außerdem rede ich von Straßenkids, die nichts mit Bohne
zu tun haben wollen und deshalb lieber bei Fliege übernachtet haben«, erklärte
ich und schob die Nudeln, die sich noch nicht selbstständig gemacht hatten, in
meinen Mund.

    Â»Bei Fliege?«, schaltete Danner sofort. »Du weißt, wo
Fliege ist?«

    Ich biss mir auf die Zunge, um nicht zu grinsen. Ein paar
Sekunden wollte ich Danners angespanntes Gesicht genießen und ihn zappeln
lassen.

    Danner verschränkte die Arme und lehnte sich abwartend
zurück. Doch sein forschender Blick heftete sich fest an mein Gesicht, seine
Aufmerksamkeit hatte ich mir gesichert.

    Â»Ich weiß, wo er übernachtet hat, bevor er verschwunden
ist«, klärte ich ihn widerwillig auf.

    Danner ließ die Arme sinken, zweifellos erleichtert darüber,
dass er meinen Namen noch nicht neben seinen eigenen setzen musste.

    Vorerst.

    Â»Und ich weiß, dass er noch mal in seinem Unterschlupf
gewesen sein muss, nachdem er seinen Hund bei