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Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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einer
Plastikscheibe, sackte stöhnend zu Boden und blieb auf Knien und Händen sitzen.

    Keuchend hockte ich mich neben sie.

    Der kalte Wind pfiff von den Gleisen herunter. Auch nicht
der gemütlichste Platz für ein Nickerchen, doch Dicke waren die Augen schon
wieder zugefallen.

    Dass ich es schaffen würde, sie noch einmal auf die Füße
zu stellen, war eher unwahrscheinlich, überlegte ich. Zumindest würde sie hier
drinnen nicht ganz so schnell erfrieren.

    Â»Ey!« Ich rüttelte sie an der Schulter. »Penn nicht
gleich wieder ein! Jetzt sag, wo steckt Engel?«

    Dicke murmelte irgendwas Unverständliches.

    Â»Dicke!«, ließ ich nicht locker. Unsanft tätschelte ich
ihre schwabbelig-kalte Wange.

    Â»Mann!« Aufbrausend fuchtelte sie meine Hand weg. »Weiß
nich!«

    Â»Engel ist nicht auf der Baustelle und hier auch nicht.
Wo kann sie sonst untergekommen sein?«

    Dickes Knautschgesicht schien sich um ihre platte Boxernase
herum zusammenzuziehen. »Vielleicht haben die sie mittem Bus eingesammelt. Die
fahren doch schon den ganzen Abend wegen dem Scheißwetter.«

    Â»Die fahren doch immer?!«

    Ich betrachtete drei beleuchtete Busse, die gerade
draußen gehalten hatten.

    Â»Ich mein den Winterbus, du Ei.«

    Winterbus?

    Dicke lehnte die Stirn gegen die schmutzige Wand aus
grünlichem Plastik. »Wenn das so kalt ist, verteilen die Decken, Schlafsäcke,
warmen Tee und so. Und wenn du willst, fahren die dich inne Notunterkunft.
Vielleicht hammse Engel ja auch abgeliefert.«

    Ach so?

    Â»Und wo finde ich diesen Bus?«

    Dicke schnarchte bereits.

    Â»He!« Ich rubbelte ihre roten Wangen. »Wo finde ich den
Winterbus?«

    Â»Die finden dich.«

    Seufzend ließ ich das Mädchen gegen die Wand unter dem
Zugfahrplan sinken.

    Scheiße. Ich konnte sie hier nicht einfach liegen lassen.
Schließlich war Fliege verschwunden, seit wir ihn besoffen vor die Tür gesetzt
hatten. Einen Menschen hatte ich womöglich schon auf dem Gewissen.

    Â»Ich komm klar«, brummte Dicke, ohne die Augen noch mal
zu öffnen. Sie drehte ihre Stirn gegen die schmutzige Wand. »Wie immer.«

    Offensichtlich hatte sie meine Gedanken erraten.

    Unentschlossen saß ich neben dem halb bewusstlosen Mädchen
auf den schwarzgrau marmorierten Steinfliesen mitten im Bahnhof.

    Â»Hau schon ab«, lallte die Dicke, wohl um endlich ihre
Ruhe zu haben. »Die geben den Bahnhof heute sicher zum Übernachten frei. Kannst
mich also hier pennen lassen. Kümmer dich lieber um Engel, die hat’s nötiger
als ich.«

    Da war ich nicht so sicher. Aber zumindest war Engel so
was wie Flieges Schützling gewesen und damit im Moment meine heißeste Spur bei
der Suche nach dem Penner.

    Â»Wie heißt du eigentlich wirklich?«, fragte ich, ohne mit
einer Antwort zu rechnen.

    Â»Miri«, murmelte sie. »Miri Meier.«

    Â 

23.

    Mit blitzendem Blaulicht hielt der
Rettungswagen, den ich gerufen hatte, vor dem Bahnhofseingang. Die beiden hereineilenden
Sanitäter leuchteten orangerot im grellen Neonlicht des Bahnhofs.

    Ich trat einen Schritt zur Seite, als die gläserne
Eingangstür aufschwang. Sofort trieb mir der eisige Wind Tränen in die Augen.
Und ich wollte wieder auf der Straße übernachten. Geistreich.

    Beim Hinausschauen in die von Straßenlaternen, Schaufenstern
und Autoscheinwerfern beleuchtete Dunkelheit fingen meine beinah erfrorenen
Füße wieder leise an zu kribbeln. Ich hatte nicht die geringste Lust, in der
eisigen Nacht nach einem Bus zu suchen, in dem Engel oder Fliege bestimmt nicht
zu finden waren. Aber der Bus war meine einzige Spur.

    Seufzend zog ich den Reißverschluss von Danners Jacke bis
unter mein Kinn zu, schob mir die Kapuze auf den Kopf und ließ meine Hände
wieder in den Ärmeln verschwinden.

    Als ich aus dem Bahnhof ins Freie trat, pfiff der Wind sofort
durch meine Jeans, prickelte auf meinen Oberschenkeln, durchdrang meine
Turnschuhe und ließ meine Füße piksen.

    Ein Schauer krabbelte meine Beine hinauf, doch er schaffte
es nicht, unter Danners warmem Parka meinen Rücken zu erreichen. Die Jacke
erinnerte mich an mein Ziel. Ich wollte eine echte Detektivin sein.

    Ich wollte auf das Türschild. Auf sein Türschild. Ich wollte
die Frau sein, deren Name an Danners Wohnung stand.

    Mein Herz hüpfte aufgeregt bei dem Gedanken. Das grenzte
an

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