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Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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hervorzufummeln.

    Danner pfiff durch die Zähne, als ich das Schmuckstück
endlich freigelegt hatte.

    Â»Hab mich auch schon gefragt, ob so was von der Stütze
bezahlt wird«, brummte Molle.

    Silberne Nieten glitzerten in weichem Kalbsleder. Na gut,
das hatte einiges gekostet.

    Â»Tja, mit einem Hundehalsband wird Engelchen unsere
Rechnung trotzdem nicht bezahlen können«, flachste Danner. »Fahren wir mal hin
und verklickern ihr das.«

    Â»Moment«, hielt ich ihn zurück. Zusammen mit der Hundemarke
war mir ein kleines, silbernes Röhrchen in die Hände gefallen. In der Mitte
entdeckte ich einen Drehverschluss.

    Â»Was ist das?« Offenbar hatte Molle das Stäbchen beim
täglichen Bürsten im dichten Fell übersehen.

    Â»Normalerweise schreiben Hundebesitzer ihre Adresse
hinein, falls der vierbeinige Liebling mal verloren geht.«

    Mücke knurrte, weil Danner sich neugierig genähert hatte.

    Â»Lass mal sehen, welche Baustelle Fliege da angegeben
hat.«

    Ich drehte es auf und zog einen zusammengerollten Zettel
hervor.

    Süße, wenn du das
hier liest, bin ich nicht mehr da, stand in verschmierten Buchstaben auf
der Vorderseite des winzigen Papiers.Die
Schrift war sehr eng und klein, trotzdem geübt, die Buchstaben bemerkenswert
gleichmäßig.

    Eine Botschaft von Fliege. Für Engel?

    Ich drehte den Zettel um. Schlüssel in Chappidose, Schließfach Bahnhof. Sorg gut für unser Kind.

    Danner griff nach seiner Jacke.

    Â 

36.

    Keine zehn Minuten später parkte Danner
seine Schrottschüssel auf dem Behindertenparkplatz direkt vor dem Polizeipräsidium.

    Ich spürte den eisigen Wind auf meiner ungewohnt kahlen
Kopfhaut, in meinem Nacken zog es. Fest presste ich mir die schwere Kapuze von
Danners Parka auf den Schädel. Ohne Haare kam ich mir irgendwie nackt vor.

    Der Detektiv zog sich seine Mütze in die Stirn und vergrub
die Fäuste in den Taschen seiner dünnen Trainingsjacke. Ich hatte also eine
Der-Kerl-friert-gern-für-seine-Frau-Beziehung. Das war immerhin schon besser
als Popp-und-hopp.

    Kurz sah ich zu dem alten Backsteinbau auf, an den man
ein unpassend moderneres Bürogebäude drangeschustert hatte. Über dem Präsidium
erhob sich der Förderturm des Bergbaumuseums in die dunklen Winterwolken.

    Muffige Heizungsluft schlug uns aus dem Inneren des
Präsidiums entgegen. Zielstrebig eilte Danner durch die langen Flure. Auch wenn
er bereits seit zehn Jahren nicht mehr als Polizist arbeitete, kannte er sich
bestens aus.

    Danner steckte seinen Kopf durch eine Tür mit der Aufschrift Kriminalinspektion 1,
Kriminalkommissariat 11. Über seine Schulter hinweg konnte ich eine
füllige Polizistin mit auberginefarben getönten Kringellöckchen sehen, die von
ihrem Schreibtisch aufsah.

    Â»Ben! Ich dachte, dir hätten ein paar Kinder einen Krankenhausaufenthalt
beschert?!«

    Â»Lenny hat übertrieben. Wie du siehst, lebe ich noch. Wo
ist er?«

    Â»Folterkammer.«

    Â»Folterkammer?«, erkundigte ich mich, als Danner die Tür
zur Mordkommission wieder zuzog.

    Â»Verhörzimmer. Da hinten links.«

    Wir schlenderten den Flur hinunter in die Richtung, in
die Danner zeigte. Dabei kamen wir an einer halb offenen Tür vorbei. Der kahle,
kleine Raum dahinter ähnelte einem Wartezimmer beim Arzt.

    Dicke lümmelte darin auf einem Stuhl, die breiten Unterarme
in der Spalte zwischen Busen und Bauch verschränkt, die massigen Beine weit von
sich gestreckt. Um ihre angefressenen Springerstiefel herum hatte sich eine
schmutzige Pfütze auf dem PVC-Boden gebildet.

    Sie bemerkte mich im gleichen Augenblick wie ich sie.
Aber sie reagierte schneller: »Du?«

    Der Boden bebte, als das Mädchen seine zwei Zentner auf
die Füße wuchtete.

    Â»Was willst du hier, du Schlampe?« Wie eine anfahrende
Lokomotive dröhnte sie auf mich zu. »Du verpfeifst uns an die Bullen und traust
dich auch noch, hier aufzuschlagen? Bist wohl lebensmüde, oder was?« In ihren
kleinen Augen glühte wilder Hass.

    Danner fuhr herum, als die Dicke schon nach meinem Kragen
packte. Mir gelang es, mich seitlich aus ihrem Griff zu drehen. Ich packte die
kurzen Finger an meinem Jackenkragen, löste ihre Hand, indem ich sie ruckartig
quetschte, tauchte unter ihrem Arm hindurch und riss ihn ihr auf den Rücken.
Ihre Finger knickte ich dabei nach hinten um.

    Dicke jaulte auf.

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