Fliege machen
Gewalttat.«
Kaum hatten wir das Verhörzimmer wieder betreten, bemühte
sich Danner, Stascheks Blutdruck gleich noch einmal entgleisen zu lassen. »Und
dass Bonetzki untergetaucht ist, macht ihn nicht unverdächtiger.«
Staschek atmete zischend ein.
Danner steckte zufrieden die Hände in die Taschen.
»Könnt ihr herausfinden, was mit Fliege passiert ist?«,
fragte mich Engel wieder. Der Sozialarbeiter hatte inzwischen etwas Abstand
genommen.
»Nur, wenn du uns tatsächlich bezahlen kannst«, kam mir
Danner mit der Antwort zuvor. »Und wenn du mit uns zusammenarbeitest. Was
glaubst du, was Fliege geschehen ist?«
Das interessierte natürlich auch Staschek brennend:
»Wurde er bedroht?«
Engel zögerte unmerklich.
Na ja, nicht ganz unmerklich, denn Danner hielt ihr seinen
Zeigefinger unter die Nase: »Wenn wir was für dich rausfinden sollen, brauchen
wir Infos â und zwar alle, die wir kriegen können.«
Immer wieder beeindruckend, wie er mit einem einzigen,
eisigen Blick drohen konnte, den Fall in der nächsten Sekunde hinzuschmeiÃen
und den Tag stattdessen lieber mit der dritten Wiederholung von Bauer sucht Frau auf dem Sofa zu
verbringen.
»Und wenn ich den Eindruck habe, dass du der Polizei was
verschweigst, lass ich dir gleich eine Zelle bequem einrichten«, half Staschek
noch etwas nach.
»Klar wurde er bedroht«, antwortete Engel artig.
»Und?«, knurrte der Kommissar. »Erfahren wir heute noch,
von wem?«
Engel zog den Kopf zwischen die Schultern: »Na, Bohne hat
ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt, das wollten sich viele verdienen. Und Dicke
hält ihn für ânen Kinderficker.«
Ach.
»Und seine Ex, die wollte ihn unbedingt wiederhaben. Die
hat ihm voll die Szene gemacht, mit Flennen und allem. Ist sogar bei uns auf
der Baustelle aufgetaucht, Edgar hat gesagt, die war schon mal inner Klapse.«
Staschek horchte auf: »Seine Ex? Freundin? Frau?«
»Die verkauft diese StraÃenzeitung.«
»Eule«, kombinierte ich.
»Bevor er verschwunden ist, hat er gesagt, dass er sich
das nicht mehr gefallen lassen wird.« Engel fuhr sich mit den Fingern über den
runden Bauch.
»Das ist alles?« Der Kommissar stützte die Unterarme auf
den Tisch und verschränkte die langen, gepflegten Finger. Eine nussbraune
Haarwelle fiel ihm in die Augen und ich bemerkte, wie Engels gehetzter Blick für
einen Moment an dem attraktiven Gesicht des Polizisten hängen blieb.
»Na gut.«
Wohl aus Angst, etwas Falsches zu sagen, überlieà die
strenge Frau Wegner artig dem Chef das Verhör und Engel hörte auf, ihren Bauch
festzuhalten.
»Laut Gerichtsmedizin hat Fliege einen Schlag mit einem
stumpfen Gegenstand gegen den Kopf bekommen, was zu einer Fraktur des â Moment
â¦Â«, Staschek blätterte in einer dünnen Akte, »des Os temporale und des Os
sphenoidale, also der Schläfenknochen, geführt hat. Die Platzwunde hat nämlich
noch ordentlich geblutet. Allerdings war er nicht sofort tot, womöglich hätten
ihn sofortige HilfsmaÃnahmen retten können. Können Sie uns sagen, wie diese
Kopfverletzung zustande gekommen ist, Frau Caspari?«
Engel zupfte ihre löchrigen Ãrmel über ihre Finger: »Als
ich Edgar zuletzt gesehen habe, war er okay.«
»Nicht betrunken?«
»Klar betrunken. Ich sag doch, es ging ihm gut.«
Engel fummelte weiter an ihren Ãrmeln.
Der Krötenretter mischte sich ein: »Du solltest dein eigenes
Leben auf die Reihe kriegen, Nina. Das ist im Augenblick kompliziert genug.
Ãberlass die Verantwortung für ein Baby anderen.« Seine abgekauten Fingernägel
gruben sich schon wieder in Engels Nacken.
Das Mädchen schien unter dem Griff des Sozialarbeiters in
sich zusammenzuschrumpfen.
»Um das Kind geht es doch im Augenblick gar nicht«,
wandte ich ärgerlich ein.
»Sie halten sich da besser raus, Frau
Simanowski-Ziegler«, zischte der Streetworker mich warnend an.
Seine Worte durchzuckten mich wie Peitschenschläge. Ganz
bewusst erinnerte der mich daran, dass er meinen Namen kannte. Der erpresste
mich! Dieser Bioproduktekäufer, dieser Joghurt-mit-Körnern-Fan! Dieser Friseurfeind!
Der drohte mir, mich an meine Eltern zu verpfeifen? Ich hätte platzen können
vor Wut!
Sekundenbruchteile lang starrten wir uns feindselig an.
»Vielleicht wünscht
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