Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
Vom Netzwerk:
Dose
gesteckt hatte, Schimmel und Fleischbrocken auseinander.

    Â»Ist nichts drin«, knurrte Danner. »Dein Engel hat uns
verarscht – oder Fliege den Engel, scheißegal. Keine Kohle, kein Fall.«

    Der Löffel pingte gegen etwas Hartes.

    Â»Immer locker bleiben. Sieht das wie eine Verarschung
aus?« Mit einiger Mühe sortierte ich einen kleinen Schlüssel mit schwarzem
Plastikkopf aus dem Hundefutter. Mit Schwung schleuderte ich das Ding auf die
Zeitung und wischte mit dem Papier die schimmligen Fleischreste ab.

    084 lautete die
in den Metallkopf des Schlüssels eingestanzte Zahl.

    Â 
    Schließfach Nummer 084 fanden wir ganz rechts in
der untersten Reihe der weißen Metalltüren – direkt neben dem Schaufenster der
Bahnhofsbuchhandlung.

    An den verschlossenen, anderen Schließfächern signalisierten
kleine rote Leuchten, dass die Fächer belegt waren. Am Fach 084 funktionierte
die Lampe nicht, die Elektronik schien kaputt.

    Ich bückte mich hinunter und fummelte den klebrigen
Schlüssel ins Schloss. Es klemmte. Ich brauchte drei Versuche, bis sich der
Riegel mit einem schabenden Geräusch bewegte.

    Leicht quietschend schwang die Tür zur Seite und Danner
hockte sich neben mich, um hineinsehen zu können.

    Â»O nee«, ächzte Danner einmal mehr.

    Aus dem Schließfach quoll uns schon wieder ein brennend
scharfer Geruch entgegen.

    Das Fach war gefüllt mit braunen Lappen. Die Dinger waren
hart wie vertrocknetes Leder und stanken nach Katzenpisse. Ich begriff erst,
was es war, als ich daneben einen kleinen Stapel kurzer, dicker, brauner
Stangen entdeckte, deren gespaltene Enden an Tierfüße erinnerten. Das waren wirklich
Tierfüße. Schweinefüße, um genau zu sein.

    Â»Das ist das letzte Mal, dass wir für Penner arbeiten«,
entschied Danner.

    Ich hielt mir den Ärmel der Jacke vor die Nase, doch es
nutzte nichts. Ich konnte fühlen, wie mein Gesicht blasser wurde, und sah das
belustigte Glitzern in Danners Augen.

    Auf keinen Fall wollte ich mir die Blöße geben und ihm
das Ausräumen des Schließfaches als Ekelaufgabe für echte Männer überlassen. So
ein Typ Frau war ich auch nicht!

    Deshalb würgte ich die Übelkeit hinunter und zupfte mit
zwei Fingern einige getrocknete Schweineohren auf die grau melierten
Steinplatten vor dem Schließfach, die hier in der Ecke zum Schaufenster sowieso
nicht regelmäßig gereinigt wurden.

    Den kleinen Stapel Schweinebeine legte ich daneben und
fragte mich, wieso Hundebesitzer aus Prinzip getrocknete Körperteile von Tieren
einem sauber in Plastik verpackten Hundeleckerli vorzogen.

    Wirklich zum Kotzen stank eine kleine Plastiktüte, die
ich erst entdeckte, nachdem ich sämtliche Ohren und Beine herausgesammelt
hatte.

    Â»Boah!« Kaum hatte ich die Tüte geöffnet, prallte ich entsetzt
zurück. »Was zum Teufel ist das jetzt?«

    Danner warf einen Blick hinein. »Pansen«, klärte er mich
auf. »Rindermagen. Vor drei Wochen ist der mal frisch gewesen. Direkt vom
Metzger ist das eine Delikatesse für Molles kleinen Feinschmecker.«

    Â»Tatsächlich?« Ich wagte nicht, die Tüte noch mal zu öffnen.
»Sollen wir Molle das mitnehmen?«

    Â»Bist du irre? Das Zeug kommt mir nicht ins Auto!«

    Ich grinste und stellte die Tüte neben die Schweinebeine
auf den Boden. Dann wagte ich noch einen Blick in die dunkle Öffnung des
Schließfaches. Auf den zerbröselten Resten getrockneter Schweineohren bemerkte
ich noch eine Tube, die einer Senfverpackung ähnelte. Und einen eckigen, schwarzen
Gegenstand.

    Ich überlegte, um welches Teil eines Tieres es sich dabei
handeln könnte, aber mir fiel nichts ein. Vorsichtig streckte ich einen Finger
aus und tippte das Ding an.

    Es war fest, glatt und die Oberfläche trotzdem samtweich.

    Ich zuckte zurück, weil ich ziemlich sicher war, dass es
sich um einen weiteren Ekelerreger handeln musste. Lieber fingerte ich erst mal
die weniger verdächtige Tube hervor. Wilkinson-Salbe.

    Das hatte ich doch schon mal gehört?!

    Â»Was war das noch mal?« Ich nutzte die Gelegenheit, mit
der Tube in der Hand einen Schritt zur Seite zu machen, um dem Gestank zu
entkommen. »Hatte Doktor Schmidtmeyer nicht davon gesprochen?«

    Â»Das Krätzemittel.« Nun spähte Danner in das Schließfach.
»Leider behandelt Frau Doktor ja nicht auf Krankenkassenkarte,

Weitere Kostenlose Bücher