Fliege machen

Frau Caspari Ihre Unterstützung gar
nicht?«, patzte ich dann zurück.

    Wag es noch einmal, mir zu drohen, und ich brech dir deine
Nase, du Fahrradfahrer!

    Â»Ist es Ihnen lieber, wenn Herr Borze-Filzhut nicht beim
Verhör dabei ist, Frau Caspari?«, stellte sich Staschek auf meine Seite. »Sie
können selbst entscheiden, ob Sie ohne seine Anwesenheit aussagen möchten.«

    Engels Blick huschte zwischen dem Sozialarbeiter und mir
hin und her.

    Was ging da ab zwischen den beiden?

    Â»Sie können frei entscheiden«, beharrte Staschek. »Möchten
Sie, dass Herr Borze-Filzhut den Raum verlässt?«

    Engel nickte kaum merklich.

    Â»Du brauchst meine Hilfe nicht, denkst du? Dann sieh mal
zu, wie du aus der Scheiße allein wieder rauskommst.«

    Engel starrte auf ihre Ärmel.

    Â»Und Sie werden noch an mich denken, Frau
Simanowski-Ziegler! Das ist ein Versprechen!«

    Mit einem dumpfen Knall rumste die schalldichte Tür hinter
dem Sozialarbeiter zu.

    Verpiss dich bloß, du Froschfreund!

    Danner setzte sich auf den frei gewordenen Stuhl neben
Engel. »Erste Ergebnisse der Gerichtsmedizin gibt es also schon. Habt ihr sonst
noch was?«, erkundigte er sich bei Staschek.

    Â»Wir haben alle Hilfsorganisationen gecheckt«, berichtete
der Kommissar. »Von der Tafel bis zu
den Notunterkünften. Viele Mitarbeiter kannten Fliege vom Sehen, aber er selbst
hat nie Hilfe in Anspruch genommen.«

    Wir alle sahen Engel an.

    Â»Dicke und mich hat er öfter in die Suppenküche geschickt. Aber er selber hat da nie gegessen.«

    Außer das eine Mal, als er Frau Doktor Schmidtmeyer zum
Essen ausgeführt hatte.

    Â»Er hat in seinem Leben noch keinem auf der Tasche gelegen,
hat er immer behauptet.«

    Â 

38.

    Â»Was ist mit Borze-Filzhut los?«, regte
ich mich im Auto auf. »Ist es nicht sein Job, Engel zu helfen?«

    Â»Sehen wir erst mal, ob unser Engelchen sich überhaupt
leisten kann, dass du dir diese Fragen stellst«, bremste mich Danner.

    Ich warf ihm einen Blick zu. Würde er die Ermittlungen
sofort abbrechen, wenn das geheimnisvolle Schließfach leer war?

    Würde er. Ohne mit der Wimper zu zucken.

    Â»Immerhin war sie clever genug, die Sache mit dem
Schließfach nicht den Bullen zu stecken.« Danner parkte die Schrottschüssel
quer vor dem Bauzaun des Rohbaus, der auch bei Tageslicht wie eine Ruine
wirkte. »Denn selbst wenn Fliege ein paar Kröten gebunkert hat, würde Vater
Staat die gleich für seine Beerdigungskosten einkassieren.«

    In unsere Ermittlungen wäre das Geld natürlich besser investiert,
fand ich auch.

    Die Hände in den Taschen musterte Danner den stabilen
Metallzaun, als wir vor dem Vorhängeschloss am Tor standen.

    Ich griff nach dem Schloss. Die Mädchen hatten es ja ganz
einfach geöffnet. Tatsächlich klappte der Bügel zur Seite, es war gar nicht
abgeschlossen.

    Weil Danner nicht der Typ Mann war, der Frauen Türen
aufhielt, griff ich selbst in das Gitter. Außerdem war ich der Typ Frau, der
Türen selbst öffnen konnte.

    Die Kälte der dünnen Metallstangen schnitt schmerzhaft in
meine Finger. Ich verkniff mir ein Ächzen, als ich das Zaunelement einen Spalt
breit zur Seite hob. Bei der Dicken hatte das ganz einfach ausgesehen.

    Danner schob sich durch den Spalt und ich beschloss, das
Tor offen zu lassen.

    Â 
    Â»O nee«, stöhnte Danner, als uns gleich darauf die
Mischung aus nassem Hundefell, Eintopf und Dosenfutter entgegenduftete.

    Flieges Schlafplatz war unverändert. Alles war genau, wie
Engel und ich es hinterlassen hatten – nur dass aus der angebrochenen Dose
Linseneintopf mittlerweile weißlicher Schimmel quoll.

    Danner starrte hinunter auf die geöffnete Hundefutterdose
vor seinen Füßen. Sie schimmelte grünlich.

    Â»Dein Fall«, erklärte er entschieden. »Ich suche mir
immer Klienten aus, die sich ’ne Dusche leisten können.«

    Er schob die Dose mit dem Fuß zu mir herüber.

    Â»Reich wirst du nie, wenn du so wählerisch bist«,
scherzte ich, obwohl sich auch mein Magen über den Anblick beschwerte.

    Mit spitzen Fingern kippte ich die Dose um und schüttelte
den Inhalt auf den Sportteil der alten Zeitung auf dem Boden. Sofort wurde der
beißende Gammelgestank unerträglich.

    Â»Och, nee.« Danner wandte sich ab.

    Ich stocherte mit dem verkrusteten Löffel, der in der