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Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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einer schwarzen
Bluse. Im gar nicht winterlichen Ausschnitt hob ein Push-up ihr Dekolleté
direkt unter Danners Nase. Ich fühlte mich mitten in eine der schlechteren
Folgen der Desperate Housewives gebeamt .

    Der Kontrast der schwarzen Kleidung zu ihren blonden
Haaren und ihrer hellen Haut ließ sie auffällig blass wirken. Ihre blauen Augen
blieben sofort an Danner hängen: »Ja, bitte?«

    Â»Frau – ähm …« Danner tat so, als würde er erst jetzt auf
das Türschild sehen. »Frau Thurna?«

    Â»Ja?« Wohl weil Danner ihr dekoratives Dekolleté ignorierte,
straffte sie die Haltung und präsentierte ihren Ausschnitt noch ein wenig
aufdringlicher.

    Beinahe hätte ich genervt gestöhnt. Und erst eine Sekunde
später wurde mir klar, warum: Die Frau erinnerte mich an meine Mutter!

    Â»Privatdetektei Danner, das ist meine Kollegin Lila Ziegler«,
stellte Danner uns vor. »Wir würden Ihnen gern ein paar kurze Fragen stellen,
wenn es Ihnen recht ist.«

    Â»Nein, es ist mir nicht recht.« Susanne Thurna schob die
Unterlippe vor. Ein Schmollmund entstand, der die etwa Vierzigjährige
mädchenhaft wirken ließ.

    Da war sie schon wieder, meine Mutter. Nicht, dass Susanne
Thurna meiner Mutter besonders ähnlich sah. Meine Mutter war älter, dünner,
kränker. Es waren diese winzigen Gesten, mit denen Susi jede männliche
Aufmerksamkeit auf sich lenkte, die mir so vertraut waren.

    Â»Wir sind auf der Suche nach einem Vermissten«, fuhr
Danner fort, als hätte er die Ablehnung nicht gehört. »Vielleicht können Sie
uns helfen. Es wird nicht lange dauern.«

    Â»Hören Sie, ich habe andere Dinge …«

    Danner strich sich mit der Linken die Mütze von der Glatze
und warf endlich einen beiläufigen Blick auf ihren Busen.

    Der flirtete, der Dreckskerl!

    Und tatsächlich verbesserte seine Aufmerksamkeit Susis
Auskunftsbereitschaft prompt: »Na schön, kommen Sie kurz rein.«

    Immer wieder verblüffend, wie solche Tussen auf Danners
Schmuddelcharme hereinfielen.

    Susi führte uns durch einen geräumigen Flur in eine weitläufige
Wohnküche, deren Küchenbereich mit frei stehendem Herdblock durch ein offenes
Fachwerk vom Essbereich getrennt war. Nobel.

    Mein Blick streifte ein Foto im Fachwerk: Susi im Kleidchen,
Arm in Arm mit einem großen, dunkel gelockten Mann. Davor drei Jungen mit
blonden Strubbelköpfen, wie die Orgelpfeifen der Größe nach geordnet.

    Zwei der Orgelpfeifen saßen gerade an einem überdimensional
großen Massivholzesstisch. Der kleinere Junge – er war etwa zehn – erhob sich
und schlurfte wortlos mit seinem Gameboy in der Hand hinaus. Der größere war
deutlich älter. Fünfzehn, sechzehn vielleicht. Er blieb demonstrativ sitzen.

    Â»Timo, bitte. Die Herrschaften haben ein paar Fragen an
mich, lass uns einen Moment allein.«

    Der Junge verschränkte die kräftigen Unterarme vor der
Brust: »Sind Sie von der Polizei, oder was?«

    Oha. Wie kam er denn darauf?

    Witterte der Ärger?

    Unwillkürlich sah ich an Danner und mir herunter. Danner trug
wie gewöhnlich Joggingjacke zu dunklen Jeans und Stiefeln. Ich hatte noch immer
seinen Parka an, Turnschuhe und die Kurzhaarfrisur. Beide erinnerten wir eher
an Rechtsradikale als an Polizisten, fand ich.

    Â»Privatdetektive«, klärte Danner den Jungen ehrlich auf.

    Timos Stirn kräuselte sich über seiner mit Sommersprossen
übersäten Stupsnase. Mit einer energischen Kopfbewegung schleuderte er seine
ohrlangen Haare zurück.

    Â»Dann müssen wir nicht mit Ihnen reden!«, fuhr er uns
feindselig an. »Lassen Sie uns in Ruhe!«

    Â»Timo!«, wies Susi ihren Sohn zurecht.

    Doch der Teenager dachte nicht daran, höflicher zu werden.
Angriffslustig sprang er auf. Er war klein, kleiner als Danner, aber beinahe
genauso kräftig. »Meine Mutter hat keine Zeit. Sie wollte gerade zur Arbeit.«
Die kurzen, muskulösen Unterarme, die aus dem dunklen T-Shirt des Jugendlichen
ragten, wollten nicht so recht zu seinem Kindergesicht passen.

    Danner und Timo standen sich einen Augenblick lang gegenüber.
Timos blaue Augen sprühten Funken vor Zorn, Danners graue blieben unbewegt.

    Â»Entschuldigen Sie meinen Sohn«, mischte sich Susi wieder
ein. »Geh jetzt bitte endlich in dein Zimmer, Timo!«

    Timo rührte sich nicht.

    Â»Schon gut«, winkte

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