Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
Vom Netzwerk:
er gewählt.

    Â»Detektei Danner, guten Abend. Mit wem spreche ich?« –
»Ist Ihr Mann zu Hause?« – »Danke.«

    Gespannt hing mein Blick an Danners Gesicht.

    Â»Guten Abend, Herr Borze-Filzhut, Danner hier, entschuldigen
Sie die Störung. Es geht um unsere Klientin Nina Caspari. Ich hörte von
Kommissar Staschek, sie wurde heute Nachmittag entlassen!?« – »Ach so, dann ist
ja gut. Danke für die Auskunft, Sie verstehen sicher, dass wir wegen ihres
Zustandes ein wenig besorgt waren.« – »Danke, Ihnen auch.«

    Er legte auf.

    Â»Nun sag schon!«, drängelte ich sofort.

    Â»Sie ist da.« Danner zuckte verblüfft die Schultern. »Sie
schläft schon, sagt seine Frau.«

    Â»Was?«

    Â»Sie ist tatsächlich bei Borze-Filzhut. Und bei seiner
Frau, einer Kinder- und Jugendpsychologin. In deren Praxis gibt es eine
Einliegerwohnung und sie haben Engel übergangsweise bei sich aufgenommen.«

    Ich kratzte mich in den kurzen Haaren. »Seine Frau ist
dabei gewesen?«

    Â»Ich hatte sie als Erste am Telefon«, bestätigte Danner.

    Ein Sozialarbeiter und eine Psychologin, die sich zusammen
an einem hochschwangeren Teenie vergriffen, das klang etwas weit hergeholt.
Außerdem hätte der Krötenretter doch kaum zugegeben, Engel bei sich zu haben,
wenn er ihr an die Wäsche wollte. Es war immerhin möglich, dass Borze-Filzhut
einfach ein netter Mensch war und Engel helfen wollte.

    Â»Trotzdem mag ich den Vogel nicht«, bockte ich. Doch ich
musste zugeben, dass meine Antipathie möglicherweise nur auf meiner eigenen
Abneigung gegen berührungsfreudige Männer beruhte. »Der soll seine Finger von
Engel lassen.«

    Â»Das sollte sie ihm selbst sagen können«, fand Danner.

    Â»Ist doch komisch, dass sie jetzt doch mit ihm mitgegangen
ist, oder nicht? Der hat sie überredet, der hat irgendein Interesse an ihr.
Vielleicht verschweigt uns Engel da irgendwas.«

    Â»Na klar«, grinste Danner spöttisch. »Der Sozialarbeiter
ist in Wahrheit der Papa von Engels Kind. Den Penner hat sie nur vorgeschoben,
um nicht zu asozial zu wirken.«

    Â»Weiß man’s?«

    Danner runzelte die Stirn: »Na schön. Wir fragen morgen
nach. Jetzt lassen wir Engel erst mal ausschlafen.«

    Â 

44.

    Bärbel
Borze-Filzhut, Dipl.-Psych. – Praxis für Kinder- und Jugendpsychotherapie, las ich neben dem unteren Klingelknopf. Neben einer zweiten Klingel darüber
stand: Bärbel Borze-Filzhut und Hagen
Borze-Filzhut. Praxis und Wohnung befanden sich im selben Gebäude.

    Ich überlegte, was der Grund für diesen überkorrekt ausformulierten
Hinweis auf die beiden Wohnungsinhaber sein konnte. Ein psychologischer in
jedem Fall. Wahrscheinlich wollten beide als eigenständige Individuen
wahrgenommen werden. Keiner sollte als ›der Mann von der Psychotante‹ oder ›die
Frau vom Plattenpapa‹ hinter dem anderen verschwinden.

    Mein Blick wanderte zu Danner. Der hatte bereits den unteren
Klingelknopf gedrückt.

    Lächerlich! Ich hatte nicht einmal eine HDL-Beziehung und
dachte darüber nach, ob ich durch eine Hochzeit meine Identität verlieren
würde?

    Danner klingelte noch einmal.

    Die Borze-Filzhuts lebten in einer Art umgebauten, kleinen
Fabrik im Stadtteil Stiepel. Sehr modern. Und mit Sicherheit teuer. Der aus
rotem Ziegel gemauerte Bau war lang, kastig, hatte große Glasfenster und eine
Dachterrasse. An der linken Seite des Gebäudes ragte ein gut zehn Meter hoher
Schornstein in den Himmel.

    Danner drückte die obere Klingel.

    Beinahe im gleichen Moment ging die Tür auf.

    Â»Ah, dachte ich doch, dass ich die Praxisklingel gehört
habe«, summte eine melodische Frauenstimme. Ich erkannte auf den ersten Blick,
dass sie die Frau des Krötenretters war. In einem bodenlangen gelben
Wickelkleid stand sie vor uns wie ein verlorenes Kind, dem der Sternenstaub
ausgegangen war, bevor es in Peter Pans Nimmerland zurückkehren konnte.

    Sie war nicht jünger als ihr Mann, bestimmt über vierzig.
Doch ihre Stimme klingelte glockenhell, ihre brünetten Haare fielen in weichen
Wellen über ihre Schultern. Frauen, die weniger in sich selbst ruhten, hätten
die dicken, grauen Strähnen längst weggetönt. Doch Bärbel Borze-Filzhut gehörte
zu der Sorte von selbstbewussten Doppelnamenträgerinnen, die auf Haartönungen,
Make-up und

Weitere Kostenlose Bücher